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Wirtschaftsrat Potsdam zieht gemischtes Fazit: Bürgermeister für Wirtschaftsfragen gefordert

Der Chef des Wirtschaftsrats Potsdam, Götz Friederich, hält die Gründung eines Dezernats für Wirtschaftsfragen für notwendig. Den Leitbildentwurf der Stadt kritisiert er, da auch hier wirtschaftliche Belange zu kurz kommen würden.

Von Matthias Matern

Potsdam - Knapp ein Jahr nach seiner konstituierenden Sitzung zieht der Wirtschaftsrat der Stadt ein gemischtes Fazit, was den Stellenwert wirtschaftlicher Belange in der Stadtverwaltung betrifft. Zwar habe es seit der Panne rund um das Gründerzentrum „Go:in“ in Golm einen gewissen Mentalitätswechsel in der Stadtspitze gegeben, doch bei der Entwicklung des Leitbildes der Stadt etwa werde das Thema nur stiefmütterlich berücksichtigt, sagte der Präsident des Marketing-Clubs Potsdam und Ratsvorsitzender Götz Friederich am Mittwoch in Potsdam. Gleichzeitig erneuerte Friederich die Forderung seitens der Wirtschaft nach einem hauptamtlichen Verantwortlichen in der Stadt für Wirtschaftsfragen. „Ein Wirtschaftsbeigeordneter oder Wirtschaftsbürgermeister wäre absolut sinnvoll und notwendig“, sagte der Potsdamer Anwalt.

Wirtschaftliche Belange kämen bei Politik und Verwaltung zu kurz

Eingerichtet wurde der Wirtschaftsrat wie berichtet im vergangenen Jahr aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der Stadtverordneten. Ihm gehören rund 30 Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie von Verbänden an – das Spektrum reicht von der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) über die beiden Wirtschaftskammern und das Hasso-Plattner-Institut bis zu den Händlervereinigungen der Innenstadt und von Babelsberg. Aufgabe des Rates ist es, der Politik und der Verwaltung in wirtschaftsrelevanten Entscheidungen beratend zur Seite zu stehen. Bindenden sind die Vorschläge des Rates nicht. Am 3. März 2015 trat das Gremium erstmals zusammen.

Erst kurz zuvor hatten Unternehmer und Verbände der Stadt beklagt, wirtschaftliche Belange kämen bei Politik und Verwaltung zu kurz. Dass es in Potsdam kein unabhängiges Wirtschaftsdezernat gebe, hatte der Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Arndt Gilka-Bötzow, in diesem Zusammenhang damals als Sündenfall bezeichnet.

Golm-Desaster habe zu Umdenken geführt

Das Golm-Desaster habe allerdings zu einem Umdenken geführt, sagte Friederich am Mittwoch. Im Herbst 2014 hatten wie berichtet vier namhafte Firmen, deren befristete Mietverträge im Gründerzentrum „Go:in“ ausliefen, öffentlich der Stadt vorgeworfen, trotz eines gegenteiligen Versprechens nicht für einen Ersatz am Standort gesorgt zu haben und mit Wegzug aus Potsdam gedroht. Daraufhin hatte die Stadt im vergangenen Jahr angekündigt, auf eigene Kosten das „Go:in“ für 7,5 Millionen Euro zu erweitern. „Bei einem Gespräch mit dem Landwirtschaftsministerium und dem Finanzministerium hat Oberbürgermeister Jakobs damals gesagt: Potsdam geht jetzt einfach mal in Vorleistung und baut“, erinnert sich Friederich. „Da habe ich gedacht, Donnerwetter.“

„Wasser in den Wein“ ist dagegen für Friederich der aktuelle zweite Entwurf für das neue Leitbild der Stadt. Ein noch im ersten Entwurf vorhandenes Kapitel mit der Überschrift „Arbeit und Wirtschaft“ sei einfach gestrichen worden. „In Potsdam gibt es knapp 79 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und mehr als 14 000 Betriebe. Das ist doch nicht nichts“, so der Vorsitzende des Wirtschaftsrates. Gerade vor dem Hintergrund der sinkenden Schlüsselzuweisungen durch das Land werde die Stadt sich stärker auf die Steuereinnahmen durch seine Unternehmen besinnen müssen. Über die Frage des künftigen Leitbildes habe er deshalb bereits mit Jakobs gesprochen, sagte Friederich.

Jetzt dem Beschluss Taten folgen lassen

Ebenfalls bereits angestoßen hat der Wirtschaftrat laut Friederich eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Problem der Bereitstellung von Gewerbeflächen. Eine der drei Empfehlungen des Rates aus dem vergangenen Jahr habe man zur Beschlussvorlage für den inzwischen verabschiedeten „Maßnahmenplan zur Sicherung und Aktivierung von gewerblichen Potenzialflächen“ abgegeben. Jetzt komme es darauf an, dem Beschluss Taten folgen zu lassen, sagte der Ratsvorsitzende. Deshalb habe der Rat zusammen mit dem Oberbürgermeister für den 28. Januar einen Workshop „Gewerbeflächen in der Landeshauptstadt Potsdam“ organisiert. Die Sicherung und Entwicklung von Gewerbeflächen sowie die Schaffung eines stärkeren Bewusstseins in der Stadt für Wirtschaftsthemen würden auch weiterhin zwei der wichtigsten Aufgaben des Rates sein, so Friederich.

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