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Imageproblem. 140 Biotechnologie- und Medizintechnikunternehmen gibt es in Potsdam und Potsdam-Mittelmark – hier ein Bild aus dem Ripac-Labor in Golm. Doch bekannt ist die Region als Biotech-Standort bislang kaum. Das soll sich mit der neuen Kampagne nun ändern.

© Mike Wolff

Wirtschaft in Potsdam: Das obere Drittel

Eine neue Kampagne soll die Biotech-Branche in Potsdam und Potsdam-Mittelmark bekannter machen.

Von Katharina Wiechers

Mit einer mehrjährigen Kampagne wollen die Stadt Potsdam und der Landkreis Potsdam-Mittelmark die Biotechnologie- und Gesundheitsbranche in der Region voranbringen. Am gestrigen Mittwoch wurden das Konzept und das Logo für die Kampagne präsentiert. Unter dem Slogan „Mehr Zukunft“ soll sowohl ein brancheninternes Netzwerk geschaffen als auch die Bekanntheit des Standorts vergrößert werden.

Vor allem Letztere sei noch verbesserungswürdig, sagte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). „Wir sind auf dem Gebiet ein bedeutender Player, das Problem ist aber bislang die Außenwirkung.“ Unter Federführung der Berliner Agentur 3pc, bekannt unter anderem durch den Wahl-O-Mat, wurde deshalb in den vergangenen Monaten ein Konzept erarbeitet.

Es sieht zum einen die Bildung eines Netzwerkes vor – etwa durch Messen oder Unternehmensabende, wie 3pc-Geschäftsführer Armin Berger sagte. Für die Außenwahrnehmung wurde ein neues Logo ersonnen, sozusagen als Dachmarke für die gesamte Branche: Der blau-weiße Schriftzug „Mehr Zukunft. Potsdam/Potsdam-Mittelmark“ solle künftig bei Werbe- oder PR-Maßnahmen auftauchen, aber auch auf sogenannten Kampagnen-Webseiten, so Berger. „Wir wollen hier vom Nutzer aus denken und Seiten zu bestimmten Themen anbieten.“ Wenn jemand beispielsweise bei Google nach einem Laborstandort oder nach der Behandlungsweise für eine bestimmte Krankheit sucht, soll er über eine „Mehr Zukunft“-Seite zu den Unternehmen oder Institutionen in Potsdam und Potsdam-Mittelmark gelenkt werden. Damit die Seiten bei der Suchmaschine möglichst weit oben landen, sollen bestimmte Schlüsselwörter definiert werden. „Denn wer nicht im ersten Drittel auftaucht, ist ja quasi nicht existent“, so Berger.

Wer das Konzept mit Leben füllt, steht noch nicht fest. Die Umsetzung werde nun ausgeschrieben, so Jakobs. Spätestens im Juni soll die Kampagne dann starten, 300 000 Euro stehen dafür für die kommenden zwei Jahre zur Verfügung. Finanziert wird die Kampagne zu drei Vierteln von der Investitionsbank des Landes Brandenburg, Potsdam und Potsdam-Mittelmark teilen sich das übrige Viertel auf.

Für das Kampagnenkonzept wurde die Branche vorab analysiert. Demnach sind derzeit in der Region 140 Biotechnologie- oder Medizintechnikunternehmen ansässig – sogenannte Vorleistungs- und Zulieferindustrien bereits mit eingerechnet. 53 davon sitzen in der Landeshauptstadt, 87 in Potsdam-Mittelmark. Hinzu kommen für die Gesamtregion zehn Krankenhäuser, fünf Rehakliniken und 28 Forschungs- und Bildungseinrichtungen.

Als bundesweit großer Player gilt die Region bislang nicht. Da hätten sich vor allem Cluster in Bayern, Nordrhein-Westfalen oder im Stuttgarter Raum einen Namen gemacht, wie Claudia Englbrecht vom Biotechnologie-Bundesverbandes Bio Deutschland den PNN sagte. „Auch Berlin hat in den letzten Jahren ziemlich aufgeholt.“ Dass sich Regionen wie jetzt Potsdam und der Landkreis zusammenschließen, mache durchaus Sinn. Schließlich könnten so Synergien genutzt werden. Auch aus der Wirtschaft war in der Vergangenheit immer wieder der Ruf nach mehr Zusammenarbeit mit anderen Regionen gekommen.

Dass die Region nicht mit Süddeutschland verglichen werden könne, sei klar, so der Landrat von Potsdam-Mittelmark, Wolfgang Blasig (SPD). Schließlich fehle es hier am historischen Hintergrund und an großer Industrie. Dennoch könne sich die Branche in der Region durchaus mit anderen messen. „Hier arbeitet ein Riese, nur ohne dass viele davon wissen“, so Blasig. Aus Sicht von Potsdams Rathauschef Jakobs könnte der Riese noch größer werden. „Die Branche hat großes Potenzial, da ist durchaus noch Wachstum möglich“, sagte er. Fachkräfte gebe es angesichts der vielen Ausbildungsstätten genug. „Wir haben allein 3000 Uni-Absolventen pro Jahr. Die wollen wir hier behalten.“

Von den Unternehmen werde die Kampagne Jakobs und Blasig zufolge begrüßt. Das bestätigte auch Martina Döring, Geschäftsführerin der Biotechnologie-Firma aevotis, die ihren Sitz auf dem Potsdamer Biotech-Campus Hermannswerder hat. Der Ansatz der Kampagne sei sehr gut, sagte sie den PNN, auch seien die Unternehmen frühzeitig in die Entstehung des Konzepts miteinbezogen worden. Die Branche könne so sichtbar gemacht werden, deutschlandweit wie auch international. „Mit Sicherheit wird der Standort nicht so gesehen, wie er es verdient“, so Döring. Auch eine Verzahnung der Unternehmen mit Universitäten und Instituten sei wichtig. „Was uns hier fehlt, ist die große Industrie als Partner. Umso wichtiger ist eine bessere Wahrnehmung des Standorts.“

Die Unternehmerin machte auch auf ein anderes Problem der Branche aufmerksam: Vor allem junge Unternehmen hätten oft Schwierigkeiten, Mietflächen zu angemessenen Preisen zu finden. Innovationszentren wie jenes in Golm seien gut, ab einer bestimmten Größe wird es dort aber zu eng. Wichtig seien deshalb weitere Flächen für Ansiedlungen, so Döring. (mit mat)

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