zum Hauptinhalt
Der Waschbär bedient sich gern am Obst in Potsdamer Gärten.

© Klimek/dpa

Wilde Tiere in und um Potsdam: Wildes Potsdam

Tierische Nachbarn: Potsdam ist nicht nur bei Menschen beliebt – auch viele wilde Tiere fühlen sich hier zu Hause. Um sie zu beobachten, muss man aber wissen, wo und wie sie leben. Ein Überblick.

Potsdam - Ein Huschen, ein Rascheln im Gebüsch, Gezwitscher über den Dächern: Die Unesco-Welterbe-Stadt Potsdam ist reich besiedelt mit wildlebenden Tieren, von einem der kleinsten Räuber der Welt bis hin zu seltenen Vogelarten. Wer gut hinsieht und seine Ohren öffnet, kann hier und da so einiges erleben. Einen Überblick über das wildes Leben in und um Potsdam haben die PNN zusammengestellt.

Aus der Vogelperspektive

„Ja, das stimmt, der Eisvogel brütet regelmäßig hier in Potsdam“, sagt Ornithologe Manfred Pohl vom Naturschutzbund (Nabu) in Potsdam. Der in Norddeutschland selten anzutreffende Eisvogel habe es tatsächlich geschafft, sich an die in Brandenburg herrschenden Wetterverhältnisse anzupassen und seine Nester im Weltkulturerbe zu errichten. Eigentlich ziehe er wärmere Gefilde vor, so Pohl. Zum Wohlfühlen benötige der Eisvogel vor allem klare Gewässer mit kleinen Fischen als Nahrungsgrundlage. Der „fliegende Edelstein“, wie Pohl ihn aufgrund seiner Farben bezeichnet, steht unter sogenannter geschützter Beobachtung. Deshalb offenbart Pohl wenige Orte, an denen der Eisvogel gesichtet werden kann. Demnach kommt der etwa 16 bis 18 Zentimeter große Fischjäger unter anderem auf den Nuthewiesen vor, wo er mit viel Glück beobachtet werden kann. Gelegentlich ist er auch an Potsdams Seen gesichtet worden. Der Eisvogel brüte zwei- bis dreimal im Jahr in Potsdam, um einem potentiellen Verlust von Jungtieren im Winter vorzubeugen.

Der Wildpark im Westen Potsdams dagegen gilt als Refugium für eine der größten Graureiherkolonien Brandenburgs. Schätzungen zufolge befinden sich dort derzeit etwa 200 Brutpaare, die zusammen eine Fläche von etwa drei Hektar einnehmen. Die bis zu einen Meter großen Vögel nisten jedes Jahr erneut im Potsdamer Wildpark und dürfen aufgrund der Brut zwischen Februar und August auch nicht von Besuchern gestört werden. Im Gegensatz zum Eisvogel fliegen die Reiher im Herbst in den Süden, kommen aber regelmäßig zur Aufzucht der Jungtiere nach Potsdam zurück.

Der ebenfalls den Schreitvögeln zugehörige Storch hatte es dieses Jahr nicht leicht in Potsdam. Die anfängliche Trockenheit machte den Jungtieren der Störche zu schaffen, letztes Jahr kam es aufgrund von Nahrungsmangel und Kälte sogar dazu, dass die Eltern Jungtiere aus dem Nest werfen mussten, um wenigstens eines oder zwei ernähren zu können. Insgesamt gibt es 14 Storchenhorste in Potsdam, einer davon ist in Drewitz. Laut Zählung gibt es dieses Jahr 15 Jungtiere, sagt Pohl. Zum Vergleich: in der Vergangenheit habe es schon bis zu 21 Jungtiere gegeben. 2015 hingegen schafften es sogar nur sechs Jungstörche, aus ihren Nestern zu fliegen.

Nicht nur am Meer, auch in Potsdam sind Möwen unterwegs. Sogar die kleinste brütende Möwe Mitteleuropas verschlägt es bis in die brandenburgische Hauptstadt: Die 35 bis 39 Zentimeter große Lachmöwe ist ein Stand- und Zugvogel und brütet normalerweise auf abgeschiedenen Inseln und Klippen am Meer. Neben der Lachmöwe gibt es hier in Potsdam auch die Sturmmöwe – sie wird 40 bis 45 Zentimeter groß – und die in Mitteleuropa am häufigsten vorkommende Silbermöwe. Letztere zählt mit 55 bis 67 Zentimetern zu den größten ihrer Art.

Jäger am Himmel

Im Juni wurde im Havelland der 2001. Fischadler beringt. In ganz Europa ist dieser 50 bis 66 Zentimeter große Greifvogel vom Aussterben bedroht. Bundesweit gibt es bis zu 600 Brutpaare, in der Region sind es zwischen 50 und 60. Mit Geduld und Glück kann einer der Jäger der Lüfte in Golm oder Marquardt gesehen werden, sagt Manfred Pohl. Mit Nisthilfen und von Menschen erbauten Nestern konnte ein 1987 angesiedeltes Brutpaar die Population der Fischadler im Potsdamer Umland vorantreiben. Aufgrund der vielen Seen und Flüsse finden die Tiere hier reichlich Nahrung.

Ein kleinerer, in der Stadt anzutreffender Greifvogel ist der Turmfalke. Seinen Namen trägt der circa 35 Zentimeter große Falke aufgrund seines Brutplatzes. Er nistet bevorzugt hoch oben in alten Gebäuden und Gemäuern. Laut Pohl gibt es in Potsdam geschätzt zehn Brutpaare, die mitunter auch in der Innenstadt zu sehen sind. Die Friedenskirche und das Stadthaus etwa sind sehr beliebte Nistplätze für die Hauswandbewohner der Stadt.

In der Abenddämmerung und nachts treiben zwei weitere Jäger geräuschlos ihr Unwesen. Der Waldkauz und die Waldohreule beginnen dann ihre Jagd nach Mäusen. Sie sind unter anderem im Park Sanssouci, Park Babelsberg und vereinzelt in Großgärten Potsdams zu beobachten. Die circa 40 Zentimeter großen Nachteulen können in kälteren Monaten auch tagsüber gesichtet werden, denn bei Nahrungsknappheit gehen sie auch auf die Suche nach Kleinvögeln, Ratten und sogar Maulwürfen. Die Populationen der beiden in Mitteleuropa sehr häufig vorkommenden Eulen halten sich „Ok“, wie Pohl sagt.

Kleine Räuber

Auch eines der kleinsten Raubtiere der Welt lebt in Potsdam: Das zwischen 11 und 30 Zentimeter große Mauswiesel ist ein Artverwandter des Marders und oft Einzelgänger. Mit viel Glück können diese kleinen Jäger im Park Sanssouci im Areal rund um das Kuhtor gesichtet werden. Dort leben sie in dichtem Gebüsch, Holzstapeln oder alten Steinhaufen. Aktiv werden sie entweder zur Tages- oder zur Abenddämmerung, um auf Nahrungssuche zu gehen. In ihr Beuteschema fällt vor allem die Maus, bei Nahrungsknappheit weicht das Mauswiesel aber auch auf Kleinvögel, Junghasen und auch Eidechsen aus.

Ein weiterer Verwandter des Maders ist der putzige Waschbär. Der aus Nordamerika stammende Kleinbär ist in Potsdam als Früchtedieb unterwegs. Waschbären plündern derzeit die Gärten und Abfalleimer Potsdams, um an leckere Früchte zu kommen, die in den Gärten und Parks gedeihen, sagt der Vorsitzende des Jagdverbandes Potsdam, Mario Gersonde. Die bis zu 70 Zentimeter großen Tiere sind sehr gerissen und können bei ihrem Raubzug auch Schäden an Zäunen oder der Bepflanzung hinterlassen. Die Stadt Potsdam weist ausführlich darauf hin, dass Füttern mit Nahrungsresten und Abfällen – auch ungewollt – innerhalb der Stadt vermieden werden soll, da die Säugetiere über ein sehr gutes Gedächtnis verfügen und an frühere Futterstellen zurückkehren.

Ebenso gerissen, aber weniger frech, ist der Fuchs. Auch er ist in Potsdam mitunter zu beobachten, streunt aber fast nur nachts um die Häuser. Bei der Suche nach Nahrung legt der Rotfuchs mehrere Kilometer in der Nacht zurück und durchquert dabei mehrere Stadteile. Öfter ist er in ungestörteren und ruhigeren Gegenden wie Alt-Drewitz oder Babelsberg unterwegs. Wie Jagdverbandschef Gersonde sagt, sind auch schon Meldungen von besorgten Eltern eingegangen, die einen Fuchs auf Spielplätzen in der Innenstadt gesichtet haben. Das Tier sei jedoch nicht aggressiv und meide Menschen, bei Begegnung soll Ruhe bewahrt werden, damit der Fuchs die Möglichkeit hat, zu verschwinden.

Wildschwein & Reh

„Die Stadt ist ja nicht mit einem Zaun abgeriegelt“, sagt Jagdverbandschef Mario Gersonde. Wildschweine – der Jäger spricht von Schwarzwild – kommen natürlich auch in Potsdam vor. Nahrungsquellen sind liegengelassene Müllreste, Mülltonnen oder Komposthaufen – alles optimale Futterstätten. In den Stadtteilen Richtung Wannsee oder dem Königswald könnten Wildschweine vermehrt beobachtet werden – dort gibt es viele Gärten mit Komposthaufen. Nur noch selten sind die Wildschweine dagegen in den innerstädtischen Parks und Gärten anzutreffen, da diese meist abgezäunt sind. Falls sie sich ins Stadtinnere begeben, dann ausschließlich zu trockenen Jahreszeiten, um an Abfallreste zu gelangen.

Wie bei den Wildschweinen gibt es keine genaue Bestandszählung für Rehwild in und um Potsdam. Selbst als Jäger in Potsdam sehe man „sowieso nur die Hälfte des eigentlichen Bestandes“, sagt der Sprecher des Landesjagdverbandes Brandenburg, Tino Erstling. Rehpopulationen gibt es in Potsdam im Park Sanssouci, im Park Babelsberg oder auf den Nuthewiesen. Die Tiere suchen meist Schutz in ruhigen Gebieten, können sich aber auch aufgrund der Nahrungssuche näher ans Stadtinnere begeben.

Angenagt

Der Biber ist das größte einheimische Nagetier. Bundesweit gibt es circa 6000 Exemplare, 1500 davon in Brandenburg. Wie viele Biber in Potsdam leben, ist unbekannt. Biberfamilien fühlen sich hier aber wieder wohl. „Seit neun Jahren haben wir eine stabile Biberpopulation“, sagt Christiane Schröder, beim Nabu Potsdam für Säugetiere zuständig. Massiv gestört würden die Biberfamilien von Aufräumarbeiten an den Ufern: Etwa, wenn Weichhölzer wie zum Beispiel Weiden, die als Baugrundlage für die Wohnburgen dienen, von den Flussufern entfernt werden. Lebensraum des Bibers ist vor allem die Nuthe mit den Nuthewiesen. Eine kleinere Population gibt es auch am Maschinenteich im Park Sanssouci.

Das große Flattern

Nach Sonnenuntergang fliegen kleine, circa 14 Zentimeter große Säuger über die Stadt. 18 verschiedene Fledermausarten gibt es in Brandenburg, allein 14 davon in Potsdam. Darunter auch eine der seltensten Arten weltweit: das Große Mausohr. Dieses Jahr gibt es wenig Nachwuchs, sagt Schröder. Wegen des zunehmenden Sprühmitteleinsatzes in den Gärten und auf Feldern gebe es kaum noch Insekten, die Hauptnahrung der Fledermaus. Das Gift wirke sich über die Muttermilch vor allem auf die Jungtiere aus und sorge dafür, dass sie nicht genug Winterfett ansetzen können. Der Nabu kümmert sich regelmäßig um die Fledermausquartiere, etwa auf dem Krampnitzer Kasernengelände, im Schloss Charlottenhof, auf dem Brauhausberg sowie in den Kellergewölben im Park Sanssouci.

Patrick Bellin

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false