zum Hauptinhalt
Eingang zur neuen Notfallpraxis am städtischen Bergmann-Klinikum.

© Andreas Klaer

Zur Entlastung der Notaufnahme: Notfallpraxis am Bergmann-Klinikum eröffnet

Weniger Wartezeit für Patienten, mehr Luft für echte Notfälle in der Notaufnahme: Das Bergmann-Klinikum startet mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KVBB) eine ambulante Notfallpraxis.

Potsdam - Das städtische Bergmann-Klinikum hat seine Notfallversorgung neu aufgestellt: Mit einer am Freitag gestarteten ambulanten Notfallpraxis soll die Zentrale Notaufnahme entlastet werden. Gleichzeitig sollen Patienten mit akuten, aber nicht lebensbedrohlichen Beschwerden schneller als bisher ärztliche Hilfe bekommen. 

Für Patient:innen, die sich selbst zum Klinikum bewegen können – also nicht mit dem Rettungswagen kommen –, ist die Notfallpraxis künftig erste Anlaufstelle, erklärte Hans-Ulrich Schmidt beim Start am Freitag vor der Presse. Bei einem Schnellcheck bei der Anmeldung wird abgeklärt, ob nicht doch eine Behandlung in der benachbarten Notaufnahme erforderlich ist.

In der Notfallpraxis soll es kürzere Wartezeiten geben.
In der Notfallpraxis soll es kürzere Wartezeiten geben.

© Andreas Klaer

Die neue Praxis linkerhand der Notaufnahme in der Charlottenstraße 72 ist gut sichtbar als solche beschildert, Bodenmarkierungen leiten zudem zu einem barrierefreien Eingang. Es handelt sich um ein seit 2019 entwickeltes Gemeinschaftsprojekt des Klinikums, der Bergmann-Poliklinik und der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB). Die neue Praxis wird wochentags als Hausarztpraxis von einer Ärztin und einem Arzt sowie Medizinisch-Technischen Assistent:innen (MTA) betrieben, die bei der Poliklinik angestellt sind. 

Ab Freitagnachmittag sowie an Wochenenden und Feiertagen wird sie als Bereitschaftspraxis über die KVBB durch niedergelassene Vertragsärzte aus Potsdam und Umgebung besetzt, sagte KVBB-Vorstand Dipl-Med. Andreas Schwark. Es ist neben der KVBB-Bereitschaftspraxis am Alexianer St. Josefs-Krankenhaus die zweite derartige Anlaufstelle in Potsdam und die 19. im Land Brandenburg. Mit dem System habe man gute Erfahrungen gemacht, für die Dienste fänden sich „im Regelfall“ freiwillig Kolleg:innen, sagte Schwark.

Situation in der Notaufnahme für alle Beteiligten entzerren

Von dem neuen Angebot erhofft man sich am Bergmann eine deutliche Entlastung der Zentralen Notaufnahme. Wie berichtet landen dort derzeit viele sogenannte Bagatellfälle. Für etwa jeden vierten der täglich zwischen 110 bis 120 Patient:innen wäre eine ambulante Behandlung ausreichend, schätzt Chefarzt Dr. med. Michael Oppert. Insbesondere an den Wochenenden besuchten viele Menschen die Notaufnahme, „die eigentlich da nicht hingehören“.

Dr. med. Michael Oppert, der Chefarzt und Leiter der Zentralen Notaufnahme.
Dr. med. Michael Oppert, der Chefarzt und Leiter der Zentralen Notaufnahme.

© Andreas Klaer

Das führe zu Frust auf allen Seiten: Weil lebensbedrohliche Notfälle zuerst behandelt werden, warten die übrigen Patienten nicht selten mehrere Stunden, bevor sie einen Arzt oder eine Ärztin sehen können. Das belaste auch die Mitarbeitenden, die die Wartenden wegen dringenderer Fälle vertrösten müssen. „Diesen Knoten lösen wir auf“, sagte Oppert: „Das Personal hat wieder Luft und Zeit für die Notfälle.“

Bei Bedarf gelangen die Patienten schnell zur benachbarten Notaufnahme 

Um sicherzugehen, dass die Patient:innen in der Notfallpraxis nicht doch ein Fall für die Notaufnahme sind, sei ein spezieller Fragebogen – eine sogenannte Kurztriageliste – entwickelt worden, erklärte Dr. med. Evangelos Tsekos, der Geschäftsführer der Poliklinik. 

Damit könne die MTA bei der Anmeldung die Entscheidung zur möglichen Weiterleitung an die Notaufnahme fällen – und zwar „innerhalb von 60 Sekunden“, sagte er. Notfallpraxis und Notaufnahme sind über einen Flur verbunden. Zudem haben die in der Praxis angestellten Poliklinik-Ärzte eine Ausbildung in der Notaufnahme durchlaufen, sagte Oppert.

Blick in einen der Behandlungsräume.
Blick in einen der Behandlungsräume.

© Andreas Klaer

Die Öffnungszeiten der Praxis werden bis Mitte Oktober schrittweise nach oben gefahren: Dann soll sie montags bis donnerstags von 8 bis 18 Uhr sowie freitags bis sonntags von 8 bis 20 Uhr geöffnet sein. Die KVBB-Bereitschaftspraxis am St. Josefs-Krankenhaus hat wochentags außerdem bis 22 Uhr geöffnet.

Chefarzt Oppert rechnet trotz der fehlenden Nachtöffnungszeiten mit einer spürbaren Entzerrung auf der Notaufnahme: Denn bislang baue sich dort tagsüber mitunter eine regelrechte „Bugwelle“ an Patient:innen mit nicht lebensbedrohlichen Beschwerden auf, „die wir mit in die Nacht reinnehmen“, berichtete er. Diese würden nun schnell in der Notfallpraxis Hilfe bekommen und ihre Beschwerden abklären können.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Potsdam und Brandenburg live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die sie hier für Apple und  Android-Geräte herunterladen können.]

Bergmann-Geschäftsführer Schmidt verbindet mit der ambulanten Notfallversorgung auch die Hoffnung, dass das städtische Klinikum seine Notaufnahme weniger oft für Rettungswagen „abmelden“ muss. Das passiert immer dann, wenn die Station über die Kapazitätsgrenzen hinaus belastet ist. Zwar kann die Notaufnahme bei lebensbedrohlichen Notfällen auch dann noch angefahren werden, erklärt Oppert, der deshalb auch ungern von „abmelden“ spricht: „Aber wir hissen die weiße Fahne“, sagt er.

Bergmann-Notaufnahme derzeit rund 20 Prozent der Zeit "abgemeldet"

Derzeit müsse die Bergmann-Notaufnahme im Durchschnitt für rund 20 Prozent der Zeit „abgemeldet“ werden – das entspricht fast fünf Stunden pro Tag. Das sei zwar im Bundesvergleich nicht ungewöhnlich, sagt Oppert. Die anhaltend hohe Arbeitsbelastung sei aber nicht zuletzt auch ein Problem bei der Gewinnung und Pflege von pflegerischen und medizinischen Fachkräften. „Wir brauchen immer Personal“, sagt er.

Akute Beschwerden, aber der Hausarzt hat nicht geöffnet? Christian Wehry, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg , rät generell zur KVBB-Hotline 116117: Geschultes Personal könne dort abwägen, ob ein Fall für den Rettungsdienst vorliegt, der Gang zur Bereitschaftspraxis nötig ist oder ein späterer Arztbesuch reicht. Für immobile Patienten werde gegebenenfalls ein Hausbesuch organisiert. Für Kinder gibt es einen kinderärztlichen Bereitschaftsdienst, die diensthabende Praxis findet sich unter diesem Link auf kvbb.de.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false