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Beste Hanglage. Zahlreiche Gäste genossen am Wochenende bei sonnigem Wetter in der Parkanlage den hauseigenen Wein der Villa Jacobs. Die Besitzerin Marianne Ludes (r.u.) erzählte den Besuchern dabei gerne die Geschichte des Ortes und ihres Frühburgunders.

© Andreas Klaer

Weinfest an der Potsdamer Villa Jacobs: Wie Urlaub in Frankreich

Am Wochenende luden die Besitzer der Potsdamer Villa Jacobs zu Weinfest und Picknick in die Parkanlage der Villa ein.

Die Besucherin ist sehr überrascht. „Die haben hier sogar hauseigenen Rotwein“, sagt sie zu ihrer Begleiterin. Obwohl sie in Potsdam wohnt, ist sie heute zum ersten Mal an der Villa Jacobs. „Ich wusste nicht, dass es hier so schön ist“, sagt sie. Und auch nicht, dass in der Landeshauptstadt tatsächlich Rotwein angebaut wird. Am Wochenende zog das Weinfest und Picknick in der Villa in der Bertinistraße zahlreiche Besucher an. An den sommerlich heißen Tagen, nur kurz unterbrochen von kurzen Gewitterschauern am Sonntag, konnten die Besucher den hauseigenen Wein der Villa Jacobs probieren. Dazu gab es Gegrilltes, frische Erdbeeren oder Kuchen.

Eigentlich würde die 55-jährige Besucherin bei den Temperaturen den Weißburgunder bevorzugen, der zusammen mit anderen Weißweinsorten von der Mosel angeboten wird. Doch den Frühburgunder wollte die Potsdamerin unbedingt kosten, schließlich ist er in ihrer Heimatstadt gewachsen. Mit Ausblick auf die Weinhänge und Streuobstwiese setzen sich die beiden Freundinnen mit ihren Gläsern auf zwei freie Stühle. „Hier fühlt man sich wie im Urlaub in Frankreich.“ Der trockene Pinot Noir Précose (Frühburgunder) der Villa Jacobs ist von 2015. Der hellrote, durchscheinende Wein hat einen sehr intensiven Duft von dunklen Beeren und Kirsche. Er hinterlässt ein samtiges, langanhaltendes Aroma auf die Zunge. Leicht gekühlt passt er schön in den warmen Frühsommer.

Eingebettet zwischen den terrassenförmigen Weinhängen, der romantischen Villa Jacobs und einer Streuobstwiese mit Apfelbäumen sitzen in der Gartenanlage der Villa Jacobs die Gäste auf ihren schattigen Plätzchen und genießen sowohl die Weine als auch die wunderschöne Aussicht auf den Park und den Jungfernsee. Erholung von der heißen Sonne bieten die Blattkronen der alten Plantanen, die auf dem Plateau direkt neben der Villa stehen, sowie schattenspendende Schirme und Zelte, die auf den Wiesen aufgebaut sind. Vom Jungfernsee weht ab und an eine leichte Brise herüber. Mitten drin steht Marianne Ludes in ihrem Sommerkleid mit Strohhut, schenkt den Gästen Wein und Säfte ein und erklärt nebenbei gerne Wissensreiches über ihren eigenen Wein und den Park. Ludes ist zusammen mit ihrem Mann Stefan Ludes seit 2005 die Besitzerin der Villa. Zusammen betreiben die beiden ein Architekturbüro.

Der Park ist unerwartet groß. Sechs Hektar sind es, erklärt Marianne Ludes. Vom Haupteingang dauert es einen kleinen Moment, bis auf dem von dichtem Gebüsch und Bäumen umsäumten Weg nach einigen Kurven endlich der hohe, markante Turm der Villa Jacobs in den Blick kommt. Die Villa im toskanischen Landhausstil wurde von Ludwig Persius 1835 für den Zuckerfabrikanten Friedrich Otto Jacobs erbaut. Bereits mit der Errichtung des Parks sei ein Weinberg angelegt worden, erzählt Ludes. Die Parkanlage wurde von Peter Joseph Lenné zusammen mit Persius entworfen. „Die Familie Jacobs hat die Villa als Sommersitz genutzt. Schon damals wurde der Ort ,der Weinberg’ genannt.“

Während der DDR-Zeit lag der Park im innerdeutschen Grenzgebiet. Ab den 1970er-Jahren wurde die Villa dem Verfall überlassen und 1979 der Denkmalschutz aufgehoben. Nach einem Brand 1981 wurde das Gebäude dann abgerissen. Das Ehepaar Ludes ließ den Park wiederherstellen und die Villa nach historischem Vorbild neu bauen. Seit 2008 wohnen sie in der idyllischen Gartenanlage. „Der Park ist ein lebender Organismus. Das macht durchaus auch Arbeit“, sagt die 56-Jährige. Das Weinfest findet seit fünf Jahren zweimal im Jahr statt. Einmal im Sommer und zum Tag des Offenen Denkmals im September. Und auch zum Potsdamer Literaturfestival Lit:Potsdam öffnet das Ehepaar die Tore des Parks.

Seit 20 Jahren betreiben die beiden bereits ein eigenes Weingut an der Mosel. In Potsdam stehen seit 2011 wieder 1000 Rebstöcke auf den Hängen neben der Villa. Hier gedeiht die Sorte Frühburgunder. „Wir wollten gerne Rotwein anbauen, weil wir schon an der Mosel unseren Weißwein haben“, sagte Ludes. Frühburgunder ist eine natürliche Mutation des Pinot Noir, dem edlen Spätburgunder. Im Gegensatz zu ihm reift der Frühburgunder schon im August und nicht erst im Oktober, wenn es in Brandenburg schon zu kalt für die Reife eines echten Spätburgunders sei. 700 Flaschen stellen sie im Jahr mittlerweile her, die sie über ihre Webseite vertreiben. Auch im Restaurant Kochzimmer in der Ratswaage wird der Wein angeboten. „Wir produzieren nicht so viel. Der Wein ist darum eigentlich jedes Jahr ausverkauft.“

Sarah Stoffers

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