zum Hauptinhalt

Wasserwacht in Potsdam: Zwischen Strandbad und Leben retten

Am Sonntag öffnen Potsdams Strandbäder – bereits am Samstag haben die Wasserretter des DRK die Saison eingeläutet. Die Ehrenamtler sorgen für Sicherheit in und um die Gewässer der Region.

Potsdam - Benjamin Oschmanns prüfender Blick schweift entlang der Bootsstege nahe der Potsdamer Hauptfeuerwache. Von dort aus sind er und der 19-jährige Tom Dreßler mit dem kleinen Motorboot der Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) auf den Tiefen See gefahren – in Schutzkleidung und mit Schwimmweste. Flöße und private Boote liegen an den Stegen. „Es gibt immer mehr Verkehr auf dem Wasser“, sagt Oschmann. Und in der Folge auch mehr Arbeit für die Wasserwacht.

Am Samstag schippern Oschmann und Dreßler wieder über die Havel, denn die Potsdamer Wasserwacht läutet die Saison 2019 mit einem Bootskorso ein. Dabei sollen auch zwei neue Motorrettungsboote eingeweiht werden: Ein kleineres, dass der Wacht von der Feuerwehr gespendet wurde und ein größeres, gestiftet vom Land Brandenburg. Pünktlich, bevor einen Tag später auch die Strandbäder wieder öffnen, nimmt die Wasserwacht in Potsdam ihre Arbeit auf.

„Unsere Freizeit ist ihre Sicherheit“ ist das Motto der Wacht – und es wird ernst genommen. Bereits am Osterwochenende haben ehrenamtliche Taucher den Schwimmbereich der Strandbäder gereinigt. Glasscherben, Flaschen und allerlei Geäst ziehen Helfer dabei jährlich aus dem Wasser. Manchmal gibt es aber auch kuriosere Funde: „Wir haben auch schon Fahrräder gefunden“, sagt Oschmann. Der 37-Jährige engagiert sich seit 1994 ehrenamtlich bei der Wasserwacht. „Ein Teil der Verschmutzung kommt vom Strandbad“, sagt Oschmann. Das meiste werde aber durch die Strömung angetrieben und bleibe dann in den Strandbädern liegen, wo das Wasser seichter und die Strömung schwächer sei.

Die Potsdamer Wasserwacht übernimmt aber noch weitere, viel vitalere Aufgaben als die Aufräumaktionen: 1874 wurde im damaligen Deutschen Reich die erste Wasserrettungstruppe des DRK in Regensburg, Bayern, gegründet, weil es dort immer wieder zu Überschwemmungen und Eisstaus der Donau kam. Bei dem Hochwasser 1883 kamen die Wehren erstmals zum Einsatz – und dieser gilt heute als die inoffizielle Geburtsstunde der DRK-Wasserwacht. Denn in den folgenden Jahren entstanden an immer mehr Küsten und Binnengewässern des Reichs ähnliche Gruppen, die auch die Aufgabe der Wasserrettung übernahmen. 1898 bildete sich auch in Berlin und Umgebung die Rettungsgesellschaft der Wassersportvereine. 1908 wurde die Wasserrettung schließlich als eine Aufgabe des DRK festgeschrieben.

Die Helfer der Wasserwacht Potsdam agieren als Rettungsschwimmer, Taucher, Funker, Bootsführer und Sanitäter. Sie beteiligen sich an der Sicherheit auf den fließenden und stehenden Gewässern in der Region und helfen beim Katastrophenschutz. 2018 kamen die 101 aktiven Helfer auf 198 Einsätze. Und das nur an den Wochenenden und bei Sondereinsätzen. „Die größten Gefahren sind Alkohol, Unwissenheit und Übermut“, sagt Oschmann. „Inzwischen stehen die meisten Einsätze in Zusammenhang mit Booten, die heutzutage leicht erworben oder geliehen werden können.“ Manchmal versuche aber auch jemand durch den Tiefen See auf die andere Seite zu schwimmen. „Die Strömung wird unterschätzt“, warnt Oschmann. Vor allem könnten aber große Schiffe den Kopf eines Schwimmers kaum erkennen, „geschweige denn rechtzeitig anhalten oder die Richtung wechseln“.

In 121 der knapp 200 Einsätze aus dem vergangenen Jahr leisteten die Ehrenamtler Erste Hilfe, auf Rang zwei folgen 37 Taucheinsätze, dann 21 technische Hilfeleistungen an Booten. Fünfmal war auch die Schnelleinsatzeinheit Sanität der Wasserwacht gefragt. „Wir sind First Responder, bei allem was in der Nähe des Wassers passiert“, sagt Oschmann und erzählt, nicht ohne Stolz, dass die Wasserwacht Anfang August 2018 maßgeblich an den Krankentransporten bei der Evakuierung des Sperrgebiets beteiligt war, als die 189. Weltkriegsbombe in Potsdam gefunden und gesprengt wurde.

Der Wasserwacht fehlt es aber an aktivem Nachwuchs. Oschmann vermutet, dass das Ehrenamt in der Freizeit unattraktiv geworden ist. Tom Dreßler ist einer der wenigen jungen Helfer, die sich langfristig aktiv engagieren wollen. Im Winter 2016 legte er das Bronze Abzeichen für den Rettungsschwimmer ab. Anschließend sei er „immer weiter in den Kaninchenbau der Wasserwacht eingetaucht“, wie er es nennt. Inzwischen hat er die Ausbildung zum Wasserretter gemacht. Das Team der Wacht sei ihm dabei zu einer zweiten Familie geworden. Sanitätsausbildung, Bootsführerschein und vieles mehr könne man bei der Wasserwacht erlernen, wirbt Dreßler für das Ehrenamt. In diesem Jahr legt er sein Abitur an der Voltaire-Gesamtschule ab – und Schule geht vor. Deshalb wird er seine Kollegen 2019 eher selten dabei unterstützen, über die Schwimmer in den Strandbädern zu wachen.

Zur Startseite