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Vor dem Polizeieinsatz. Die Hochzeitsgesellschaft feierte im Garten.

© privat

Landeshauptstadt: Widersprüche im Fall Polterabend

Im Streit um das Ende eines Polterabends rechtfertigt die Polizei ihr gewaltsames Vorgehen gegen Gäste. Dabei kommen plötzlich Details zur Sprache, die gar nichts mit dem Abend zu tun haben.

Nauener Vorstadt - Nach einem Einsatz mit Pfefferspray und zwei Festnahmen auf einem Polterabend rechtfertigt die Polizei ihr Verhalten. In einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung schildert die Polizeidirektion West ihre Sichtweise – und macht einen Nebenschauplatz auf. Sie wirft einem der Partygäste vor, dem Nachbarn, der die Polizei gerufen hatte, gedroht und ihn zwei Tage später mit dem Auto verfolgt zu haben.

Wie berichtet war die Polizei am Freitagabend vergangener Woche wegen einer Ruhestörung zu einer Feier in die Puschkinallee gerufen worden. Dort feierte der Potsdamer Christian Müller mit seiner Braut einen Polterabend. Nach dem ersten Einsatz soll es rund zwei Stunden später zu einem weiteren Polizeieinsatz gekommen sein – angeblich, weil es immer noch laut war. Am Ende kam gegen mehrere Feiernde, darunter die künftige Braut, Pfefferspray zum Einsatz. Der Bräutigam und dessen Bruder verbrachten die Nacht in Polizeigewahrsam. Im Nachhinein warfen die Partygäste der Polizei Übergriffe vor. Fotos von der Feier zeigten keine aggressive Stimmung, sondern eine Runde in überschaubarer Größe.

Sechs Tage später ändert die Polizei die Darstellung des Geschehens. Zuerst hatte es geheißen, der Bräutigam hätte sich den Beamten gegenüber aggressiv verhalten und sei deshalb fixiert worden. Nun teilt die Polizei mit, der Mann habe sich der Personalienfeststellung entziehen wollen. Deshalb habe man ihn ergriffen und zu Boden gebracht.

In der neuen Erklärung der Polizei nimmt außerdem der Grundstückseigentümer Knud Brandis eine große Rolle ein. Im ersten Polizeibericht war er nicht erwähnt worden. Nun heißt es, schon beim ersten Einsatz sei „insbesondere der 42-jährige“ Brandis zur Ruhe aufgefordert worden. Außerdem taucht nun erstmals ein Notruf des Nachbarn auf, der die Polizei zuvor schon einmal gerufen hatte. Brandis – ebenfalls Gast des Polterabends – soll den Nachbarn nach dem ersten Besuch der Polizei aufgesucht und ihm Konsequenzen angedroht haben, sollte er nochmals die Polizei anrufen.

Brandis erinnert sich indes anders. Nachdem die Polizei verschwunden war, habe er den Nachbarn zusammen mit einem weiteren Gast und einem anderen Nachbarn aufgesucht. „Wir haben uns entschuldigt“, sagte er den PNN. Außerdem habe man den Mann gebeten, gern direkt Bescheid zu sagen, statt die Polizei zu rufen. Der Nachbar habe nicht darauf eingehen wollen. Dann seien die drei gegangen. Wenig später sei die Polizei wieder aufgetaucht, mit noch mehr Einsatzkräften.

Außerdem schildert die Polizeierklärung einen weiteren Vorfall zwei Tage später. Brandis habe den Nachbarn mit seinem Auto durch die halbe Stadt verfolgt „bis vor die Polizeidienststelle in der Henning-von-Tresckow-Straße“. Dabei sei er mehrfach dicht aufgefahren. Die Lebensgefährtin des Nachbarn hätte noch aus dem Auto heraus die Polizei verständigt. In der Innenstadt angekommen habe die Polizei Brandis gestellt, mit ihm wurde eine Gefährderansprache durchgeführt und eine Anzeige wegen Nötigung gegen ihn aufgenommen.

Brandis selbst bestreitet die Darstellung der Polizei. Zu Details wollte er öffentlich keine Stellung nehmen – mit Verweis auf das laufende Verfahren. Brandis stellte indes den ursprünglichen Polizeieinsatz weiter in Frage. Er sei unverhältnismäßig, unprofessionell und unrechtmäßig gewesen. Alle Nachbarn bis auf einen hätten angegeben, dass es gar keine Ruhestörung gegeben habe. Einer habe bei offenen Fenster geschlafen. mar

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