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Weinfest in Potsdam: Genießen wie der Alte Fritz

Beim 7. Weinfest auf dem königlichen Weinberg am Klausberg konnte man trefflich flanieren, entspannen und Weine verkosten. So wie einst Friedrich II. womöglich, der den Berg anlegen ließ.

Potsdam - „Schade, dass man einen Wein nicht streicheln kann“, denn die Weine beim dieses Jahr zum siebten Mal stattfindenden Weinfest auf dem königlichen Weinberg hätten es allesamt verdient. Kurt Tucholsky, von dem dieser Ausspruch stammt, hätte am vergangenen Wochenende am Klausberg seine wahre Freude gehabt. Der nur selten für die Öffentlichkeit zugängliche Weinberg lud am Wochenende zum Lustwandeln und zur Verköstigung ein.

Bei bestem Wetter und versorgt mit edlen Tropfen konnten die Besucher sich in den Berg setzen, picknicken, lesen oder einfach die Seele baumeln lassen und dabei den einen oder anderen Schluck probieren. Zahlreiche Besucher nutzten die Gelegenheit, um den erst in den letzten Jahren aus der Vergessenheit geholten Ort wiederzuentdecken und zu erkunden.

Dabei blickt der Weinbau in Potsdam auf eine lange Tradition zurück: 1768 – das Neue Palais stand kurz vor seiner Fertigstellung – unterbreitete der vermutlich aus dem Rheinland stammende Gardegrenadier Werley Friedrich II. den Vorschlag, im Park Sanssouci einen Weinberg einzurichten. Friedrich der Große zeigte sich begeistert und beauftragte Werley mit der Umsetzung. So entstand 1769 der königliche Weinberg auf dem Klausberg, der neben verschiedenen Rebsorten auch Obst für die königliche Tafel beheimatete. Von der Aussicht vom Klausberg angetan, ließ der preußische König im selben Jahr das Belvedere errichten, das er zeitlebens vermutlich nur zwei- oder dreimal besuchte.

Eigens für seinen Weinbauern ließ Friedrich der Große das Winzerhaus im Stil einer chinesischen Pagode, das sogenannte Drachenhaus, errichten, in dem Werley wohnen sollte. Dieser verlor jedoch binnen weniger Jahre – vermutlich aufgrund mangelnder Erträge – die Gunst des Monarchen, der 1772 die Obhut über seinen Weinberg seinem Hofgärtner Heinrich Christian Eckstein übertrug. Der Weinberg, der im Laufe der Jahre modernisiert und um Gewächs- und Maschinenhäuser erweitert wurde, blieb bis 1945 in Betrieb, wurde aber durch das Weltkriegsgeschehen zerstört und in Teilen als Reparationsleistung an die Sowjetunion abtransportiert.

Erst 2006 wurde der Weinberg reaktiviert. Durch die Hilfe verschiedener Stiftungen, Vereine und das Land Brandenburg konnte das Areal rekonstruiert werden, sodass die Mosaik-Werkstätten für Behinderte von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten mit der Bewirtschaftung beauftragt werden konnten. Unterstützt wird das Projekt Weinberg auch durch den Potsdamer Lions-Club, an dessen Stand während des Weinfestes die auf dem Weinberg gewonnen Weine ausgeschenkt werden: der Weißwein Phönix 2016, der aus den Rebsorten Bacchus und Villard Blanc gekeltert wird und der Rotwein Regent 2016 – vor allem Letzterer hervorragend geeignet, um die milde Abendsonne am Weinberg zu genießen und den Blick über die Reben schweifen zu lassen.

Neben den hauseigenen Weinen schenken Winzer aus zwölf deutschen Weinbauregionen und dem Gastland Frankreich ihre Tropfen aus. Für den sonnenreichen Nachmittag nahezu prädestiniert erscheint der 2016er Rotling des Weingutes Jonas, der entsprechend temperiert genossen werden sollte. Überraschend ist die Vielfalt regionaler Winzer, die sich hier präsentieren: Der Weinverein Werder etwa, der nicht nur die bekannten Obstweine keltert, sondern auch Rebsorten wie Müller-Thurgau und Regent. Diese Sorten teilt er sich mit dem dritten brandenburgischen Winzer auf dem Weinfest, dem Weingut Wolkenberg aus Cottbus, das seine Reben auf dem Gelände eines ehemaligen Tagebaus kultiviert.

Neben der Weinverkostung bietet das Fest aber auch die Gelegenheit, Wissenswertes über den Wein zu erfahren. In halbstündigen Seminaren zu deutschen Schaumweinen und der Rebsorte Pinot erläutert die amtierende deutsche Weinprinzessin Charlotte Freiberger die Vorzüge deutscher Weine und erweist sich dabei als kundige und charmante Botschafterin des deutschen Weins. Gleichzeitig ist sie aber auch zu bedauern – oder, je nach Perspektive, zu beneiden: Sie unternimmt bei praller Sonne und 30 Grad eine Rundreise durch die vertretenen Weinbaugebiete und probiert an jedem der vierzehn Stände mindestens eine Sorte.

Auf großen Zuspruch stoßen die Weinbergführungen von Gartenbauingenieur Dirk Häusser und Andreas Kramp, Leiter des Weinberg-Projekts von den Mosaik- Werkstätten, die einen Überblick über den Potsdamer Weinbau gestern und heute geben. „Der Weinberg ist noch längst nicht fertig restauriert“, so Häusser. Die verglasten Talutmauern beispielsweise, die die Besucher vom Schloss Sanssouci her kennen dürften, sind nur sehr aufwendig und kostenintensiv zu restaurieren und werden wohl nie wieder vollständig errichtet werden. Beim achten Weinfest im Jahr 2019, das am 12. und 13. Juli stattfinden wird, können dann die nächsten Fortschritte begutachtet werden. Die diesjährige Ausgabe bezeichnet Andreas Kramp als vollen Erfolg. „Wir freuen uns auf das nächste Jahr“, sagt er. Es wird zugleich das 250-jährige Jubiläum des Weinberges sein.

Christoph Winter

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