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Landeshauptstadt: Zahl der Sozialwohnungen sinkt dramatisch Stadt will Abwärtstrend bei Mietpreis- und Belegungsbindungen stoppen. Kritik am Land

In Potsdam wird mehr gebaut als je zuvor, doch der Druck auf dem Wohnungsmarkt wächst weiter. Wie aus dem aktuellen Wohnungsmarktbericht hervorgeht, sind im vergangenen Jahr knapp 2000 Wohnungen neu auf den Markt gekommen, rund 1400 davon als Neubauten – eine Rekordzahl, die sich vor allem aus der Fertigstellung der Semmelhaack-Siedlung am Bahnhof und von Neubauten im Bornstedter Feld erklärt.

Von Peer Straube

In Potsdam wird mehr gebaut als je zuvor, doch der Druck auf dem Wohnungsmarkt wächst weiter. Wie aus dem aktuellen Wohnungsmarktbericht hervorgeht, sind im vergangenen Jahr knapp 2000 Wohnungen neu auf den Markt gekommen, rund 1400 davon als Neubauten – eine Rekordzahl, die sich vor allem aus der Fertigstellung der Semmelhaack-Siedlung am Bahnhof und von Neubauten im Bornstedter Feld erklärt.

Doch wächst Potsdams Bevölkerung inzwischen zum zweiten Mal infolge um mehr als 2000 Menschen pro Jahr. Allein seit Januar 2011 stieg die Einwohnerzahl um weitere knapp 1700 auf nunmehr 157 000. Der Wohnungsleerstand betrug 2010 wie im Vorjahr 2,5 Prozent und blieb damit zum dritten Mal in Folge unter der magischen Grenze von drei Prozent, die bei einem Wohnungswechsel eine gewisse Auswahl ermöglicht, man also nicht jede Wohnung nehmen muss, die man angeboten bekommt. Am dramatischsten allerdings ist die Lage auf dem sozialen Wohnungsmarkt. Die Zahl von Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung hat sich im vergangenen Jahr mehr als halbiert: 1286 standen zur Verfügung – 2009 waren es noch 2603 gewesen. Der Anteil dieser Wohnungen am Gesamtbestand von gut 84 000 beträgt damit nur noch 1,5 Prozent. Laut Hans-Joachim Böttche, Bereichsleiter Wohnen, werden die belegungsgebundenen Wohnungen binnen fünf Jahren auf nur noch 500 zurückgehen – wenn nicht gegengesteuert werde.

Grund für den rasanten Abwärtstrend ist das Auslaufen der aus den 90er Jahren stammenden Kreditverträge mit der Wohnungswirtschaft. Mit diesen langfristigen Darlehen war es der Gewoba und den Genossenschaften seinerzeit möglich, einen Teil ihres Wohnungsbestandes zu sanieren. Im Gegenzug musste mindestens ein Viertel dieser Wohnungen mietpreisgebunden vermietet werden. Mit dem Auslaufen der Kreditverträge endet auch die Mietpreisbindung. Die Stadt versucht bereits seit einigen Monaten, den Trend zu stoppen. Mit dem kommunalen Wohnungsunternehmen Pro Potsdam wurde ein Pilotprojekt gestartet, das die Mietpreisbindung nicht an eine bestimmte Wohnung, sondern an die bedürftige Person oder die einkommensschwache Familie knüpft. Frei werdende Wohnungen im unteren Preissegment werden dabei an die Betroffenen für gedeckelte 5,50 Euro pro Quadratmeter netto kalt vermietet. Die Differenz zum Mietspiegel speist sich aus einem Fonds, den die Pro Potsdam aus ihren Gewinnen aufbaut. Jährlich können so bis zu 100 Wohnungen an sozial Schwache vermietet werden – in diesem Jahr waren es bislang 60.

Auch Brandenburgs Landesregierung hat die Brisanz der Lage erkannt. Potsdams Baudezernent Matthias Klipp (Bündnisgrüne) erklärte, das Land habe der Pro Potsdam angeboten, die Mietpreisbindung in geförderten Wohnungen zu verlängern. Verhandelt werde über eine Anpassung der Kreditverträge. Das Angebot sei sehr erfreulich, sagte Klipp, verband sein Lob für das Land aber zugleich mit deutlicher Kritik. Er habe aus „inoffiziellen Kanälen“ erfahren, dass das Wohnungsbauförderprogramm des Landes auf Eis liege. Wie berichtet hatte das Land dafür 2010 einen 30-Millionen-Euro-Topf aus Bundesmitteln aufgelegt, die über drei Jahre ausgereicht werden sollten und für ganz Brandenburg gedacht waren. Im ersten Jahr hatte Potsdam daraus 50 Wohnungen gefördert bekommen. Doch 2011 sei das Programm „still und heimlich“ ausgesetzt worden. Ob es überhaupt fortgeführt werde, sei unklar. Bei der Landesregierung müsse ein Umdenken stattfinden, verlangte Klipp. „Wir erwarten, dass sich das Land sowohl den Problemen der schrumpfenden als auch der wachsenden Städte annimmt.“ Er forderte, die Landesförderung für Wohnungsneubau fortzusetzen.

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