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Wolfgang Joop.

© Manfred Thomas

Wolfgang Joop über Potsdam: „Heimatgefühl will sich nicht mehr einstellen“

Der gebürtige Potsdamer und Modedesigner Wolfgang Joop hat mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" unter anderem über seine Heimatstadt Potsdam gesprochen - und über seinen prominenten Nachbarn am Heiligen See.

Wolfgang Joop ist um ein offenes Wort nie verlegen. Jetzt hat sich der gebürtige Potsdamer, als Modedesigner weltbekannt, in einem langen Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ geäußert – auch zu seiner Heimatstadt Potsdam. Er sei „gescheitert am Konzept Heimat“, so der heute 72-Jährige. In Potsdam habe er „meine schöne, behütete Kindheit verbracht“. Dann musste die Familie weg, nach Niedersachsen: „Schon das Wort war Demütigung für mich.“ Als die Mauer fiel, sei er zurückgekommen. „Mein größter Wunsch, um den ich einst im Schloss Friedrich den Großen gebeten hatte, wurde mir dadurch erfüllt.“

Aber dieser Moment, sagt Joop nun, sei „längst verbraucht, die alte, ganz andere Welt, mit den Menschen, die mein Leben geprägt haben, ist längst versunken“. Er klingt sehr wehmütig: „Da ist keine Mutter mehr, keine Großmutter und kein Großvater. Ich habe das Gut Bornstedt, wo ich meine ersten Lebensjahre verbracht habe, meinen beiden Töchtern übergeben, die eine andere Erinnerung daran haben. Logischerweise.“ Das alte Heimatgefühl wolle sich nicht mehr einstellen: „Ich trage diesen Sehnsuchtsbegriff nicht mehr in mir.“

Joop hat sich auch zu seinem Nachbarn Günther Jauch geäußert

Auch zu seinem prominenten Nachbarn am Ufer des Heiligen Sees äußert sich Joop – zu TV-Moderator Günther Jauch. „Es ist das Land, das solche Figuren macht oder zumindest zulässt“, sagt Joop. Günther Jauch spiele in Deutschland „die Rolle des ewigen Junglehrers“. Und weiter: „Er erweckt beinahe schon Mitleid: Der Hemdkragen scheuert, deswegen macht er immer so komische Halsbewegungen, dann die zu großen Schuhe, nichts sitzt richtig.“ Die Deutschen seien sehr empfindlich, wenn Sachen sitzen, hat der Modeschöpfer festgestellt: „Man gilt dann als oberflächlich, eitel. Hat der nichts anderes zu tun, als sich die Sachen auf Maß arbeiten zu lassen? Man erinnere sich an Kanzler Schröder, den Brioni-Schröder, der hatte damit gleich verschissen.“

Mit seinem Alter hadert der Modedesigner, der auch Maler und Autor ist, offenbar. Er wolle „ keine sich grotesk anbiedernde ältere Person sein“. Was im Alter helfe, sei der freiwillige Rückzug. Aber: „Unabhängig davon bin ich natürlich durch und durch auch eine Fashionfigur.“ Das habe er auch den Mädchen in der Show „Germany’s Next Topmodel“ von Heidi Klum, bei der er als Juror plötzlich zu neuer Bekanntheit gelangte, immer wieder gesagt: „Wenn du verführen willst, entziehe dich. Lachen verführt nicht; Lachen ist lächerlich.“ Als gut aussehender älterer Herr wahrgenommen zu werden, das will Joop auf keinen Fall: „Dann würde ich Ihnen sagen, dass ich eben das nicht sein will: ein gut aussehender älterer Herr.“

Auch sein Schaffen als Modeschöpfer reflektiert Joop in dem Gespräch kritisch. Er frage sich schon, „ob es der einzig richtige Weg gewesen ist“. Aber erstens sei es jetzt sowieso zu spät. Und zweitens denke er: „Mein Gott, es war wirklich selbstbestimmt, dieses nutzlose Dasein.“ Wenn man Kaschmir verarbeite, „das man der Himalaja-Ziege aus dem Hals gekämmt hat, gibt es unweigerlich auch Abfall“. Natürlich könne man sich da fragen: Warum hat man die Ziege nicht ungeschoren gelassen? „Ich muss mich das nicht fragen, ich kann mir diese Dekadenz erlauben.“ 

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