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Zoff um inhaltliche Ausrichtung der früheren Militärkirche: Garnisonkirche: Klaar zieht sich zurück

Die seit den 1980ern gesammelten Spenden-Millionen gehen an andere Projekte. Stiftungsaufsicht prüft

Iserlohn/Potsdam - Max Klaar wirft das Handtuch: Die von seiner Stiftung Preußisches Kulturerbe (SPKE) verwalteten Spendenmittel für den Wiederaufbau der Garnisonkirche in Höhe von 6,3 Millionen Euro sollen für andere Projekte ausgegeben werden. Entsprechende Pläne bestätigte Christian Borup, der stellvertretende Geschäftsführer der SPKE, am Donnerstag den PNN. Vorgesehen sei unter anderem die Unterstützung von Projekten der Nikolaikirche, für die Attikafiguren auf dem Landtagsschloss und den Neptunbrunnen. Genaueres stehe momentan nicht fest, betonte Borup: „Wir sind noch in der Findung.“ Die Umwidmung der Mittel müsse unter anderem im Stiftungsrat genehmigt werden. Das solle „im Laufe dieses Jahres“ passieren. Klaar selbst war am Donnerstag nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Der Ex-Bundeswehroffizier, der seit 1984 mit der Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e.V. in Nordrhein-Westfalen Spenden für das Wiederaufbauprojekt sammelte, hatte sich bereits vor Jahren mit der Stiftung zum Wiederaufbau der Garnisonkirche entzweit. Klaar stört sich an der geplanten Nutzung als Versöhnungsort und kritisiert das als „zeitgeistigen, polit-historischen Missbrauch der Garnisonkirche zur Volkspädagogik“. Klaar wollte die Kirche stattdessen als „Denkmal und Symbol des christlichen Preußens“ erbaut sehen – und sperrte die gesammelten Gelder. Bisher hat die SPKE die Spendensumme als Projektrücklage unangetastet gelassen.

Das soll sich nun ändern, die Gelder in andere Projekte fließen. Nach Auffassung von Borup ist das rechtlich möglich: „Wir würden keine Gelder umwidmen, wenn wir das nicht dürften.“ Es bleiben aber Fragezeichen. Spenden, die ausdrücklich für die Garnisonkirche gegeben wurden, sollen dafür reserviert bleiben, sagte Borup. Eine Umleitung von Spenden zur Garnisonkirchenstiftung schließt die SPKE aber auch aus. Borup konnte den Anteil der derart zweckgebundenen Mittel an dem insgesamt 6,3 Millionen Euro schweren Spendentopf gegenüber den PNN nicht beziffern.

Der Leiter der zuständigen Stiftungsbehörde bei der Bezirksregierung Arnsberg, Paul Köhler, kündigte an, den Vorgang zu kontrollieren. „Wir werden prüfen, ob der Stiftungszweck weiter eingehalten wird“, sagte Köhler den PNN.

Die Garnisonkirchenstiftung nimmt Klaars Pläne gelassen auf: Die 6,3 Millionen Euro seien ohnehin nicht im Finanzierungsplan zum Wiederaufbau enthalten gewesen, an den Planungen ändere sich dadurch nichts, sagte Stiftungsvorstand Peter Leinemann. Man bedauere aber, „dass offensichtlich Spender gehindert werden, sich am Wiederaufbau zu beteiligen“. Rechtliche Schritte erwäge man nicht. Leinemann sieht die Abkehr Klaars auch als Chance im laufenden Bürgerbegehren gegen den Wiederaufbau: „Wenn ein Herr Klaar sich zurückzieht, dann ist das auch ein Beweis für unsere Redlichkeit.“ Es zeige sich, „dass wir klar sind in unseren Absichten und eine rückwärtsgewandte Fokussierung der Garnisonkirche als preußisches Symbol ablehnen“.

Die möglichen Nutznießer der Gelder reagierten großenteils erfreut. Susanne Weichenhan, die Pfarrerin der St.-Nikolaikirche, lobte das schon langjährige Engagement der Klaar-Stiftung für verschiedene Projekte in der Kirche – zum Beispiel für die neuen Glocken. Für dieses Jahr habe die SPKE bereits 500 000 Euro für die geplante neue Große Nikolaiorgel bewilligt. Dank der Zuwendung werde das auf mehrere Jahre Bauzeit angelegte Projekt begonnen werden können, die Verhandlungen mit dem Orgelbauer liefen derzeit. „Wir sind der Stiftung zu großem Dank verpflichtet, weil mehrere Projekte gefördert wurden, die wir sonst nicht hätten finanzieren können“, so die Pfarrerin.

Auch Propst Klaus-Günter Müller von der katholischen Kirche St. Peter und Paul sprach von einem „Segen für die Stadt“ und lobte das langjährige Engagement Klaars, dank dessen in der Kirche etwa die neuen Glocken, die Restaurierung eines historischen Altars aus der Zeit des Soldatenkönigs sowie der Portikus-Figuren realisiert werden konnten.

Joachim Kuke vom Stadtschlossverein sieht die Sache zweigeteilt: „Das Geld ist für die Garnisonkirche gesammelt, es wäre schön, wenn es der Garnisonkirche zuflösse“, sagte er. Sollte die SPKE für die Attikafiguren aber eine neue Zuwendung beschließen, habe er dabei keine Bedenken. Wolfgang Mairhofer, der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates der Kirchengemeinde Bornstedt, erwartet dagegen Diskussionen, sollte es um eine neue Zuwendung der Klaar-Stiftung für den Friedhof oder die Kirche gehen.

Mit den neuen Klaar-Plänen ist auch das Geheimnis um den Spender für den Neptunbrunnen gelüftet. Im Juli 2013 hatte der Vorsitzende des Fördervereins für die Wiederherstellung des Neptunbassins, Rudolph Freiherr von Ketteler, die Spende von einer halben Million Euro angekündigt. Damals hatte er darauf verwiesen, dass der Spender anonym bleiben. wolle. „Jetzt, wo es in der Welt ist, kann ich es bestätigen“, sagte er nun den PNN. Schon bisher habe der Förderverein SPKE-Gelder bekommen. Unter anderem konnte damit ein Triton rekonstruiert werden – am 15. Mai soll er aufgestellt werden. (mit wik)

DIE KLAAR-INITIATIVE

Die Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e.V. (TGP) wurde 1984 in Iserlohn von Bundeswehrsoldaten um Max Klaar gegründet. Sie sammelte Spenden für das Glockenspiel der Garnisonkirche und für das Wiederaufbauprojekt. 1987 wurde das rekonstruierte Glockenspiel in Iserlohn eingeweiht, 1991 kam es an seinen jetzigen Standort nach Potsdam. Die erzkonservativ ausgerichtete Traditionsgemeinschaft engagierte sich weiter für den Wiederaufbau der Kirche, entzweite sich aber mit der Garnisonkirchenstiftung, weil diese einen Versöhnungsort plant. Aus der TGP ging 2001 die Stiftung Preußisches Kulturerbe hervor, deren Zweck unter anderem die „Förderung kirchlicher Zwecke und der religiösen Anschauung“ ist. Nach eigenen Angaben förderte sie bereits Projekte in Höhe von gut zwei Millionen Euro in Potsdam, Berlin, Boitzenburg, Ahrensfelde, Wittenberge oder Koblenz. (jaha)

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