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Landeshauptstadt: Zecken: Exotische Arten bringen neue Risiken Die gefährlichen Blutsauger haben gut überwintert

Brieskow-Finkenheerd - Mit den steigenden Frühlingstemperaturen schmeißt sich auch der Zeck wieder an Mensch und Tier in Brandenburgs Natur. „Zecken sind bereits massenweise unterwegs“, sagt Thomas Talaska, Chef des Instituts für durch Zecken übertragbare Krankheiten in Brieskow-Finkenheerd.

Brieskow-Finkenheerd - Mit den steigenden Frühlingstemperaturen schmeißt sich auch der Zeck wieder an Mensch und Tier in Brandenburgs Natur. „Zecken sind bereits massenweise unterwegs“, sagt Thomas Talaska, Chef des Instituts für durch Zecken übertragbare Krankheiten in Brieskow-Finkenheerd. Stichproben am Rande des Ortes haben bestätigt, was der Virologe schon befürchtet hatte: Der lange und frostige Winter hat den blutsaugenden Spinnentieren nichts ausgemacht.

„Die dicke Schneedecke verhinderte, dass starker Frost in den Boden gelangte. Die Zecken haben dort also prächtig überwintert“, konstatiert der Experte. Bereits seit Anfang März sind die Tiere wieder unterwegs – auf der Jagd nach Wirten, von deren Blut sie sich ernähren können. Das Gefährliche ist laut Talaska nicht der Zeckenbiss an sich. Vielmehr übertragen die Tiere mit ihrem Speichel jede Menge Viren, Bakterien und sogar Gifte.

Mehrere Tausend Menschen im Land Brandenburg erkranken jährlich an Borreliose durch Zeckenbisse, von Jahr zu Jahr steigt ihre Zahl um etwa zehn Prozent. Diese relativ genauen Angaben kann der Virologe machen, weil Borreliose in Brandenburg meldepflichtig ist. allerdings ist umstritten, ob sich tatsächlich die Zahl der Erkrankungen erhöht hat oder ob diese nur besser diagnostiziert und nicht mit anderen Krankheitsbildern verwechselt wird.

Denn inzwischen seien sowohl Patienten, als auch Mediziner sensibilisiert, so dass die heimtückische Krankheit meist schnell erkannt und behandelt werde, sagt der Experte. Passiert das nicht, kann Borreliose irreparable Schäden wie Lähmungen und Herzerkrankungen verursachen. Ende vergangenen Jahres ist auf Initiative des Robert-Koch-Institutes ein bundesweites Netzwerk zur Borrelioseforschung gegründet worden.

Die Gesundheitsrisiken durch Zecken stiegen zunehmend, da sich durch den Klimawandel immer mehr exotische Arten auch in Brandenburg ansiedelten, so Experte Talaska. Und die tragen wiederum größtenteils noch unbekannte Krankheitserreger in sich, wie auch Untersuchungen des Robert-Koch-Institutes belegen. „Die aus Südeuropa stammende Auwaldzecke hat sich inzwischen bei uns etabliert. Sie trägt häufig Erreger von Fleckfieber in sich“, erläutert Talaska. Nach seinen Angaben wurden Exemplare vor allem im Raum Potsdam-Mittelmark sowie in der Region zwischen Königs Wusterhausen und Erkner gefunden. Bereits neun Brandenburger sind laut seiner Instituts-Statistik bisher von der aggressiven Zecken-Art gebissen worden.

Die Auwald-Zecke, dreimal so groß wie der Holzbock und mit charakteristischem weißen Schild und dunklen Flecken, wurde 2005 erstmals in den Wäldern um Königs Wusterhausen entdeckt. Beunruhigend ist, dass die Auwald-Zecke im Gegensatz zum Holzbock recht aggressiv ist. „Sie wartet nicht in Büschen oder Hecken, bis sie sich an ihr Opfer anstreifen kann, sondern greift gezielt an“, warnt der Experte. Demnach wartet sie nicht faul an Zweig oder Halm auf einen vorüberkommenden Wirt sondern macht sich selbst auf die Suche.

Vor zwei Jahren entdeckt wurde in Brieskow-Finkenheerd eine Zecke, die längere Beine und eine hellere Färbung als der herkömmliche Holzbock hatte. „Wir haben sie schließlich als Reliktzecke identifiziert, eine bisher ausschließlich aus Osteuropa bekannte Zeckenart, von der uns seitdem allerdings keine neuen Exemplare gemeldet wurden“, sagt der Virologe. Neu in Deutschland, allerdings noch nicht in Brandenburg angekommen, ist laut Talaska die Hyalomma-Zecke, eine mediterrane Art, die durch ihre rot-gelb-geringelten Beine auffällt und hämorrhagisches Fieber übertragen kann. Nach Schilderungen von Bundeswehr-Angehörigen, die bei Auslandseinsätzen mit der Hylomma-Zecke Bekanntschaft machten, ist diese Art noch flinker unterwegs als die Auwald-Zecke. „Bei der Bundeswehr gibt es schon länger speziell imprägnierte Schutzbekleidung, die sich bewährt hat und inzwischen auch für Zivilisten in Trekking-Läden angeboten wird“, führt Talaska an. Der Forscher hält es nicht für unwahrscheinlich, dass auch die Hylomma-Zecke in Brandenburg heimisch wird. Bernd Kluge

Bernd KlugeD

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