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Vom Fan zum Trainings- und Bootspartner. Timo Haseleu (r.) schaute als Jungspund zu seinem Idol Ronald Rauhe auf. Jetzt treibt er den Olympiasieger täglich bei den Übungseinheiten an und paddelt im Takt seines Vorbilds zu ersten gemeinsamen Erfolgen.

© Ute Freise

13. Potsdamer Kanalsprint: Wenn das Idol zum Mentor wird

Potsdams Kanu-Ikone Ronald Rauhe und der aufstrebende Paddel-Youngster Timo Haseleu haben eine besondere gemeinsame Geschichte. Haseleu wandelt auf den Spuren Rauhes. Beide starten auch bei der 13. Auflage des Kanalsprints in der Yorckstraße.

Von Tobias Gutsche

Potsdam - Ein Foto kann eine Geschichte erzählen. Es hat die Fähigkeit, aufzuzeigen, wie sich Dinge über die Zeit ändern – oder eben auch nicht. Das Bild, das der Kanute Ronald Rauhe unlängst auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte, ist ein perfektes Beispiel dafür. Es zeigt ihn vor zehn Jahren zusammen mit einem Jungspund: Timo Haseleu heißt er und hatte sein großes Vorbild nach einem Autogramm gefragt. Rauhe gab dies gern und posierte dazu noch für das Erinnerungsbild. Er hat den Arm um die Schulter des Jungen gelegt, beide grinsen in die Kamera.

Heute, eine Dekade später, stehen sich die beiden so nahe wie auf dem Foto von einst. Denn mittlerweile bilden der 35-jährige Rauhe, der damals schon eine Kanu-Ikone von Weltklasse-Format war und das immer noch unvermindert ist, sowie der erwachsen gewordene, nun 23 Jahre alte Haseleu ein erfolgreiches Gespann beim Kanu Club Potsdam. „Timo ist jetzt mein wichtigster Trainingskollege. Er treibt mich an, fordert mich im Training heraus. Vom Fan zum Partner – eine irre Story. So etwas schreibt nur der Sport“, sagt Olympiasieger Rauhe. Haseleu nennt es seinerseits ein „traumhaftes Privileg, das Idol als Mentor zu haben“.

Mehr als nur die Anekdote vom Autogramm und Foto

Am kommenden Sonntagnachmittag treten Schüler und Meister beim Potsdamer Kanalsprint an. „Zum zweiten Mal werde ich dort mitmachen. Vergangenes Jahr war ich schon dabei. Ich freue mich auf das großartige Flair an der Strecke. Es ist außergewöhnlich“, sagt Timo Haseleu, dessen Verbindung zu Routinier Ronald Rauhe ebenfalls als außergewöhnlich bezeichnet werden kann, weil da noch weit mehr ist als nur diese Anekdote vom Autogramm und Foto.

Timo Haseleu wandelt auf den Spuren von Ronald Rauhe. Sie spielten beide Kanupolo beim KC Nord-West Berlin in Tegel – aufgrund des Altersunterschieds natürlich nicht miteinander. Haseleu besuchte zudem die Spandauer Heinrich-Böll-Oberschule, die wegen Rauhe, ihres wohl prominentesten Absolventen, ein sportbetontes Profil erhielt. Haseleu wurde dort in die spezielle Kanuklasse aufgenommen und bekam als Lehrer einen gewissen Lutz Rauhe – Vater von Ronald. Dieser erkannte großes Talent in dem jungen Paddler und riet, sich – wie es „Ronny“ auch getan hatte – auf den Kanu-Rennsport zu fokussieren.

Rauhe staunt: „Timo hat sich hier rasend entwickelt“

Timo Haseleu machte das. Er schaffte später den Sprung in die nationale Nachwuchsspitze, holte Silber bei der Junioren-Europameisterschaft 2012. Und dann wollte er seiner Karriere einen neuen Kick versetzen, weshalb Haseleu entschied, 2014 an den Bundesstützpunkt Potsdam zu wechseln, wo Ronald Rauhe seinen Aufstieg in den Sportolymp geschafft hatte. „Es ist nicht so, dass ich zwanghaft irgendwas nachahmen möchte“, erzählt Haseleu. „Diesen Weg zu gehen, erschien mir einfach als das Beste.“

Seine damit verknüpften Hoffnungen wurden nicht enttäuscht, es ging beachtlich voran mit ihm. „Timo hat sich hier rasend entwickelt“, meint auch Ronald Rauhe. Beide werden vom leitenden Bundestrainer Arndt Hanisch gecoacht, wobei Haseleu zusätzliche Betreuung durch Rauhe genießt. „Er nimmt sich unheimlich viel Zeit für mich und gibt mir Tipps über Tipps“, sagt der Youngster, der die Hinweise „wie ein Schwamm aufsaugt und sofort umsetzt“, zeigt sich das Paddelurgestein beeindruckt. Rauhe sei für ihn „ein sportlichen Ziehvater“, sagt Haseleu und ist sich sicher: „Ohne Ronny wäre ich nicht so weit gekommen.“

Bei der diesjährigen EM und WM sogar in einem Boot

Aktuell bedeutet das den Sprung in die A-Nationalmannschaft. Erstmalig nahm Timo Haseleu dieses Jahr an den internationalen Elite-Championaten teil – und saß dabei nicht nur alleine im Boot, sondern auch zusammen mit Rauhe. Jeweils war Haseleu für jemanden eingesprungen, der gesundheitlich angeschlagen war. Er fügte sich sehr gut ein. Zunächst wurden die beiden bei der Europameisterschaft Fünfte mit dem deutschen Kajak-Vierer über 500 Meter. Auf der Weltmeisterschaft Ende August holte Rauhe dann im Quartett seinen 14. WM-Titel und fuhr im Sprint-Zweier mit Haseleu auf den sechsten Rang, nicht viel fehlte zu Bronze. Deutschlands Kanu-Wettstreit in der vorigen Woche schlossen sie dann noch mit zwei gemeinsamen Goldmedaillen ab, zudem landeten sie beim Einer über 200 Meter auf Platz eins und zwei – Haudegen Rauhe hatte die Nase vorn.

Nach all diesen tollen Erlebnissen verspüre Timo Haseleu bereits jetzt „riesige Vorfreude auf die nächste Saison“. Er wolle weiter angreifen, um sich perspektivisch für einen Platz im Kajak-Vierer auf der dafür neu-olympischen 500-Meter-Distanz zu empfehlen. Sollte er es tatsächlich ins Flaggschiff schaffen, wird Ronald Rauhe seiner Meinung nach gewiss mit an Bord sein: „Dieser Typ ist ein Phänomen. Wenn er gesund bleibt, wird er bis Olympia 2020 der schnellste deutsche Sprinter sein.“ Davon möchte auch Timo Haseleu profitieren. Um seine eigene Entwicklung zu forcieren, hängt er sich weiterhin in den starken Sog von Ronald Rauhe, folgt dessen Spuren durch das Wasser.

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