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Weine vom Klausberg: Ein guter Wein-Jahrgang in Potsdam

Einst schufen Potsdams Winzer Spitzentropfen, wie eine Ausstellung am Königlichen Weinberg zeigt. Und der hat jetzt einen prominenten neuen Botschafter.

Von Peer Straube

Potsdam - Der Hitzesommer von 2018 hat auch seine guten Seiten. Zumindest gilt das für die Qualität der Weine des Königlichen Weinbergs am Klausberg. „Das ist bislang unser bester Jahrgang“, sagt Dirk Häusser, Chefgartenpfleger der Mosaik-Behindertenwerkstätten, zufrieden. Die vielen Sonnentage haben den Trauben gutgetan und damit einen Tropfen produziert, der dem Anlass angemessen ist – schließlich feiert der Weinberg in diesem Jahr sein 250-jähriges Bestehen.

Im Jubiläumsjahr haben sich die Mosaik-Werkstätten, die den Weinberg im Welterbe seit 2006 betreiben, prominente Unterstützung geholt. Hartmut Dorgerloh, der langjährige Generaldirektor der Schlösserstiftung, soll künftig als Botschafter für den Weinberg werben. Der 57-Jährige, der vor gut einem Jahr als Indendant ans Berliner Humboldt-Forum gewechselt war, erschien glänzend gelaunt zu seiner offiziellen Ernennung am Donnerstag. Auch Frotzeleien von Journalisten über den verschobenen Eröffnungstermin für das Berliner Schloss steckte er eloquent weg. „Für die wirklich wichtigen Termine habe ich Zeit“, sagte er augenzwinkernd.

Er habe nicht lange zögern müssen, um das angebotene Ehrenamt zu übernehmen, erzählte Dorgerloh und versprach, die Idee dieses Inklusionsprojektes „in die Welt hinauszutragen“. Seit 2006 arbeiten unter der Regie der Berliner Mosaik-Werkstätten Behinderte und Nicht-Behinderte an der Rekultivierung des unter Friedrich II. 1769 angelegten Weinbergs. Von solchen Projekten könne man Menschen weltweit erzählen, meinte Dorgerloh. Sie zeugten davon, dass die öffentliche Hand nicht alles leisten könne, sagte er mit Blick auf das Engagement der Mosaik-Werkstätten, ohne die der Weinberg wohl noch immer eine Brache wäre. Und sie zeugten davon, dass viele Dinge Zeit brauchten – wie ein guter Wein eben.

Rotweine aus Potsdam waren beliebt

Erstmals können sich Besucher des Weinbergs zudem künftig über die Geschichte des Weinbaus in Potsdam informieren – und die ist älter als mancher vielleicht vermuten würde. Seit mehr als 600 Jahren wird in der einstigen Hohenzollern-Residenz nämlich Wein produziert, wie aus einer neuen Ausstellung hervorgeht, die im ehemaligen Heizhaus am Weinberg zu sehen ist. Demnach lagen die Anfänge des Weinbaus nicht am Klausberg, sondern am Pfingstberg und am Westufer des Heiligen Sees. Bereits Ende des 15. Jahrhunderts ließ Kurfürst Joachim I. dort Rebstöcke anpflanzen. „Dort lag quasi das Epizentrum von Potsdams Weinbau“, erzählte Weinberg-Projektleiter Andreas Kramp. Namen wie Große und Kleine Weinmeisterstraße zeugen auch heute noch von der dort längst untergegangenen Tradition.

Und noch etwas dürfte manchen Besucher zum Staunen bringen: Rotweine aus Potsdam waren wohl einst europaweit konkurrenzfähig. Während die sonst im Märkischen gekelterten Tropfen einer Redewendung folgend den Gaumen „wie eine Säge“ malträtierten, hatten die Potsdamer Weine offenbar einen ausgezeichneten Ruf: „Dieser rothe Wein kommt, wenn er nach Grundsätzen behandelt wird, dem Medok sehr nahe“, schrieb etwa der Historiker Karl Renatus Hausen (1740-1805) seinerzeit und erhob die Erzeugnisse hiesiger Winzer damit de facto in den Adelsstand ihrer Zunft.

Nach der Fertigstellung des Neuen Palais überzeugte dann ein aus dem Rheinland stammender Grenadier namens Werley den König, am Klausberg einen Weinberg anzulegen. Friedrich II., erwiesenermaßen selbst ein großer Freund eines guten Tropfens, folgte dem Vorschlag und ließ Werley gewähren. Doch erst dessen Nachfolger Eckstein hatte den vom König gewünschten Erfolg. Er ließ auch die heute nur noch in Resten vorhandenen sogenannten Talutmauern errichten – schräg gemauerte Wände mit einer vorgelagerten Verglasung, die wegen des Treibhauseffektes den Wein und das ebenfalls reichlich angebaute Obst zur Freude des Monarchen prächtig gedeihen ließ.

Die meisten heute noch vorhandenen Relikte allerdings stammen aus der Kaiserzeit. Das gilt für das Heizhaus ebenso wie für die drei in Trümmern liegenden Gewächshäuser, von denen die Mosaik-Werkstätten zumindest eines wiederaufbauen möchte (siehe Kasten). 3000 Weinstöcke der Rebsorten Phönix, Cabernet blanc und Regent wachsen inzwischen wieder am Weinberg, wenn eines fernen Tages die Talutmauern wieder erneuert sind, könnten es noch bis zu 700 mehr sein, schätzt Chefgartenpfleger Häusser. Die 2018-er Jubiläumslese reicht für bis zu 2000 Flaschen, sagt er. Das Doppelte pro Jahr wäre nötig, um betriebswirtschaftlich zu arbeiten. In ein bis zwei Jahren, schätzt Häusser, werde man diese Menge erreichen. Zum weltweiten Vertrieb will künftig auch der neue Botschafter beitragen. Denn die Weine vom Klausberg eigneten sich hervorragend als Gastgeschenk für hochrangige Besucher seines Hauses, sagte Dorgerloh und fügte schmunzelnd hinzu: „Eines hat das Humboldt-Forum nämlich nicht – einen Weinberg.“

Ausstellung

„Wein wie am Rhein“ im Alten Heizhaus am Königlichen Weinberg, Maulbeerallee 4, geöffnet am 15. und 16. Juni von 11 bis 17 Uhr, sonst dienstags und donnerstags von 10 bis 13 Uhr, Eintritt frei

Hintergrund

Das Bauprogramm am Königlichen Weinberg reicht noch für viele Jahre. Als erstes wollen die Mosaik-Werkstätten für behinderte Menschen das Alte Heizhaus sanieren und darin sowohl ein Informationszentrum für die Besucher als auch Räume für die Gärtner unterbringen. 250 000 Euro kostet die Sanierung, Projektleiter Andreas Kramp hofft, dass das Projekt in ein, zwei Jahren in Angriff genommen werden kann. Mit rund 800 000 Euro ist der Wiederaufbau eines von drei kaiserzeitlichen Gewächshäusern taxiert, einen Finanzierungs- oder Zeitplan gibt es bislang nicht. Beides hängt hauptsächlich vom Spendenfluss ab. Das gilt auch für die Instandsetzung der Talutmauern auf dem Weinberg, die mit 1,8 Millionen Euro zu Buche schlüge.

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