zum Hauptinhalt
Im Zuge des Krieges in der Ukraine nahm der Andrang bei der Potsdamer Tafel zu. 

© Andreas Klaer

Zu großer Andrang: Potsdamer Tafel verhängt Aufnahmestopp

Die Potsdamer Hilfsorganisation meldet Überlastung wegen des Flüchtlingsandrangs. Die Leiterin berichtet von Hektik, Enge und Psychostress.

Die Vielzahl an Flüchtlingen aus der Ukraine zwingt die Potsdamer Tafel zu einem harten Schritt: Die Hilfsorganisation muss erstmals in ihrer 30-jährigen Geschichte einen Aufnahmestopp für neue Kunden verhängen. Das teilte Tafelchefin Imke Eisenblätter am Donnerstag mit. Die Kapazitäten der knapp 200 Mitarbeiter:innen und die räumlichen Möglichkeiten seien erschöpft. „Um das Ganze zu retten, mussten wir diese Notbremse ziehen.“

Die physische und psychische Überlastung für die ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen habe durch die hohe Nachfrage bereits zu Un- und Ausfällen geführt. So habe man seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zusätzlich zu den bis dato 1200 regulären Kunden auch rund 1400 geflüchtete Ukrainer:innen aufgenommen, „also das Angebot der Lebensmittelausgabe mehr als verdoppelt“. Zusätzlich habe man Hotels, die Geflüchtete aufgenommen hatten, mit Lebensmitteln unterstützt. „Das war eine logistische und physische Herausforderung, die als Notlösung für ein paar Wochen funktionierte, aber keinesfalls als Dauerzustand durchzuhalten ist“, so die Hilfsorganisation. Nun drohen Hunderte weitere Ukrainer mit neuem Hartz-IV-Status als Kunden hinzuzukommen.

Doch die Kapazitätsgrenze sei erreicht. „Die Helfer können nicht noch mehr Kunden bedienen, können nicht noch mehr Lebensmittel sortieren, aufteilen, ausgeben“, sagt Imke Eisenblätter. Ferner seien die Räumlichkeiten in der Drewitzer Straße viel zu beengt, um noch längere Warteschlangen zu bewältigen. Eisenblätter spricht von Hektik, Enge, Psychostress und körperlicher Überlastung: „Hinzu kommt der Umgang mit der Not, der Angst und den sprachlichen Schwierigkeiten mit den Hilfesuchenden. Da fließen schon mal Tränen oder es kommt zu Beschimpfungen aus Verzweiflung.“

Auch deshalb habe man – mit Bedauern, aber zum Schutz aller Beteiligten – den Stopp zur Aufnahme neuer Berechtigter verfügt. Man werde diesen wieder aufheben, wenn die Lage sich wieder entspanne. Zuletzt hatten Tafeln aus ganz Brandenburg auf mehr finanzielle Hilfen durch das Land gedrungen, wie das zum Beispiel in Sachsen schon praktiziert wird.

Nach Kriegsbeginn waren in Potsdam knapp 3000 Ukrainer:innen registriert worden, 2300 davon in privaten Unterkünften. Das liege deutlich über dem Soll des deutschlandweiten Zuweisungssystems nach dem Königsteiner Schlüssel, der für Potsdam 1750 Geflüchtete vorsieht, sagte Sozialdezernentin Brigitte Meier (SPD) bereits am Mittwochabend im Hauptausschuss. Daher wird man laut der Dezernentin auch Ukrainer in Potsdam dazu beraten, ob sie sich in die Stadt integrieren oder lieber eine neue Kommune mit mehr Unterkunftsmöglichkeiten suchen wollen. Wie viele Ukrainer bereits zurück in ihre Heimat gereist sind, ist laut Meier unklar.

Ende des Monats beendet das Rathaus die Nutzung der Orangerie der Biosphäre als Notunterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine. Die Metropolishalle bleibe als Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 280 Menschen bis September erhalten, sagte Meier. Derzeit leben dort den Angaben nach rund 190 Personen. Dazu würden noch provisorische Unterkünfte an der Pirschheide und in der Zeppelinstraße an den Start gehen, hieß es. Henri Kramer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false