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In vier Jahren sollen die Potsdamer DWD-Mitarbeiter in diesem Neubau arbeiten.

© Visualisierung: Tru Architekten

Wissenschaft in Potsdam: Für die "Allerbesten des Himmels"

Viele Jahre währten die Planungen für den Neubau des Wetterdienstes in Potsdam. Jetzt wurde der Grundstein gelegt.

Von Peer Straube

Potsdam - Der erste war nicht mal Meteorologe. Wilhelm Legeler, Hofgärtner von Sanssouci, führte zwischen 1842 und 1862 in Potsdam die ersten Wetterbeobachtungen durch – im Auftrag des Königlich Preußischen Meteorologischen Instituts Berlin. 1877 begannen Mitarbeiter des Astrophysikalischen Observatoriums mit meteorologischen Beobachtungen auf dem Telegrafenberg, weitere 16 Jahre später fanden diese Beobachtungen dann regelmäßig statt.

Potsdam habe eine lange Tradition der Wetterbeobachtung, eine, auf die man stolz sein könne, sagte Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes (DWD), am Dienstag. Auf den Anlass, der Becker aus der Offenbacher DWD-Zentrale nach Potsdam führte, hatten die hiesigen Mitarbeiter lange gewartet: Am Dienstag wurde auf dem Gelände an der Michendorfer Chaussee feierlich der Grundstein für den Neubau der Potsdamer Wetterdienstzentrale gelegt. Seit vielen Jahren war er bereits geplant. 

Wie lange, verdeutlichte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD): Schon kurz nach seiner Wahl 2002 habe er mit dem damaligen Potsdamer DWD-Chef über einen Neubau gesprochen, sagte der scheidende Rathauschef. Er freue sich nun ganz besonders, dass er noch vor dem Ende seiner 16-jährigen Amtszeit den Grundstein für das Gebäude legen könne, erklärte Jakobs.

Eigentlich hätte der Neubau längst stehen sollen, doch die Mühlen auf Bundesebene mahlen langsam. Der Bund ist Bauherr und Geldgeber für das Projekt, das sich im Laufe der Zeit nun auch etwas verteuert hat: Statt 32,5 wird es nun rund 37 Millionen Euro kosten, wie Guido Beermann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, erklärte.  Jahrzehntelang mussten die Potsdamer Meteorologen ihre Wetterbeobachtungen in zu DDR-Zeiten errichteten Zweckbauten durchführen, denen man den Verschleiß zunehmend ansah. Diese wurden komplett abgerissen, um Platz für den Neubau zu schaffen. Seit Ende 2016 residiert der Wetterdienst daher in einem Übergangsquartier in Stahnsdorf. 

Optimale Bedingungen für die Mitarbeiter

Nach der für 2021 geplanten Fertigstellung der neuen Zentrale sollen die bislang auf vier Standorte verteilten rund 170 Mitarbeiter der Potsdamer DWD- Niederlassung optimale Bedingungen vorfinden – und erstmals auch unter einem Dach arbeiten. Der Entwurf des Berliner Büros Tru Architekten sieht einen Neubaukomplex aus sechs ein bis dreigeschossigen Gebäuden vor, die über einen sogenannten Wetterboulevard im Erdgeschoss miteinander verbunden sind, der zugleich der „zentrale Kommunikationsraum“ werden soll. 

Von dem Boulevard aus gelangt man zur Kantine ebenso wie zu den Konferenzräumen, dem Innenhof und dem Vorplatz. Auch an die Arbeitsatmosphäre wurde gedacht: Räume, die nicht ständig genutzt werden, sind im Gebäudekern untergebracht, die Mitarbeiterbüros liegen an den Außenseiten und bieten daher Aussicht auf den Wald. Für Klimafreundlichkeit sorgen Solaranlagen zur Stromversorgung auf dem Dach und der Verzicht auf Klimaanlagen – bis auf die Räume, in denen die Computertechnik untergebracht sind. 

Potsdam wichtigster DWD-Standort nach Offenbach und Hamburg

Durch den Neubau wird der Standort Potsdam, ohnehin nach der Zentrale in Offenbach und dem Seewetteramt in Hamburg bereits der drittwichtigste unter den deutschlandweit sechs großen Niederlassungen, weiter aufgewertet. Im Potsdamer Neubau wird ein sogenanntes Backup-Center entstehen, ein Rechenzentrum, das im Notfall die Funktionen der Offenbacher Zentrale übernehmen kann.  Die Arbeit der Meteorologen werde angesichts des Klimawandels immer wichtiger, betonte Staatssekretär Beermann. Vor dem Hintergrund des diesjährigen Dürresommers und zunehmender Wetterschwankungen gebe es kaum einen Bereich des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens, der nicht betroffen sei. Meteorologen sorgten durch ihre Vorhersagen für sichere Verkehrswege, für Brand- und Katastrophenschutz. Nach ihnen richte sich die Landwirtschaft ebenso wie jeder Bürger bei seinen Freizeitaktivitäten. „Sie sind die Allerbesten des Himmels“, lobte Beermann die Potsdamer DWD-Mitarbeiter.

Die Mitarbeiter freuen sich

Die freuen sich über das neue Gebäude sicher am meisten. „Es ist schön, wirklich schön, dass es jetzt vorangeht“, sagte DWD-Niederlassungschef Thomas Endrulat den PNN. Am wertvollsten werde es für die Mitarbeiter sein, dass man künftig kurze Wege habe und eng zusammenarbeiten könne. Bislang sitze der Hauptteil der 170 Angestellten im Interimsdomizil in Stahnsdorf, die Techniker seien in Drewitz untergebracht, in Berlin-Buch gebe es eine Abteilung, die sich mit Schneedecken beschäftige und in Schönefeld schließlich arbeite eine Luftfahrtberatungsstelle. Diese werde wohl als einzige vor Ort bleiben, der Rest ziehe in den Potsdamer Neubau.

Möglicherweise wächst die Zahl der Mitarbeiter in Potsdam auch noch. Platz im Neubau wäre für rund 200 Angestellte, sagte DWD-Vize Becker den PNN. Er hoffe, dass im nächsten Frühjahr der Rohbau stehe, so Becker. 2021 soll er fertig sein, vielleicht aber auch erst 2022. Er freue sich auf ein Wettrennen mit dem Neubau des Bundespolizeipräsidiums, sagte Rathauschef Jakobs. Dafür fand wie berichtet in der vergangenen Woche am Horstweg der erste Spatenstich statt. Auch dieses Vorhaben hatte – wie der DWD-Neubau – bekanntlich einigen zeitlichen Vorlauf: Die Entscheidung fiel vor zehn Jahren.

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