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Weihnachtszeit: Pieten in Potsdam

Pommes, Holzschuhe und Zwarte Pieten: Das Sinterklaasfest in Potsdam lockte am Wochenende etwa 25 000 Besucher ins Holländische Viertel

Mit viel Schwung wird der bunte Hula-Hoop-Reifen einmal über die kleine Anna gestülpt. „Aha“, ruft eine der beiden „Zwarten Pieten“, die mit den Reifen unterwegs sind und damit die Kinder einfangen. Angst müssen die Kleinen aber nicht haben. Die beiden als „Zwarte Pieten“ verkleideten Frauen verteilen bloß süßes Gebäck – und vor allem viel gute Laune.

Mit ihren bunten Kostümen, den schwarzen, lockigen Perücken und dem vom Schornstein gerußten Gesichtern waren sie am Wochenende auf dem traditionellen Sinterklaasfest im Holländischen Viertel unterwegs. Sinterklaas besuchte Potsdam in diesem Jahr bereits zum 21. Mal. Wie es heißt, macht er auf seiner Rückfahrt von den Niederlanden zurück nach Spanien einmal kurz Halt in der Landeshauptstadt. Am Samstag kam der niederländische Nikolaus ein paar Minuten zu früh am Hafen der Weißen Flotte an, wie der Organisator Hans Göbel, Vorstandsvorsitzender des Fördervereins zur Pflege niederländischer Kultur in Potsdam, erzählt. Mit einer feierlichen Prozession zog Sinterklaas von dort durch die Stadt Richtung Holländisches Viertel. Über 60 Niederländer sind in diesem Jahr dabei. „Wir freuen uns, dass das Sinterklaasfest so gut angenommen wird.“ Göbel rechnet, dass zwischen 20 000 bis 25 000 Gäste am Wochenende das Fest besucht haben.

Proteste wegen der „Zwarten Pieten“ gab es in diesem Jahr nicht. Wegen Rassismus-Vorwürfen waren Sinterklaas und seine Zwarten Pieten 2015 erst gar nicht auf dem Fest erscheinen. Die Helfer von Sinterklaas waren zuvor traditionell immer als „Mohren“, dunkelschwarz und mit dicken roten Lippen bemalt, auf dem Fest unterwegs. Mit der Stadt Potsdam, die das Fest finanziell unterstützt, konnte bereits im vergangenen Jahr die Vereinbarung getroffen werden, dass die „Zwarten Pieten“ nur noch rußgeschwärzte Gesichter haben, wie Göbel erzählt.

Die vierjährige Anna ist extra mit ihren Eltern aus Berlin angereist, um Sinterklaas zu Gesicht zu bekommen und vielleicht auch ein Geschenk von ihm zu kriegen. „Wir kommen seit einigen Jahren immer wieder hierher“, erzählt ihre Mutter Julia Wengert. „Ich finde es schön, dass es hier soviel Handwerk gibt und nicht den üblichen Kram wie auf anderen Märkten.“

Dicht gedrängt schieben sich die Besucher durch die engen Gassen des historischen Viertels. Der nur zweitägige Markt ist gut besucht. Viele sind wegen der leckeren Spezialitäten hier. Holländische Stroopwaffeln, Pommes, Lakritze, Matjes und natürlich auch der original holländische Käse. An einem der Stände kann man zusehen, wie sogenannte Knieperkes mit Zangeneisen über einem Kohlefeuer gebacken werden. Eine der Kundinnen erzählt, dass das Gebäck traditionell zum Jahreswechsel gebacken wird. „Es schmeckt ganz hervorragend zu Glühwein“, sagt sie und kauft gleich zehn Stück.

Neben den vielen Speisen wird vor allem traditionelles Handwerk angeboten. Holzschuhe, geflochtene Körbe, Strick- und Filzwaren, Schmuck, geschnitzte Weihnachtsdeko. In einer der Gassen dreht Jans Steenbergen per Hand seine Springseile auf einer großen Seilerbahn. Viele bleiben stehen und sehen zu, wie aus den verschiedenfarbigen Baumwoll- und Sisalfäden in nur ein paar Minuten die Seile entstehen. Er sei bestimmt schon zum 13. Mal dabei, erzählt er. Im April verkaufe er auf dem Tulpenfest seinen Genever – einen niederländischen Wacholderschnaps. Im Dezember ist er mit seinen Seilen da. „Aber nur die kleinen. Die langen Springseile mache ich zu Hause.“

Vor der Bühne macht sich schon einmal die kleine Kapelle der Vlearmoesband aus den Niederlanden bereit. Auch sie sind in den „Zwarten Pieten“-Kostümen unterwegs. Mit ihren Bläsern und Trommeln spielen sie zwar keine Weihnachtslieder, aber zu „Marmor, Stein und Eisen bricht“ oder „Rock around the clock“ wird trotzdem fröhlich gewippt und geschunkelt.

Von Trommel und Akkordeon begleitet schreitet Sinterklaas auf sein Podest, das an der Kreuzung Bernkert- und Mittelstraße aufgebaut ist. Am Sonntagmorgen waren er und seine Helfer noch im Bergmann-Klinikum und haben Geschenke an Kinder verteilt, wie der Nikolaus mit leichtem niederländischem Akzent erzählt. Auch auf dem Fest gibt es Geschenke für die Kleinen. Aber erstmal müssen alle, auch die Erwachsenen, „Oh, Tannenbaum“ singen. Danach klettert ein Kind nach dem anderen auf die Bühne und bekommt, nach einem kurzen Gespräch mit dem gutgelaunten Sinterklaas, Schokolade in die Hand. „Hoffentlich kommt der Weihnachten auch zu uns nach Hause“, sagt eines der Kinder zu seinen Eltern. Da wird Sinterklaas aber wohl längst wieder in Spanien sein.

Sarah Stoffers

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