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Neben der Tramhaltestelle Rote Kasernen (links) wird Potsdams erste Aldi-Filiale mit Wohnungen in den Obergeschossen errichtet. 

© Andreas Klaer

Wohnungsbau in Potsdam: Baustart für erstes Aldi-Wohnhaus

Der Discounter will im Bornstedter Feld erstmals in Potsdam Wohnungen vermieten. Am Freitag begann der Bau. Oberbürgermeister Jann Jakobs wirbt um Nachahmer.

Potsdam - Milch sauer? Kaffee aufgebraucht? Wer künftig im Neubau an der Kreuzung von Nedlitzer Straße und Georg-Hermann-Allee wohnt, hat immer einen kurzen Weg zum nächsten Lebensmittelmarkt. Denn im Erdgeschoss soll im übernächsten Jahr eine Filiale des Discounters Aldi eröffnen. Das Bauprojekt im Bornstedter Feld ist das erste in der Region, bei dem Aldi über seiner Verkaufsfläche Wohnungen errichtet. Potsdam hängt damit auch Berlin ab, wo es ähnliche Pläne gibt, die aber noch nicht so weit fortgeschritten sind.

Am Freitagvormittag gab es auf dem Baufeld in der Nedlitzer Straße den symbolischen ersten Spatenstich. Seit August war der seit 2003 bestehende ebenerdige Markt abgerissen worden. „Im Frühjahr 2020 soll die neue Filiale eröffnen“, sagte Lars Kölling, Leiter Immobilien und Expansion, den PNN. 14 Millionen Euro investiere Aldi am Standort insgesamt. Der eigentliche Markt ist im ersten Obergeschoss vorgesehen. Er soll mit 1400 Quadratmetern etwa doppelt so groß sein wie im Vorgängergebäude. Die Verkaufsfläche soll über Rollsteige und einen Aufzug auch barrierefrei zugänglich sein, so Kölling. Der Eingang soll anders als früher der Nedlitzer Straße zugewandt sein. Einen zweiten Zugang soll es direkt von der Straßenbahnhaltestelle Rote Kasernen an der Georg-Hermann-Allee geben.

36 Ein- bis Dreizimmerwohnungen

Erdgeschoss sollen 50 Autos in einem überdachten Parkdeck Platz finden, weitere 35 Stellplätze sind davor geplant. Im zweiten Obergeschoss sollen auf der ganzen Breite des Gebäudes 18 barrierefreie Zwei- und Dreizimmerwohnungen entstehen. Im dritten Obergeschoss sind nach den Plänen 18 Einzimmerappartement vorgesehen. Das Dach soll begrünt werden, um für ein besseres Wohnklima zu sorgen, hieß es.

Aldi vermietet die Wohnungen

Die Wohnungen sollen allesamt durch Aldi Nord vermietet und nicht verkauft werden. Ein Quadratmeterpreis steht noch nicht fest, so Kölling. Ähnliche Pläne in Berlin sahen Mieten von rund zehn Euro je Quadratmeter kalt vor. Dort sollten 30 Prozent der Wohnungen nach dem „Berliner Modell“ als Sozialwohnungen angeboten werden, also für 6,50 Euro Kaltmiete. Ähnliches ist in Potsdam nicht vorgesehen.
Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) zeigte sich bei seinem vermutlich letzten „ersten Spatenstich“ im Amt erfreut über die Initiative des Discounters. „Das ist es, was wir brauchen“, sagte er. So würden in Potsdam dringend benötigte Wohnungen entstehen, ohne zusätzliche Flächen in Anspruch zu nehmen. „Eine geniale Lösung.“ Er wünsche sich mehr solche kreativen Ideen, auch bei Kombinationen von Gewerbe und Wohnen, wenn es baurechtlich möglich sei. Gegebenenfalls müssten auch Bebauungspläne geändert werden.
Einen Seitenhieb auf Berlin konnte sich Jakobs nicht verkneifen: „Dort wird geredet, hier gehandelt.“ Bekanntlich will Aldi in Berlin in den nächsten fünf Jahren rund 2000 Wohnungen bauen und vermieten, an 30 von 130 Filialstandorten. Zwei Pilotprojekte sind an der Silbersteinstraße in Neukölln und der Sewanstraße in Lichtenberg geplant. Dort könnte es im übernächsten Jahr losgehen, so Kölling.
 
Ob der Wohnungsneubau über dem Aldi im Bornstedter Feld auch für Potsdam Pilotcharakter hat, ist unterdessen unklar. Insgesamt besitzt Aldi im Stadtgebiet sechs Niederlassungen. Man sei prinzipiell interessiert, sagte Kölling. Allerdings müsste für die anderen Standorte noch geprüft werden, ob Wohnungsbau dort planungsrechtlich möglich und auch praktikabel sei. Gespräche mit der Stadtverwaltung habe es darüber noch nicht gegeben. Andere Discounter scheinen Aldi bisher auch nicht den Rang abzulaufen. Er kenne keine entsprechenden Anfragen, sagte Jakobs, würde dies aber begrüßen.
Das geltende Einzelhandelskonzept zählt in Potsdam 28 Standorte von Discountern und 17 Supermärkte – allerdings sind nicht alle in freistehenden Gebäuden untergebracht. Dennoch könnte es bei Aufstockungen mit 30 bis 40 Wohnungen insgesamt ein Potenzial von rund 1000 neuen Wohnungen geben. So viele braucht Potsdam mindestens, um den Zuzug von neuen Einwohnern zu bewältigen – pro Jahr.

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