zum Hauptinhalt

Wie groß ist das Angebot?: Ärger wegen „Airbnb“-Vermietungen in Potsdam

Das Rathaus führt keine Statistik zu „Airbnb“-Vermietungen in Potsdam. OB-Kandidat Boede: „Wie will man so Wohnraum planen?“

Potsdam - Die Angebote sprießen aus dem Boden: In Potsdam werden immer mehr Wohnungen und Zimmer über Online-Plattformen wie „Airbnb“ vermietet. Für Touristen und Geschäftsreisende ist das äußerst praktisch. Vorbei sind die Zeiten, in denen man dutzende Webseiten von Hotels und Pensionen nach freien Zimmern durchsuchen musste. Mit nur wenigen Klicks auf dem Smartphone ist die Unterkunft für den Urlaub oder Kurztrip gebucht. Und dazu ist es noch günstig.

Tatsächlich bringt das aber auch Probleme mit sich. So machte die Wählergruppe Die Andere kürzlich in einer Anfrage an das Potsdamer Rathaus deutlich: „Uns liegen mehrere Beschwerden von Bürgern vor, die berichten, dass in ihrer Nachbarschaft ganze Wohnungen oder möblierte Zimmer zu gewerblichen Zwecken an Tagesgäste vermietet werden.“ Öffentlich äußern wollen sich diese Bürger aber nicht, sie fürchten negative Konsequenzen durch ihren eigenen Vermieter. Wegen dieser Beschwerden wollte Die Andere wissen, für wie viele Wohnungen eine Umnutzung in gewerblicher Form beantragt wurde. Die Stadt aber führe dazu keine Statistik, antwortete das Rathaus. Denn dafür besteht keinerlei Erlaubnispflicht – ein „Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“ galt in Brandenburg nur bis 2004. Dann wurde es ersatzlos aufgehoben.

Pro Potsdam hat einem Mieter wegen unerlaubter Untervermietung eine Abmahnung erteilt

Dass die Umnutzungen durch Wohnungseigentümer nicht erfasst werden, ist für Lutz Boede von Die Andere unverständlich. „Wie will man Wohnraum denn solide planen, wenn man nicht weiß, ob eine Wohnung als Ferienwohnung oder Mietwohnung vermietet wird?“, fragte er. Er finde es deshalb bemerkenswert, dass die Stadtverwaltung keine Statistiken zu den Umnutzungen führt. „Unser größtes Problem ist, dass Vermieter merken, dass sie auf diese Weise noch mehr Geld verdienen können“, sagte Boede, der für Die Andere als Oberbürgermeisterkandidat antritt.

Zu den Fällen, in denen Vermieter ihren Wohnraum umnutzen, kommen noch weitere hinzu: Denn auf den Online-Portalen tummeln sich auch Angebote von einfachen Mietern, die ohne Absprache mit dem Vermieter ihre Wohnungen oder Zimmer untervermieten. Eine PNN-Umfrage unter Potsdams größten Vermietern zeigt aber: Den Wohnungseigentümern sind solche Fälle bislang fast gar nicht bekannt geworden. Lediglich bei der kommunalen Pro Potsdam registrierte man eine rechtswidrige Untervermietung, sagte eine Unternehmenssprecherin auf PNN-Anfrage. Dem Mieter wurde eine Abmahnung erteilt. „Im Wiederholungsfall riskiert der Mieter eine Kündigung.“ Auf Airbnb-Jagd geht die Pro Potsdam deshalb aber nicht. Nur die Hausmeister achteten „in regelmäßigen Abständen auf eine regelwidrige Nutzung der Wohnungen“, so die Sprecherin.

Sowohl die Genossenschaft „Karl Marx“ als auch die Potsdamer Wohnungsgenossenschaft 1956 (PWG) registrierten dagegen bislang keine Fälle in ihren Wohnungen. Alle sind sich aber einig: Die Vermietung von Wohnraum über Online-Portale ist nicht gestattet. Eine PWG-Sprecherin sagte: „Wir haben so etwas bei uns noch nicht mitbekommen und kennen das nur aus den Medien.“

„Wohnungspolitisch sehr bedenklich"

Wie viele Angebote es derzeit auf der wohl beliebtesten Online-Plattform „Airbnb“ gibt, ist aber unklar. Eine entsprechende Anfrage bei dem Unternehmen blieb bis zum gestrigen Dienstag unbeantwortet. In dieser wollten die PNN auch wissen, ob es einen Mechanismus gibt, mit dem rechtswidrige Angebote durch Mieter verhindert werden. Fest steht nur so viel: Schon vor anderthalb Jahren gab es auf der Plattform mehr als 300 Unterkünfte in Potsdam. Sucht man jetzt auf der Plattform nach Angeboten, wird für Potsdam weiterhin nur „mehr als 300 Unterkünfte“ angezeigt – der Nutzer soll offenbar nicht von einer zu großen Zahl erschlagen werden.

Schon 2016 hatte eine Studie der Gesellschaft für Beteiligungen und Immobilienentwicklungen gezeigt: Jährlich werden in Potsdam fast 70 000 Übernachtungen über Internetportale wie „Airbnb“ in Potsdamer Privatunterkünfte vermittelt. 183 Wohnungen würden so dauerhaft dem Mietmarkt entzogen. Tendenziell dürften es inzwischen weit mehr sein. Auch damals hatte der Mieterbund schon kritisiert, dass die Umnutzung von Wohnraum in Potsdam nicht untersagt ist: „Wir halten es für wohnungspolitisch sehr bedenklich, wenn die Kommune einem Geschäftsmodell, welches dem Wohnungsbestand Wohnungen entzieht und dabei erhebliche private Gewinne erzielt, nicht entgegentritt.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false