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Landeshauptstadt: Wo ist der Rosengarten von Sanssouci?

Die Entwürfe von Gartendirektor Potente für eine Erneuerung wurden nicht ausgeführt – doch der Schlager ist immer noch ein Hit

Im Jahr 1930 brachte Herms Niel gemeinsam mit Hans Ailbouth den Titel „Im Rosengarten von Sanssouci“ heraus. Dem Potsdamer Komponisten und Texter, der eigentlich Hermann Nielebock hieß, flocht die Nachwelt wegen seiner nationalsozialistischen Einstellung keine Kränze. Sein Schlager aber blieb bis heute ein Hit.

Doch wo lag der Garten, in den das Lied führt? Im Park Charlottenhof ganz gewiss nicht, denn den 1835/36 von Hofgärtner Hermann Sello zwischen Schlossterrasse und Maschinenteich angelegten Rosengarten gab es damals schon lange nicht mehr. Bereits in den 1870er Jahren war der Boden „rosenmüde“ geworden und machte um 1880 eine Bepflanzung mit anderen Blumen notwendig. Mehr als ein Jahrhundert verging, ehe er durch den Gartendenkmalpfleger Hans Heinrich Gerlitz mit 404 Rosen in 174 historischen Sorten wiederhergestellt wurde.

Ebenso wenig hat das Lied mit dem früheren Rosengarten unterhalb der Neuen Kammern zu tun, denn der wurde erst 1955 unter Generaldirektor Willy Kurth angelegt und blieb eine Episode. Nach 1974 verschwand er langsam wieder aus dem Parkbild. Heute erhält dieses Quartier schrittweise seine ursprüngliche Gestaltung als Kirschgarten Friedrichs des Großen zurück.

Bleibt also als Schauplatz des Schlagerhits der Rosengarten am Neuen Palais. Ihn hatte Kronprinzessin Victoria (Vicky), die seit 1859 mit ihrem Gemahl, dem späteren Kaiser Friedrich III., den Nordflügel des Palais als Sommerresidenz nutzte, in den Heckenquartieren neben anderen Privatgärten durch Hofgärtner Emil Sello gestalten lassen. Begeistert äußerte sich 1873 das Mitglied des Potsdamer Geschichtsvereins Lehrer H. Wagener: „Das erste Quartier documentiert sich uns sofort als Rosengarten; so reich tritt hier die Königin unter Flora’s lieblichen Töchtern in voller Pracht in ihren pompösen Arten, welche die Neuzeit zu schaffen wußte, auf.“ Vickys Nachfolgerin Kaiserin Auguste Victoria behielt den Rosengarten bei, ließ ihn umgestalten und um einen zweiten erweitern. Statt der Einzelbepflanzung wurden größere repräsentative Flächen mit verschiedenfarbenen Sorten angelegt. Der Garten wurde mit Skulpturen, darunter einem Standbild der Kaiserin (heute im Antikentempel), einem 1907 als Geschenk des Königs von Siam (Thailand) nach Potsdam gekommenem ostasiatischem Räuchergefäß (heute am Chinesischen Teehaus), Vasen, Büsten und dem Narzissbrunnen geschmückt, der jetzt im Prinzengarten von Cecilienhof steht. 1913 wurde der nördliche Rosengarten nochmals überarbeitet. Dazu hatte Hofgärtner Georg Potente 1911 die Planungen vorgelegt.

Wollte ein Verliebter nach der Empfehlung von Herms Niel seine Marie im Rosengarten von Sanssouci küssen, hätte er in den 1930er Jahren dennoch ein Problem gehabt. In den Heckenquartieren war die Blütenpracht immer weiter zurück gegangen. Wie Dr. Jörg Wacker, stellvertretender Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, erläutert, fehlten nach Ende der Monarchie Mittel und Personal für die aufwändige Pflege der Beete. Bis zu Kurths Versuch an den Neuen Kammern blieb Sanssouci ohne vorzeigbaren Rosengarten.

Dem wollte Georg Potente abhelfen, der 1920 Gartenoberinspektor, 1927 dann Gartendirektor geworden war. Er nahm die Idee eines 1839 von Gustav Koeber ausgeführten Rosengartens wieder auf und schlug 1929 die Umgestaltung der ehemaligen Reitbahn der Prinzen im Süden des Neuen Palais vor. Der schon unter Friedrich II. angelegte, von einem eisernen Gitterwerk (Treillage) umschlossene Gartensalon hätte sich laut Dr. Wacker „hervorragend für die Anlage eines kleinen, regelmäßig geordneten Rosengartens“ geeignet. Wenigen hohen Rosen am Rand des elliptischen Beetes sollten sich zur abgesenkten, mit einer prachtvollen Vase geschmückten Mitte hin dicht gepflanzte niedrigere Arten anschließen. Doch der Entwurf blieb unausgeführt. Erst 1999/2000 wurde der Treillagesalon wieder hergerichtet – mit einer Rasenfläche, auf der auch einige Strauchrosen blühen.

1931 legte Gartendirektor Potente dann Entwürfe für einen neuen Rosengarten auf dem Gelände der ehemaligen kronprinzlich-kaiserlichen Privatgärten am Neuen Palais vor. Darin wollte er die Wegeachsen zwischen Räuchergefäß im Westen über den Narzissbrunnen bis zu einem kleinen, 1938 abgerissenen Teehaus im Osten sowie von Nord nach Süd zum Standbild der Kaiserin beibehalten. Geometrisch unterschiedlich geformte, rechteckig, kreis- und ringförmige Beete und Rabatten, Rosenhochstämme entlang der Nord-Süd-Achse, eine Pergola mit kleinen seitlichen Lauben, erstmals mit Platten befestigte Binnenwege hätten dem Garten ansonsten aber ein völlig neues Gesicht geben, das laut Wacker „die Sprache formaler regelmäßiger Gärten nach 1920 mit leicht expressionistischen Einflüssen“ sprach und Züge eines Sichtungsgartens trug.

Doch Georg Potentes Planungen wurden nicht ausgeführt. Heute deckt Rasen die Fläche der ehemaligen kaiserlichen Privatgärten. Hier einst wieder den oft besungenen „Rosengarten von Sanssouci“ auferstehen zu lassen, wäre von hohem Reiz, meint Jörg Wacker. Dann würde man allerdings nicht auf Potentes Entwürfe zurückgreifen, sondern auf den Garten der Kaiserzeit. Dessen Strukturen sind unter der Rasendecke noch erhalten.

Wer einen bisher nicht verwirklichten Architektur-Entwurf für die PNN-Serie „Luftschlösser“ vorschlagen möchte, meldet sich unter Tel.: (0331) 2376 134, Fax: (0331) 23 76 300 oder per E-mail an lokales.pnn@pnn.de.

Erhart Hohenstein

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