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Am Einstein-Gymnasium muss eine neue Klasse eröffnet werden.

© Sebastian Gabsch

Zu wenig Plätze: Potsdam fehlt ein weiteres Gymnasium

Mit Maximalbelegungen muss die Stadt dringend benötigte Gymnasialplätze sichern. Zudem wird mehr Transparenz im Ü7-Verfahren gefordert.

Potsdam - Trotz des baldigen Starts eines neuen Gymnasiums im Potsdamer Norden benötigt die Stadt noch weitere solcher Schulen. Der Bedarf ist inzwischen so groß, dass das Rathaus an bestehenden Gymnasien diverse Klassen auf die Maximalgröße von 30 Schülern aufblähen und dazu eine neue Klasse am Einstein-Gymnasium in der Innenstadt eröffnen muss, was so bisher nicht geplant war.

Die Hintergründe dafür haben das zuständige Schulamt und Potsdams Bildungsdezernentin Noosha Aubel (parteilos) am Dienstagabend im Bildungsausschuss erklärt. Auf den Bedarf nach Gymnasialplätzen müsse man auch in den nächsten Jahren reagieren, sagte Aubel. Dazu wolle sie im Frühherbst Vorschläge machen. „Wir können das nicht einfach laufen lassen, hier müssen wir dem Rechtsanspruch auf solche Plätze Rechnung tragen“, appellierte Aubel an die Politik. Die rot-grün-rote Rathauskooperation favorisiert bekanntlich neue Gesamtschulen statt Gymnasien.

Rund 50 Schüler wollten unbedingt auf ein Gymnasium

So waren wie berichtet im sogenannten Ü7-Verfahren für den Übergang von sechster zu siebter Klasse circa 120 von rund 1700 Schülern im Rennen um ihre Wunschschule erfolglos geblieben und wurden an andere Schulen verwiesen. Was nun im Ausschuss bekannt wurde: Etwa 50 dieser Jungen und Mädchen wollten, mit der Unterstützung ihrer Eltern, in jedem Fall auf ein Gymnasium, um dort schon nach zwölf Jahren das Abitur erwerben zu können. Das entspricht knapp zwei Schulklassen. 

Für diese Kinder, die eine Empfehlung für ein Gymnasium hatten, muss laut Dörnbrack nach den Sommerferien am Einstein-Gymnasium an der Ecke Hegelallee, Schopenhauerstraße eine weitere Klasse mit 30 Schülern eröffnet werden. Auch die vier weiteren siebten Klassen der Schule beginnen mit dieser Maximalzahl, hieß es. Zudem seien am Leibniz-Gymnasium am Stern zusätzliche Kinder untergebracht worden. Dörnbrack sagte, fast alle Gymnasien seien übernachgefragt, auch das neue im Potsdamer Norden. Gesamtschulplätze gäbe es hingegen genügend. „Die Situation wird auch nächstes Jahr nicht anders.“

Bildungsdezernentin Noosha Aubel (parteilos).
Bildungsdezernentin Noosha Aubel (parteilos).

© Andreas Klaer

Schulrat: Weitere Gymnasialplätze nötig

Aubel erinnerte daran, dass die Stadtverordneten erste Planungen für ein neues Gymnasium in Neu Fahrland im vergangenen Jahr nicht weiter verfolgt hätten. Auf PNN-Nachfrage sagte Schulrat Dörnbrack nach der Ausschusssitzung, Potsdam müsse sich Gedanken machen, wie man weitere Plätze an Gymnasien schaffen könne. Bisher ist laut Schulentwicklungsplan nur ein neues Gymnasium vorgesehen, das 2028 am Schlaatz errichtet werden soll.

Zu den 50 nun gerade noch so untergebrachten Gymnasiasten kämen auch jene Kinder hinzu, die als Wunsch ein Gymnasium oder eine Gesamtschule angegeben hatten – und auch nicht bedient werden konnten, so Dörnbrack weiter. Hier habe man Schüler vor allem an die Steuben-Gesamtschule im Kirchsteigfeld und die Kollwitz- sowie die Fontane-Oberschule zugewiesen, sagte Dörnbrack im Ausschuss. Generell ist die Lage ohnehin angespannter, weil man insgesamt mehr als 300 Schüler aus der Ukraine an Grund- und weiterführenden Schulen unterbringen muss.

Mehr Transparenz und offener Umgang mit dem Ü7-Verfahren gefordert

Mehr Transparenz im gesamten Ü7-Verfahren fordern indes drei Mitglieder im Kreiseltern- und Kreisschulbeirat, Eileen Hoffmann, Ulf Rosner und Walter Schmitt-Knauer. So müsse es genauere und nachvollziehbare Zahlen zum Anwahlverhalten geben, hieß es. Die bisher praktizierte Intransparenz sei bequem für die Verwaltungen, „erschwert uns Eltern allerdings gute Anwahlentscheidungen und verhindert eine faktenbasierte Diskussion über das passende Schulangebot in unserer Stadt.“ Stadtverwaltung und Bildungsministerium argumentieren bekanntlich, das jetzige Verfahren schütze die wenig angewählten Schulen vor einer Stigmatisierung. Das Trio sieht das anders: „Wäre es nicht sinnvoller, diese Schulen zu unterstützen, statt sie zu verstecken?“

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So wie das Ü7-Verfahren nun ausgestaltet sei, spielten die eigentlich vielfältigen, „aber leider weitgehend ungenutzten“ pädagogischen Angebote der dutzenden Schulen kaum eine Rolle, teilten die drei Eltern in einer gemeinsamen Erklärung mit. Maßgeblich für die Verteilung der Schulplätze seien vielmehr die Einheitskriterien eines möglichst guten Notendurchschnitts bei den Gymnasien oder die Entfernung zum Wohnort bei Gesamt- und Oberschulen. In Anspielung auf die Tatsache, dass für einen sicheren Schulplatz im Ü7-Verfahren vor allem die Noten in den Hauptfächern Deutsch, Mathe und Englisch zählen, erklärten die Beiratsvertreter: „Mit Notensumme sechs muss sich niemand am Humboldt-Gymnasium bewerben.“ Mit solchen Aussichten und eben wegen der knappen Plätze würden Kinder und Familien unter erheblichen Druck gesetzt.

Im Ausschuss forderte Wieland Niekisch (CDU), die am meisten nachgefragten Schulen zu veröffentlichen. Schulrat Dörnbrack hielt dagegen, auch mit Verweis auf die ablehnende Haltung des Bildungsministeriums: Ein Ranking sei nicht gewollt, auch weil die Schulen, je nach Standort, ganz unterschiedliche Voraussetzungen hätten. Gleichwohl beschäftige die Frage viele Eltern, sagte er.

Hintergrund: Viele Kinder sind ein Jahr länger in der Kita

Übrigens: Relativ passgenau hat die Schulverwaltung den Bedarf an Potsdamer Grundschulen geplant. Demnach hätten in diesem Jahr nur 20 Schulanfänger und deren Eltern nicht ihre Wunschschule erhalten – und konnten sich schließlich unter zehn Schulen mit insgesamt 81 freien Plätzen noch etwas aussuchen. Die Zahlen nannte Schulrat Eckhard im Bildungsausschuss. 

Übernachgefragt seien die Gerhart-Hauptmann- und die Montessori-Grundschule in der Brandenburger Vorstadt und in Potsdam-West, die Grundschule im Bornstedter Feld und das Schulzentrum Am Stern gewesen. Dagegen müsse man in der Eisenhart-Grundschule in der Innenstadt nur zwei statt geplanter drei Klassen eröffnen. Insgesamt werden zum Schuljahresanfang im August 2219 Kinder schulpflichtig

Davon sind laut Schulrat Dörnbrack jedoch 340 Kinder noch einmal zurückgestellt worden, die also ein Jahr länger eine Kita besuchen. Diese Zahl sei auch für Potsdamer Verhältnisse hoch, die Folgen würden analysiert, sagte Bildungsdezernentin Noosha Aubel (parteilos). Ein Grund seien vermutlich die vergangenen Corona-Jahre – mit bekanntlich teils geschlossenen Kitas und weniger frühkindlicher Förderung.

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