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Landeshauptstadt: Zimmer gegen Einkauf

Das Projekt „Wohnen für Hilfe“ vermittelt freie Zimmer an Studenten. Bezahlt wird mit Arbeitsstunden.

Von Katharina Wiechers

600 Euro für ein 21-Quadratmeter-Zimmer in der Brandenburger Vorstadt, 391 Euro für 14 Quadratmeter in der Behlertstraße – ein Blick in die gängigen Online-Portale zeigt, wie teuer WG-Zimmer in Potsdam mittlerweile oft sind. Die Wohnheime des Studentenwerks sind oft auch keine Option, da die wenigen freien Plätze sehr begehrt sind (siehe Kasten). Eine Alternative bietet jetzt das neue Projekt „Wohnen für Hilfe“, das Ende Januar in Potsdam an den Start gegangen ist – als erste Stadt in Brandenburg.

Die Idee ist, wohnungssuchende Studenten mit Potsdamern zusammenzubringen, die ein Zimmer frei haben. Bezahlt wird nicht in Euro, sondern in Arbeitsstunden: pro Quadratmeter Wohnfläche soll je eine Stunde monatlich geleistet werden, so der Richtwert. Denkbar sind etwa Einkaufsdienste, Gartenarbeit, die Versorgung von Haustieren oder Begleitung bei Arztbesuchen. Die Nebenkosten können extra abgerechnet werden, doch das ist Verhandlungssache. Vermittlungsgebühr gibt es keine.

Neu ist die Idee nicht, schon in den 1990er-Jahren wurde sie in Darmstadt entwickelt. Mittlerweile listet die „Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnen für Hilfe“ 34 Städte, die das Programm anbieten. Träger sind die jeweiligen Stadtverwaltungen, Hochschulen, soziale Träger oder eben Studentenwerke wie in Potsdam. Ursprünglich sollten durch „Wohnen für Hilfe“ vor allem Studenten und Senioren zusammengebracht werden – doch auch zum Beispiel Familien kann sich das Studentenwerk Potsdam gut als Vermieter vorstellen. „Wir richten uns mit ,Wohnen für Hilfe!’ ausdrücklich auch an Familien“, so Julia Sammler vom Studentenwerk. Denkbar sei auch, dass die Studenten als Babysitter eingesetzt würden. „Hier legen die Eltern mit dem/der Studierenden fest, welche Aufgaben die Kinderbetreuung umfasst.“ Ausgeschlossen sind lediglich pflegerische und medizinische Tätigkeiten – so soll offenbar verhindert werden, dass Studenten als günstiger Pflegedienst-Ersatz angesehen werden.

Erfahrungen aus anderen Städten zeigten, dass ganz unterschiedliche Tätigkeiten vereinbart werden, so Julia Sammler. Neben klassischer Hilfe etwa durch Lebensmitteleinkäufe, Staubsaugen, Kinderbetreuung oder Gartenarbeit gehe es teils auch um Dinge wie gemeinsames Kochen oder Spazierengehen oder das Erlernen einer neuen Sprache.

Was genau im Gegenzug für das Zimmer geleistet wird, muss individuell besprochen werden – und das am besten so detailliert wie möglich. Das Studentenwerk versucht mit Informationen auf der Webseite, einem Merkblatt mit Tipps und ausführlichem Bewerbungsbogen, Missverständnissen vorzubeugen. So wird den künftigen „Wohnungspartnern“ geraten, sich genug Zeit für ein Kennenlernen zu nehmen – und sich womöglich auch mehrmals zu unterhalten, bevor man eine Partnerschaft eingeht. Auch sollten sich Studenten und Vermieter über ihren jeweiligen Tagesablauf austauschen und versuchen herauszufinden, ob die Lebensweisen zusammenpassen. Auch die Wünsche für das Zusammenleben sollten formuliert werden, die genaue Nutzung von Gemeinschaftsräumen wie Küche, Bad oder Keller festgelegt und über Besuche und Übernachtungen gesprochen werden.

Werden sich beide Seiten einig, lädt das Studentenwerk zum Beratungstermin ein. Vertragspartner ist das Studentenwerk allerdings nicht, dessen Rolle beschränkt sich auf Vermittlung und Beratung. Dabei geht es auch um die nötigen Versicherungen: So müssen Vermieter, die Hilfeleistung im Haushalt wünschen, eine Unfallversicherung für die Studenten abschließen, während die Studenten neben der Studienbescheinigung auch eine Haftpflichtversicherung nachweisen müssen.

Das Projekt ist gerade erst angelaufen, noch gibt es in Potsdam keine Wohnungspartnerschaften, aber immerhin schon einige Anfragen, so Sammler. Eine Herausforderung stelle vor allem die Ansprache von potentiellen Wohnraumgebenden dar. Geplant sei, sich mit Multiplikatoren wie Wohnungsbaugenossenschaften, Vereinen oder Bürgerhäusern zu vernetzen und innerhalb der Stadt verstärkt Präsenz zu zeigen, etwa auf Stadtteilfesten.

Interessierte können sich ab sofort beim Studentenwerk melden. Per Mail an

wohnen-fuer-hilfe@studentenwerk-potsdam.de, telefonisch unter (0331) 37 06 506 oder persönlich am Dienstag (12-16 Uhr) und Donnerstag (9-12 Uhr).

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