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In der ehemaligen Kaserne Krampnitz will die Stadt rund 1600 Wohnungen schaffen. EIn Rechtsstreit behinderte das Vorhaben über Jahre.

© L. Hannemann

Wie Potsdam auf die Investoren für Krampnitz zugeht: Tauwetter nach langer Eiszeit

Im Streit um die Zukunft der Krampnitz-Kaserne zeichnet sich eine Lösung ab, Investoren und Stadt könnten sich vertragen. Dann käme die TG Potsdam wieder zum Zuge.

Potsdam - Annäherung statt Konfrontation: Im juristischen Ringen um das Gelände der ehemaligen Kaserne Krampnitz ist nun doch ein Kompromiss möglich – zwischen der Stadt Potsdam, dem Land Brandenburg und den umstrittenen Käufern des Areals, der sogenannten TG Potsdam. Selbst eine gemeinsame Entwicklung des Areals zum Vorzeigestadtviertel für 3800 Menschen scheint nach PNN-Recherchen nicht mehr ausgeschlossen – und das nach der Affäre um die vor Jahren zu einem ungewöhnlich günstig erscheinenden Preis verkaufte Landesimmobilie.

Doch nun könnte die TG unter neuer Führung wieder zum Zuge kommen. Wie berichtet hatte diese nach jahrelangem Rechtsstreit zuletzt dem Land und auch der Stadt Potsdam weitreichende Zusicherungen versprochen – wohl um Zweifel an ihrer Seriosität zu zerstreuen. Der für die Stadt zuständige Entwicklungsträger (ET) hat nun geantwortet. Dessen Chef Bert Nicke sagte auf PNN-Anfrage: „Wir haben die TG Potsdam gebeten, sich bis zum 28. September zu äußern, ob jetzt ein Vergleich gemäß der gesetzlichen Anforderungen angestrebt wird.“ Für diesen Fall habe die Stadt zugesagt, unmittelbar in Vergleichsverhandlungen zu treten. Nicke: „Bei erfolgreichem Abschluss ist eine Entwicklung des Areals im Konsens möglich.“ Für die TG sagte Anwalt Karl-Josef Stöhr, man sei jetzt zuversichtlich, dass es zu einer gemeinsamen Entwicklung des Standorts Krampnitz kommen werde: „Die Sache ist auf einem guten Weg.“

Wer kann die Kaserne Krampnitz zu einem Wohngebiet entwickeln?

Das wäre auf jeden Fall etwas Neues. Über Jahre schon liefern sich Stadt, Land und TG juristische Scharmützel zur Frage, wer die Kaserne zu einem Wohngebiet entwickeln kann. Da dort noch viele denkmalgeschützte Bauten stehen, lassen sich bei einer Entwicklung erhebliche Steuervorteile geltend machen. Ausgangspunkt des Streits war die sogenannte Krampnitz-Affäre vor fünf Jahren. Es ging um den Vorwurf, dass unter dem früheren Finanzminister Rainer Speer (SPD) die Krampnitzer Kaserne unter dubiosen Umständen verscherbelt worden sei – an völlig andere Käufer als an die 2007 dem Landtag vorgestellte dänische Thylander-Gruppe. Die TG hatte rund vier Millionen Euro gezahlt – nach einem Gutachten der Staatsanwaltschaft Potsdam war die Landesimmobilie 2007 aber rund 9,7 Millionen Euro wert. Zudem hatte die TG auch die Entwicklung zum Wohngebiet versprochen – allerdings passierte auf dem Gelände jahrelang nichts. Die Affäre zog einen Untersuchungsausschuss des Landes nach sich, Ermittlungen der Staatsanwaltschaft verliefen weitgehend im Sande.

Inzwischen gehört die TG dem Leipziger Unternehmer Oliver Bechstedt, frühere Protagonisten sind nicht mehr an Bord. Zugleich sind am Oberlandesgericht Berlin-Brandenburg diverse Verfahren anhängig, bei denen Stadt und Land auf die Rückabwicklung der damaligen Verträge drängen. So will die Stadt inzwischen Krampnitz selbst entwickeln und hatte einen früheren städtebaulichen Vertrag gekündigt. Er hätte der TG Investitionen in Krampnitz möglich gemacht. Auch gegen die Kündigung hat das Unternehmen Widerspruch eingelegt. Beim Verfahren des Landes gegen die TG auf Rückabwicklung der Kaufverträge hatte sich eine Niederlage des Landes abgezeichnet.

Weiterer Verfall

Die lange Verfahrensdauer hat Spuren in Krampnitz hinterlassen – wie erst im Juni berichtet, verfallen die Denkmale weiter. Damals hatte die Bauverwaltung unter ihrem wegen seiner Hausbau-Affäre inzwischen suspendierten Dezernenten Matthias Klipp (Grüne) bereits Zwangsmaßnahmen gegen die TG verhängt, um sie zur Sicherung von Denkmalbauten in Krampnitz zu zwingen. Die TG kündigte ihrerseits rechtliche Schritte an. Nach dem Abgang von Klipp, der Krampnitz ohne die TG entwickeln wollte und sogar eine Enteignung ins Auge gefasst hatte, nähern sich beide Seiten nun an. Laut TG-Anwalt Stöhr wird über Sicherungsmaßnahmen verhandelt. Das bestätigte auch ET-Chef Nicke: „Wir streben an, die Maßnahmen unverzüglich selbst durchzuführen.“ Wer die Kosten letztendlich trägt, werde noch besprochen. Unter anderem müssen Bauten vor Witterung geschützt und damit Dächer, Eingänge sowie Fenster versiegelt werden.

Für eine dauerhafte Zusammenarbeit aber formuliert Nicke Bedingungen, die über jene hinausgehen, die wie berichtet das Land gegenüber der TG erhoben hat: So müsse ein neuer städtebaulicher Vertrag abgeschlossen werden, so Nicke. Dazu gehöre eine detaillierte Beschreibung der Bauvorhaben nebst Vertragsstrafen bei Nichterfüllung, die Zahlung von Ausgleichsbeträgen und etwa eine Klausel, dass Krampnitz an Potsdam fällt, wenn der Vertrag nicht erfüllt wird. Damit will sich die Stadt Potsdam absichern: Auch der neue TG-Eigner Bechstedt ist nicht unumstritten. Dieser hat sich etwa mit der Sanierung denkmalgeschützter Immobilien einen Namen gemacht – aber auch mit einem nach Ansicht von Anlegerschützern umstrittenen Vermarktungsmodell. TG-Anwalt Stöhr gibt sich kompromissbereit: „Wir werden sowohl die Forderungen des Landes als auch die der Stadt und des Entwicklungsträgers erfüllen.“

Bauern sehen ihre Existenz bedroht

Zweifel an dem neuen Kurs haben Kommunalpolitiker. Die Fraktion Die Andere will von der Verwaltung wissen, ob und welche Nachteile der Stadt nun entstehen und ob Stadtverordnetenbeschlüsse zu Krampnitz damit überholt werden. Und: Auch wenn TG und Stadt sich vergleichen, laufen weitere Gerichtsverfahren. Wie berichtet klagen Anrainer gegen die Pläne – einige Bauern sehen ihre Existenz bedroht, weil sie auf Flächen verzichten müssen, für die sie aus ihrer Sicht nur eine unzureichende Entschädigung erhalten.

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