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WENDLANDS Sicht: Zum Lobe und zur Ehre Gottes!

Der Wiederaufbau der Garnisonkirche war noch nie so nah. Doch, nein, das stimmt nicht.

Der Wiederaufbau der Garnisonkirche war noch nie so nah. Doch, nein, das stimmt nicht. Wir waren schon mal viel weiter: 1966. Damals haben wir Geschossdecken aus Beton in die ausgebrannte Ruine eingebaut - mit Genehmigung der staatlichen Bauaufsicht Potsdam. Da lagen schon 16 Jahre Gemeindeleben in der neuen Turmkapelle hinter uns. 16 Jahre, die voller Hoffnung und Energie waren, voller Bestreben, den Krieg, den Irrtum und Missbrauch mit allen Folgen zu überwinden. Es wurde dort gebetet, gesungen, getauft, konfirmiert und getraut, es wurde Abendmahl gefeiert, kurz, es fand das ganze Gemeindeleben statt, so wie es vom Erbauer der Garnisonkirche, Friedrich Wilhelm I., und seinem Architekten Philipp Gerlach gewünscht und auch gelebt wurde. „Zum Lobe und zur Ehre Gottes“, so lautete auch die Widmung der Inschrift.

Selbstverständlich hat diese Garnisonkirche unendlich viele Facetten im Laufe ihrer Geschichte erhalten, negative und positive. Dazu gehört zum Beispiel auch die Geschichte von Otto Becker, dem Organisten der Garnisonkirche, der gleichzeitig die Orgel in der Synagoge spielte. Er hat in der Zeit der Nationalsozialisten für die Gefangenen im nahe gelegenen Untersuchungsgefängnis in der Lindenstraße zur Erbauung regelmäßig Choräle gespielt, nachdem eine Ehefrau eines Inhaftierten ihn darum gebeten hatte. Wir sollten aber auch anfangen, über die jüngste Vergangenheit zu sprechen und über ganz persönliche Geschichten von heute Lebenden. Vom ersten Wiederaufbau der Gerlachschen Kirche nach 1945, der jäh durch die Anordnung von Walter Ulbricht beendet wurde - die Kirche wurde 1968 gesprengt. Und persönliche Geschichten dazu gibt es sehr viele. 17 Jahre sind keine kurze Zeit, viel ist dort passiert. Zum Verhältnis: Die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft dauerte zwölf Jahre. Und wenn wir eine Kirche wiederaufbauen, sollten wir es für die Menschen und mit den Menschen tun. Ein Denkmal kann überall stehen, ein Erinnerungsort auch. Doch wir bauen mehr, wir bauen eine Kirche, in deren Mittelpunkt das Evangelium steht. In diesem Sinne wurde hier gelebt und auch die Heilig-Kreuz-Kapelle in die Garnisonkirche eingebaut. Die Inschrift in der Kapelle lautete: Er machte Frieden durch das Blut an seinem Kreuz. Es ist eine Friedenswidmung. Und wenn ich mir etwas wünschen dürfte - und ich weiß, dass ich hier für viele schreibe - dann dieses, dass in der neuen Kapelle dieser Spruch und die Anmutung dieser Kapelle wieder aufgenommen wird, denn es war für Christen damals ungleich schwerer als für uns heute, ihren Glauben zu bekennen und zu leben.

Und wir sollten heute nicht vergessen, dass wir nicht die Ersten sind, die diese Kirche wiederaufbauen. Eine neue Heilig-Kreuz-Kapelle sollte diese Facette der Garnisonkirchengeschichte widerspiegeln. Es wäre ein Signal, dass der damalige Wiederaufbau durch engagierte Christen nicht vergessen ist.

Christian Wendland

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