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Welterbe als Futterquelle: Waschbären und Wildschweine im Neuen Garten

Der Waschbär ist schon da, Wildschweine werden kommen. Im Neuen Garten fürchtet man eher Letztere.

Potsdam - Am frühen Abend lief er ihm über den Weg: Ein ausgewachsener Waschbär. Tobias Billert, Inhaber einer Praxis für Physiotherapie in der Seestraße, war im Neuen Garten spazieren, als das Tier in Höhe der Eremitage aus dem Gebüsch auftauchte und dann runter zum Wasser rannte. Der Waschbär hatte es nicht übermäßig eilig, Billert fotografierte und machte sogar ein Video. Das war Mitte August. Seitdem wurde wiederholt ein Waschbär in Gärten und auf Straßen der Berliner Vorstadt gesehen. Die Fotografin Monika Schulz-Fieguth sah kürzlich einen durch ihren Garten spazieren, „ganz friedlich, ohne Unfug zu treiben“. Auch der Maler Christian Heinze und seine Frau Ute haben bisweilen Waschbärenbesuch. Im Sommer sind sie selten zu sehen. Im Winter schauen sie schon mal durchs Fenster ins Wohnzimmer, sagt Ute Heinze. „Sie holen sich gerne Futter aus dem Vogelhäuschen.“

Ob der Bär, den Billert im Neuen Garten gesehen hat, aus der Seestraße rübergekommen ist, ist schwer zu sagen. Auch Sven Kerschek vom Fachbereich Gärten der Schlösserstiftung und zuständig für den Neuen Garten weiß nicht, wie groß das Waschbär-Territorium ist. „Die Tiere sind sehr anpassungsfähig.“ In der Stadt kommen sie mit weniger Platz aus, in der Wildnis leben sie gerne auf größerem Fuß. Für den Hinweis zum Auftauchen eines Exemplars ist er dankbar. „Ich werde mir das gleich mal anschauen.“

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Auch Gebäude sind nicht sicher vor Waschbären

Zwei mal im Jahr, zur belaubten und zur unbelaubten Zeit, macht er ohnehin eine Baumbesichtigung im Neuen Garten und begutachtet die 6900 Bäume im Park. Sollte in einem ein Waschbär wohnen – die Tiere suchen sich gerne alte Baumhöhlen – dann würde man das erkennen, sagt Kerschek. „Da finden sich drumherum Kratz- oder Kotspuren.“ Ein oder zwei Bären im Baum, auch wenn die immer wieder Blumenzwiebeln aus den Beeten ausbuddeln, wären allerdings noch kein Ärgernis.

Problematisch wird es erst, wenn die Tiere in Gebäude ziehen. Vor drei Jahren hausten sie gemütlich unterm Dach im Schloss Cecilienhof – und richteten dort einigen Schaden an Dämmung und Mauerwerk an. Sie mussten schließlich mit Lebendfallen gefangen werden. Im Zuge der gerade erfolgten Sanierung des Schlosses wurde der Dachboden anschließend waschbärensicher gestaltet. „Aber man weiß ja nie, das sind kluge Kerlchen“, sagt Kerschek. „Die wissen sogar, wie man einen Dachziegel anhebt.“

Dennoch: es gibt andere Wildtiere, die ihm zurzeit mehr Sorgen bereiten. Füchse zum Beispiel. Mindestens fünf leben aktuell im Park. Solange sie im Gehölz ihre Baue oder Höhlen haben, stören sie nicht weiter. Aber meist durchwühlen sie die Wiesen, buddeln genau dort auch große unterirdische Baue – und zerstören damit die Gartengestaltung. Außerdem bringen sie unter Umständen den Fuchsbandwurm, der sich über den Kot der Tiere verbreitet. Gefährlich für Parkbesucher, die hier auf den Wiesen lagern und picknicken und vielleicht noch Beeren von den Sträuchern naschen.

Das ist der Waschbär im Neuen Garten in Potsdam.
Das ist der Waschbär im Neuen Garten in Potsdam.

© Tobias Billert

Wildschweine scheren sich nicht um die Ländergrenze zwischen Berlin und Brandenburg

Die größten Nervereien gibt es allerdings nach wie vor mit Wildschweinen. Schon in den vergangenen Jahren durchwühlten sie immer wieder Potsdamer Parks, bis vom Rasen stellenweise nur nur noch unansehnliche schwarze Brachen übrig waren. Auch in diesem Jahr wurde schon ein Einfall gesichtet, im Neuen Garten auf der Höhe der Eremitage. „Die kommen über die Havel“, sagt Kerschek, Schweine sind gute Schwimmer. Der neue Garten ist zurzeit sehr verlockend. Die Wildschweine finden hier jede Menge Eicheln. „Wenn sie sich damit vollgefressen haben, brauchen sie, als Ausgleich nach den Kohlenhydraten, eine Portion Proteine. Also durchwühlen sie anschließend die Wiesen nach Engerlingen und anderem Getier.“ Auch Blumenzwiebeln, aus denen eigentlich Frühblüher spießen sollen, finden sie lecker.

Weil die Parkjäger nur nachts und mit allergrößten Sicherheitsauflagen jagen dürfen, ist es schwer, die wilden Eindringlinge in Schach zu halten. Auch das Hin und Her zwischen Berlin und Potsdam und damit zwischen den Zuständigkeiten zweier Länder macht es nicht einfacher. Ein überregionales Wildschweinemanagement müsste her, um die Tiere schon vor dem Einfall in städtisches Gelände und Parks zu erwischen. Es gibt allerdings grundsätzlich zu wenige Jäger, die das zeitaufwändige und teure Hobby pflegen und für solche Aufräumarbeiten, noch dazu verbunden mit einem schlechten Image, zur Verfügung stehen. Kerschek befürchtet, dass die Wildschweine in diesem Jahr noch mehr Schäden als im vergangenen anrichten werden.

Dagegen sind die zwei Rehe, die hin und wieder auf den Wiesen zu sehen sind, eine wahre Freude und optische Aufwertung. Was sie an Gräsern und Blattspitzen wegknabbern, kann der Park gut kompensieren. Sie erfreuen außerdem die Besucher. Weniger schön sei es, wenn freilaufende Hunde die scheuen Rehe verschrecken.

Das Wildtiermanagement des Königs – Wildschweine und Rehe hatte er schließlich auch in seinem Park – sah übrigens nicht viel anders aus als heute: Abschießen, was zu viel ist. Allerdings hatte es der König leichter, da der Park nicht öffentlich war. Der Familienspaziergang durch den Schlosspark wurde eben verschoben und die Jäger konnten ihre Arbeit erledigen. „Und abends wurde lecker gemeinsam gegessen“, sagt Kerschek.

Der aktuelle Waschbär im Neuen Garten hat aber nichts zu befürchten. „Es gibt von meiner Seite keinen Handlungsbedarf, aber ich werde die Umgebung beobachten,“ sagt Kerschek.

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