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In Potsdam gibt es mehr als 91.000 Wohnungen.

© Ottmar Winter PNN

Wohnen in Potsdam: Neue Stelle für altes Problem

Der Wohnungsbau in Potsdam lahmt. Es fehlen vor allem immer mehr preisgünstige Wohnungen. Nun reagiert das Rathaus.

Potsdam - Potsdam kommt bei der Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum immer mehr unter Druck. In der Stadt finden immer weniger Menschen eine Sozialwohnung, obwohl sie eigentlich dazu berechtigt wären. "Im Jahr 2021 konnten 605 Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen (WBS) mit einer Sozialwohnung versorgt werden", teilte die Stadtverwaltung auf PNN-Anfrage mit. Im Jahr davon waren es noch 702. Und im Jahr 2019 konnte 1166 Besitzern eines Wohnberechtigungsscheins eine Sozialwohnung vermittelt werden. 

Rund 40 Prozent aller Potsdamer Haushalte haben ein Einkommen, das ihnen den Zugang zu gefördertem Wohnraum ermöglichen kann. Jeder vierte dieser Haushalte zählt zur Einkommensgruppe des WBSplus. So hat eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern und einem durchschnittlichen steuerpflichtigen Bruttojahreseinkommen von 62.000 Euro Anspruch auf den WBSplus, ebenso ein Singlehaushalt mit einem steuerpflichtigen Bruttojahreseinkommen von etwa 27.500 Euro. 

Berechtigte zahlen für eine geförderte, sanierte oder neugebaute Wohnung eine Kaltmiete von sieben Euro pro Quadratmeter - das ist deutlich weniger als bei einer Neuvermietung auf dem freien Markt verlangt werden. Mit einem herkömmlichen WBS sind es sogar nur 5,50 Euro pro Quadratmeter. 

Nachfrage bleibt stabil

Dabei ist die Nachfrage nach den WBS relativ stabil. In den vergangenen fünf Jahren pendelte die Zahl der erteilten WBS nach Rathausangaben zwischen zischen rund 2200 und 2600. Er gilt in der Regel für ein Jahr. Nur im Jahr 2018 gab es einen Ausreißer nach oben mit 3036 Stück. In jenem Jahr wurden die gesetzlichen Kriterien angepasst, so dass mehr Anträge positiv beschieden wurden. Zuletzt ist es also rechnerisch immer schwieriger geworden, eine Sozialwohnung zu bekommen.

Dabei gibt es in Potsdam gar nicht so wenige der sogenannten Mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen. Diese kann das Wohnungsamt an Inhaber eines WBS vermitteln. "Mit Stand 2021 waren es 5294", teilte die Stadtverwaltung mit. Bei insgesamt rund 91.605 Wohnungen in der Stadt sind das immerhin 5,8 Prozent. Doch diese günstigen Wohnungen sind in der Regel nicht frei. Neu vergeben werden sie nur, wenn jemand auszieht. 

Außerdem tickt für diesen günstigen Wohnungsbestand sozusagen die Uhr: Denn beruht das System der Mietpreisbindung auf zinsverbilligten Förderkrediten. Derzeit nehmen in Potsdam drei Bauherren solche Wohnungsbauförderung in Anspruch: die kommunale Immobilienholding Pro Potsdam, die Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“ und die private Mila Grundstücksgesellschaft Potsdam GmbH. Laufen die Kredite - oft nach 20 Jahren - aus, endet auch die Mietpreisbindung. Nach den Daten des Rathauses könnten so im Jahr 2030 weniger als 1900 der jetzigen Mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen übrigbleiben.

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Das Rathaus weist allerdings darauf hin, dass in den Zahlen die geplanten und vereinbarten Bindungen für noch nicht fertiggestellte Wohnungen enthalten sind. Werden also im gleichen Maß neue Sozialwohnungen geschaffen, kann der Verlust der alten Bindungen ausgeglichen werden. Doch das könnte knapp werden. So sind bei Potsdams größtem Vermieter Pro Potsdam seit 2016 insgesamt 365 neue Sozialwohnungen fertiggestellt worden. 645 weitere sind im Bau - vor allem an der Georg-Hermann-Allee und auf dem alten Tramdepot in der Heinrich-Mann-Allee. Die nächsten großen Bauprojekte sind allerdings in Krampnitz vorgesehen - und dessen Entwicklung ist wie berichtet mit einigen Unsicherheiten verbunden.

Neubau in Potsdam schwächelte zuletzt

Das Problem beschränkt sich zudem auch nicht auf Sozialwohnungen. Denn obwohl die Bevölkerung Prognosen zufolge weiter wachsen soll, schwächelte zuletzt der Neubau. Wie berichtet wurden auch weniger Baugenehmigungen erteilt. Im Jahr 2021 waren es so wenige wie seit dem Jahr 2006 nicht mehr. So ist absehbar, dass auch in den nächsten Jahren nicht die erforderliche Anzahl an neuen Wohnungen auf den Markt kommen dürfte, um die Nachfrage zu decken. Damit könnten die Mieten auf dem freien Markt weiter steigen.

Um die Entwicklung besser zu steuern, soll nun im Rathaus reagiert werden. So sollen Kompetenzen zu Bau, Wohnungsvergabe und Finanzierung im Büro des Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) gebündelt werden. Dort solle die Stelle eines "wohnungspolitischen Koordinators" geschaffen werden, wie zuerst die Märkische Allgemeine berichtet hatte. "Über die Details wird Oberbürgermeister am Mittwoch die Stadtverordneten informieren", hieß es dazu auf Nachfrage der PNN. "Ziel ist es, die wohnungsbaupolitischen Ziele der Landeshauptstadt Potsdam zu forcieren und Prozesse zu beschleunigen." Die Stelle übernehmen soll der frühere Chef der Bauaufsicht Markus Beck. Details zum Wann und Wie sollen am Mittwoch folgen.

In die gleiche Richtung geht auch ein Antrag der Fraktionen SPD und Linke für die nächste Stadtverordnetenversammlung. Darin wird unter anderem gefordert, "verwaltungsorganisatorische Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, dass die Aufgabenstellung prioritär und mit den notwendigen Ressourcen (unter einer gemeinsamen Leitung) durch die verschiedenen beteiligten Fachbereiche bearbeitet wird, um Reibungsverluste zu minimieren". Es gelte, alle Möglichkeiten zur Sicherung und Schaffung bezahlbaren Wohnraums auszunutzen, ohne dabei langfristige Ziele der Stadtentwicklung aus dem Blick zu verlieren, heißt es in der Begründung.

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