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Im Klinikum "Ernst von Bergmann" wird wieder nach Tarif bezahlt - doch das hat Folgen.

© Ottmar Winter

Wegen Lohnplus: Potsdamer Bergmann-Klinikum rutscht wohl ins Minus

Die Rückkehr zur Tarifstruktur des öffentlichen Diensts sorgt für Verluste. Stadtverordnete und Rathauschef Schubert drängen nun auf mehr Investitionsförderung des Landes.

Nach der angekündigten Rückkehr des Klinikums Ernst von Bergmann in den Tarif des öffentlichen Diensts (TVöD) schlittert das kommunale Unternehmen vermutlich ins Minus. Ab nächstem Jahr wird es wohl nur noch sehr eingeschränkt in die Sanierung der teils überalterten Gebäude oder den Kauf neuer Technik investieren können. Daher erhöht das Rathaus den Druck auf das Land, mehr für das Klinikum zu zahlen. Gleichzeitig bereitet sich die Stadt auf mögliche finanzielle Hilfen aus dem Stadthaushalt vor. All das erklärten Klinikumschef Steffen Grebner und Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) Mittwochabend im Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung.

Gerade das Pflegepersonal profitiert

Wie berichtet soll das Pflegepersonal am Klinikumsstandort Potsdam ab 2020 nach TVöD bezahlt werden, für alle anderen Beschäftigten wird dies über einen Stufenplan bis 2022 zugesichert. Doch damit werde man laut Berechnungen von Grebner nach bisherigen Überschüssen von zwei bis drei Millionen Euro pro Jahr ab 2020 ins Minus rutschen. Zunächst geht es um etwa eine Million Euro Verlust, später um mehr als 2,5 Millionen Euro. Dieser fehlende „Cashflow“ mache aber Investitionen viel schwieriger. Höchstens auf Bereiche wie Brandschutz könne man sich dann noch konzentrieren. Zudem steige der Verschleiß an Gebäuden und medizinischen Geräten, so Grebner. Schubert sagte dazu: „Wir gehen schon leicht über die Grenze des Machbaren.“

Bürgerbegehren läuft

Das laufende Bürgerbegehren zu sofort besseren Lohn- und Arbeitsbedingungen, das keinerlei Stufenplan vorsieht, würde das Haus überfordern, warnte Schubert. Nach Angaben der Initiatoren haben schon mehr als 6600 Potsdamer unterschrieben. Schubert sieht aber auch keine Alternative zum TVöD: Wegen des Kampfs um Fachkräfte müsse man damit rechnen, dass Personal abgeworben werde. Daher sei das Ganze auch eine „Gratwanderung zwischen Investitionen ins Personal oder in die Gebäude“.

Beenden könnte dieses Dilemma das Land, dem das Klinikum seit Jahren vorwirft, zu wenig Investitionsmittel auszureichen. Insgesamt seien rund 21 Millionen Euro pro Jahr nötig, sagte Grebner – das Land zahlt aber nur mittlere einstellige Beträge. Daher habe man Investitionen wie in eine moderne Strahlentherapie oder Brandenburgs einzigen OP-Roboter in den vergangenen Jahren etwa zur Hälfte mit Eigenmitteln finanzieren müssen, sagte Grebner – es gehe um die Summe von 61 Millionen Euro. Erst dieses Jahr habe man einen 50-Millionen-Euro-Kredit für weitere Investitionen aufnehmen müssen. Mit der Tarifrückkehr werde man viel weniger Eigenmittel zur Verfügung haben, so Greber – und der Verschleiß werde größer. Im Gegensatz dazu würden in Berlin Projekte für Krankenhäuser großzügiger gefördert, machte er deutlich. So hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) bereits 2017 ein „Jahrzehnt der Investitionen“ für die Charité ausgerufen, mit einem mehr als eine Milliarde Euro schweren Paket.

Das Land soll es richten

So waren sich am Mittwoch die Stadtverordneten einig, dass sich das Land bewegen müsse. „Wir müssen auf die neue Landesregierung hoffen“, sagte CDU-Kreischef Götz Friederich. Ähnlich äußerte sich auch Grüne-Fraktionschefin Janny Armbruster. Björn Teuteberg (FDP) sagte, es sei sogar gesetzliche Aufgabe des Landes, den Investitionsstau aufzulösen.

Für Potsdam erschwerend ist laut Grebner, dass das Klinikum von den Krankenkassen geringere Fallpauschalen erhalte als etwa in West-Bundesländern. Das mache in Summe Millionenbeträge aus. Hier sei das Bundesgesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU) in der Pflicht. Ferner seien bereits Widerspruchsverfahren bei einer Schiedsstelle anhängig. Auch sei die Zahl der Privatversicherten in Brandenburg unterdurchschnittlich, hieß es.

Steffen Grebner
Steffen Grebner

© Andreas Klaer

Insofern könne man auch nicht mehr sparen, sagte Grebner. Notfalls müsse der Eigentümer, also die Stadt, finanzielle Verluste ausgleichen. Schubert sagte, im Dezember werde er die Stadtverordneten informieren, wie man mit einem Defizit beim Klinikum umgehe. Es handele sich nicht nur um ein Potsdamer Problem: Bundesweit würden 28 Prozent der Kliniken Verluste einfahren, manche seien bereits insolvenzgefährdet.

Das Klinikum hat mehr als 3500 Mitarbeiter. Ob es für die Tochterkrankenhäuser in anderen Gemeinden des Landes Brandenburgs eine TVöD-Rückkehr geben wird, ist wie berichtet Verhandlungssache mit den jeweiligen Kommunen.

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