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Diese Attika-Figuren standen einst auf dem Potsdamer Stadtschloss, seit 1966 zieren sie die Berliner Humboldt-Universität. Ob sie wieder zurückkommen, ist fraglich.

© Maurizio Gambarini/dpa

Zwist um Attika-Figuren: Stillstand im Skulpturenstreit

Wann und ob die Attika-Figuren von der Berliner Humboldt-Uni nach Potsdam zurückkehren, ist offen. Die Stadt Potsdam hat es nicht eilig.

Von Peer Straube

Potsdam - Seit fast 50 Jahren zieren sie das Dach der Berliner Humboldt-Universität: acht Sandstein-Skulpturen, die einst das Potsdamer Stadtschloss krönten. Nach dessen Sprengung waren sie 1966 als Dauerleihgabe auf die Attika der Universität gekommen. Über die Frage, ob sie dort bleiben oder nach Potsdam zurückkehren sollen, gibt es seit Langem Streit. Vor mehr als zwei Jahren hatten die Stadtverordneten Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) beauftragt, mit den Verantwortlichen über eine Rückkehr der Figuren zu verhandeln. Getan hat sich seitdem allerdings wenig.

Das letzte Gespräch zwischen der Stadt Potsdam, dem Berliner Landesdenkmalamt und der Schlösserstiftung, der die Figuren gehören, fand Anfang Mai 2014 statt. Weitere Gespräche seien derzeit nicht vorgesehen und nach Ansicht des Berliner Landesdenkmalamtes auch nicht nötig, sagte Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, auf PNN-Anfrage. Für die Behörde seien die Figuren nach wie vor ein Teil des eingetragenen Denkmals Humboldt-Universität, so Rohland. Sie räumte allerdings ein, dass es in der Denkmalerklärung keinen schriftlichen Beleg gebe, der sich explizit auf die Potsdamer Skulpturen bezieht. Ein Denkmal bekomme aber im Laufe der Zeit viele Schichten, im Falle der Humboldt-Uni seien die Figuren aus Potsdam eine davon. Als Zeugnis der Nachkriegsgeschichte der Universität stünden sie aus Sicht des Berliner Landesdenkmalamtes ebenso unter Schutz wie der Rest des Ensembles in der Straße Unter den Linden – eine Einschätzung, die von der Schlösserstiftung geteilt wird.

Potsdams Stadtkonservator bestreitet, dass die Figuren Teil des Berliner Denkmals sind

Potsdams Denkmalbehörde hat allerdings eine ganz andere Auffassung. Ihr Chef, Stadtkonservator Andreas Kalesse, hatte bereits im Oktober 2013 ein eigenes Gutachten über die Zugehörigkeit der Figuren verfasst. Die Aufstellung der Figuren auf der Humboldt-Universität sei seinerzeit eine Verlegenheitslösung gewesen, schreibt Kalesse. Die DDR habe den im Krieg verlorengegangenen Skulpturenschmuck der Uni ursprünglich mit neuen Figuren ersetzen wollen. Mehrere Versuche scheiterten jedoch, weil die Entwürfe der Künstler nicht zu überzeugen vermochten. Auch der Vorschlag, die Figuren des Potsdamer Schlosses auf das Uni-Dach zu setzen, sei zunächst abgelehnt worden, weil sie für das Gebäude zu klein wirkten. Die Skulpturen hätten daher „nicht den geringsten Bezug zur Architektur“ und wirkten zudem „völlig disproportioniert zu dem massigen Palais“, argumentiert Kalesse und geht mit den Berliner Kollegen hart ins Gericht: Sich der Skulpturen anderer Gebäude zu bedienen, „die weder den gestalterischen noch den formalen Rahmen erfüllen, nur um einfach Figuren obendrauf zu haben, hat mit ernsthafter Denkmalpflege in keiner Weise etwas zu tun“, schreibt er in seiner Expertise. Sein Fazit: Die Figuren gehören zwingend auf das Potsdamer Landtagsschloss. Zwar handele es sich dabei um Erinnerungsarchitektur, doch hätten beim Bau des Parlaments bereits viele Originalteile des Schlosses Verwendung gefunden, um an die „gestalterische Kraft“ des Vorgängerbaus und an dessen Zerstörung zu erinnern. Die Originalskulpturen aus Berlin würden diesen „Zeugniswert weiter vervollständigen“.

Die Schlösserstiftung zeigt sich unbeeindruckt von Kalesses Schlussfolgerungen. Mit den gleichen Argumenten könne man auch für einen Verbleib der Figuren in Berlin plädieren, sagte Stiftungssprecher Frank Kallensee den PNN. Die Verwendung der Potsdamer Skulpturen könne man durchaus ebenfalls als Erinnerungsarchitektur werten.

Jann Jakobs sagt, die Stadt habe in der Frage "keinen Druck"

Die Stadtverordneten hatte Kalesse allerdings mit seiner Expertise überzeugt: Ende 2013 erteilten sie Jakobs das Mandat, beim Landesdenkmalamt und der Stiftung auf eine Rückkehr der Figuren zu drängen. Allzu eilig hatte es der Rathauschef damit offenbar nicht. Nach dem bislang letzten Gespräch im Mai 2014 hatte Jakobs für 2015 im Rahmen der Stadtforum-Reihe eine öffentliche Diskussionsveranstaltung zur Zukunft der Figuren angekündigt. Stattgefunden hat sie allerdings nicht. Es habe im vergangenen Jahr „wichtigere Themen“ gegeben, sagte Jakobs zur Begründung. Die Debatte solle nun „Ende 2016, Anfang 2017 stattfinden“. Das öffentliche Meinungsbild sei wichtig – auf dieser Basis wolle man eine Position erarbeiten, so Jakobs. Allerdings habe die Stadt in dieser Frage „keinen Druck“. Eine Entscheidung werde daher „frühestens 2017“ fallen.

In den Reihen jener Berliner, die eine Rückkehr der Figuren nach Potsdam unterstützen, zeigt man wenig Verständnis für die Zurückhaltung im Potsdamer Rathaus. „Wenn man etwas wiederhaben will, muss man sich auch ständig darum bemühen“, sagte Uwe Lehmann-Brauns, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus auf Anfrage. Lehmann-Brauns hatte sich bereits vor zwei Jahren öffentlich für eine Rückgabe der Skulpturen ausgesprochen. Er könne der Stadt nur empfehlen, „ein bisschen Laut zu geben“. Stiftung und Berliner Landesdenkmalamt zeigen sich zumindest gesprächsbereit. Einen Beschluss im Abgeordnetenhaus über die Rückgabe der Figuren will Lehmann- Brauns jedenfalls nicht herbeiführen. Die Initiative für eine Rückkehr der Figuren müsse schon von Potsdam ausgehen.

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Wenn man die Skulpturen zurückhaben will, sollte man das den zuständigen Stellen – dem Berliner Landesdenkmalamt und der Schlösserstiftung – doch öfter in Erinnerung bringen, als der Oberbürgermeister das derzeit tut. Ein Kommentar >>

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