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Potsdamer Vermieter warnen vor steigenden Betriebskosten - unter anderem für Fernwärme.

© Hauke-Christian Dittrich/dpa

Wegen Ukrainekrieg und Coronakrise: Potsdams Vermieter warnen vor höheren Kosten

Energie- und Baukosten sowie Zinsen setzen Wohnungswirtschaft in Potsdam unter Druck. Kommunale und genossenschaftliche Vermieter warnen vor Betriebskostensteigerungen.

Weltweite Preissteigerungen werden zur Belastung auch für den Potsdamer Wohnungsmarkt. Davor warnten am Donnerstag Jörn-Michael Westphal, Geschäftführer der Pro Potsdam, und Bodo Jablonowski, Vorstand der Genossenschaft „Karl Marx“. Die kommunale Pro Potsdam ist mit mehr als 17.000 Wohnungen mit Abstand Potsdams größter Vermieter. Die Nummer eins unter den Genossenschaften ist die Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“ mit mehr als 6.600 Wohnungen. Die Ursachen und Folgen seien vielfältig. Mittelfristig sehe man zunehmende Risiken für die Soziale Wohnungswirtschaft mit niedrigen Mieten.

Jörn-Michael Westphal, Geschäftsführer der kommunalen ProPotsdam.
Jörn-Michael Westphal, Geschäftsführer der kommunalen ProPotsdam.

© promo

Nach vielen Jahren geringer Inflation und niedriger Zinsen habe sich das wirtschaftliche Umfeld in den vergangenen Monaten rasant gewandelt. „Jetzt haben wir eine neue Situation, deren Auswirkungen wir noch nicht abschätzen können“, sagte Westphal. Wichtigster Faktor sind die Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, vor allem der Anstieg der Energiekosten. Außerdem ziehe der Krieg ebenso wie die Pandemiefolgen in China die Lieferketten in der Bauindustrie in Mitleidenschaft. Zuletzt hatten in einer Umfrage mehr als 40 Prozent der Baufirmen über Materialengpässe geklagt. Ohnehin waren die Baukosten schon vor dem Krieg deutlich gestiegen, wurden aber durch niedrige Zinsen ausgeglichen. Derzeit liegen die Baukosten den Angaben zufolge 15 Prozent über dem Vorjahresniveau. Und auch die Zinsen für Baufinanzierungen seien regelrecht explodiert, so Westphal. Seit Jahresbeginn hätten sie sich verdoppelt.

Bei Fernwärme laufen die Gasverträge der ProPotsdam noch bis Ende 2023

Die unmittelbarsten Auswirkungen dürften viele Mieter wohl mit ihrer nächsten Betriebskostenabrechnung erfahren. Denn Wohnungen werden fast alle entweder mit Fernwärme beheizt, die im Gaskraftwerk erzeugt wird, oder direkt mit Gaszentralheizungen. Je nachdem wie die Verträge mit dem Energieversorger aussehen, kommen höhere Energiepreise früher oder später bei den Mietern an. „Bei der Fernwärme laufen die Verträge noch bis Ende 2023“, so Westphal. Bei den Gasheizungen könne es schneller gehen. „Hier stehen wir unseren Bewohner:innen zur Seite, beraten sie hinsichtlich sozialer Angebote.“

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Man versuche, hohe Nachzahlungen zu vermeiden, indem die monatlichen Vorauszahlungen an die höhere Preiserwartung angepasst werden, so Jablonowski. Außerdem stecken die höheren Energiekosten auch in anderen Nebenkosten, wie Wartungen, Dienstleistungen, Versicherungen und Gebühren drin.

Aufruf zum Energiesparen

Energiesparen werde deshalb immer wichtiger, so Westphal. Die Pro Potsdam stellt seit Jahresbeginn für alle Mieter monatlich eine Übersicht über ihren Energieverbrauch bereit. Jeder könne sie online über sein Kundenkonto einsehen. So soll Transparenz geschaffen werden. Bei der „Karl Marx“ arbeite man noch daran, die nötigen elektronisch ablesbaren Zähler im gesamten Wohnungsbestand zu installieren, so Jablonowski.

Auf die Steigerung der Kaltmieten habe die Inflation hingegen erstmal keine beschleunigende Wirkung, weil gesetzliche Regeln Erhöhungen begrenzen. So dürfen in Potsdam Mieten in bestehenden Verträgen innerhalb von drei Jahren höchstens um 15 Prozent steigen. Die Mietpreisbremse legt zudem fest, dass bei einer Neuvermietung die Miete maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Auch die Umlage von Modernisierungskosten ist begrenzt. Allerdings könnten teurere Neubauten, für die diese Begrenzungen nicht gelten, langfristig auch den Mietspiegel nach oben treiben.

Vermieter fordern wegen der Inflation die Anpassung staatlicher Förderprogramme

Potsdams kommunale und genossenschaftliche Vermieter fordern wegen der höheren Inflation nun eine Anpassung staatlicher Förderprogramme. Sonst stünden wegen gestiegener Baukosten und höherer Zinsen künftige Neubauvorhaben auf der Kippe. Betroffen wären vor allem Sozialwohnungen. Für Potsdams angespannten Wohnungsmarkt könnte das zu einer zusätzlichen Belastung werden.

Laufende Bauprojekte oder solche, die bereits durchfinanziert sind, seien jedoch nicht betroffen, so Westphal. Auch die Neubauten der „Karl Marx“ in der Potsdamer Mitte seien nicht gefährdet, so Jablonowski. Die Aufträge dafür seien schon vor längerer Zeit zu günstigeren Konditionen vergeben worden. Aber der Rahmen für künftige Projekte müsse geklärt werden. „Bei steigenden Zinsen und somit einer längeren Rückzahlungsdauer könnte es passieren, dass sich der Sanierungszyklus eines Gebäudes von 20 auf 40 Jahre verlängert. Dann müssten wir Maßnahmen zum Substanzerhalt unserer Häuser grundsätzlich neu planen“, sagte Jablonowski. Er versucht, den rasanten Veränderungen noch etwas Gutes abzugewinnen: Möglicherweise könnten die höheren Zinsen dazu führen, dass sich renditeorientierte Bauherren aus dem ein oder anderen Projekt zurückziehen. Das mache dann Kapazitäten in der Bauwirtschaft frei.

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