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Wasserspiele im Park Babelsberg: Die Wiederkehr des Wassers

Einst war der Park Babelsberg reich an Brunnen, Fontänen, Bächen und Wasserfällen. Die meisten Anlagen wurden noch zu Kaisers Zeiten stillgelegt. Doch im kommenden Jahr soll das Wasser wieder sprudeln.

Von Peer Straube

Potsdam - Man muss schon sehr genau hinsehen. Eine Vertiefung auf der Wiese lässt den kleinen Bachlauf allenfalls ahnen, als „Quelle“ ragt ein korrodiertes Rohr aus der Erde, versteckt unter Unkraut. Die alten Brunnen sind unter ihren Bauplanen kaum auszumachen, und dass sich dort, wo sich jetzt Bagger durchs Erdreich pflügen, mal ein See befand, wissen wohl nur die wenigsten. Kaum etwas ist übrig geblieben von den einst prächtigen Wasserspielen im Welterbepark Babelsberg. Ein paar ausgetrocknete Brunnen, Steinhaufen und Unebenheiten im Gelände sind die letzten Spuren des Wasserreichtums früherer Tage.

Der letzte, der die Fontänen, die Brunnen, Wasserfälle und Seen in voller Pracht erlebte, dürfte Wilhelm I. gewesen sein. Wann und warum das Netz heruntergefahren wurde, weiß auch bei der Schlösserstiftung niemand ganz genau. Die Quellenlage ist dürftig. Die ersten Anlagen wurden bereits nach dem Tod des Kaisers 1888 abgeschaltet, wohl nicht zuletzt aus Kostengründen. Mit dem Ende der Monarchie 1918 ging es weiter bergab. Was danach noch sprudelte, fiel dem Bau der Mauer und dem Ausbau der Grenzanlagen im Park Babelsberg zum Opfer.

Nach 100 Jahren wieder in Betrieb

Nun, nach 100 Jahren, gräbt die Stiftung die alten Anlagen wieder aus, setzt die Brunnen instand, will Bäche und Wasserfälle wieder in Betrieb nehmen. Vier Millionen Euro aus dem 155 Millionen Euro schweren Masterplan-Topf zur Rettung des bedrohten preußischen Welterbes gibt die Stiftung in einem ersten Schritt dafür aus, dass es im kommenden Jahr rund um das Schloss Babelsberg wieder plätschern kann. An der Wiederherstellung der Wasserspiele wird seit mehreren Jahren gearbeitet, jetzt steht der Endspurt an.

Das rund 20 Kilometer lange Leitungsnetz stammt noch aus der Erbauungszeit des Parks in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Es versorgte nicht nur die Brunnen und Fontänen, sondern diente auch der Bewässerung des Parks. Die alten Rohre aus Gusseisen seien noch in hervorragendem Zustand, sagt Marco Geisler. „Damals wurde noch höherwertiger gebaut“, ergänzt Max Daiber. Geisler und Daiber sind als Projektkoordinatoren dafür zuständig, die alten Anlagen wieder in Betrieb zu nehmen.

Wasserspiele im Park Babelsberg von Fürst Pückler geplant

Geplant hatte sie seinerzeit Fürst Pückler, der im Auftrag Wilhelms I. hauptsächlich für die Gestaltung des Parks verantwortlich war. Dem Fürsten gelang es, dem damaligen Kronprinzen genug Geld abzuknöpfen, um den Bereich um das parallel von Schinkel geplante Schloss Babelsberg praktisch in einen Garten Eden zu verwandeln: Sechs reich verzierte Brunnen gab es, zwei Bäche und drei Wasserfälle. In etwas weiterer Entfernung von der royalen Residenz wurden außerdem noch zwei Gewässer angelegt – das Schwarze Meer und der Große See. Die Hälfte des Leitungsnetzes und die meisten Wasserspiele sollen noch in diesem Jahr fertig werden und spätestens 2016 wieder sprudeln. Weitere vier Millionen Euro sind für den Rest nötig (siehe Grafik). Das Geld dafür soll aus dem zweiten Masterplan kommen, über den die Stiftung mit dem Bund, Berlin und Brandenburg im nächsten Jahr verhandeln will.

Direkt vor der Schlossterrasse setzen Handwerker derzeit den sandsteinernen Beckenrand des Städtebrunnens instand. Aus Anlass seiner Krönung zum König hatte die Stadt Köln Wilhelm I. das Bauwerk geschenkt – nicht ganz uneigennützig. Der Brunnen sollte den Monarchen daran erinnern, dass die preußischen Könige das Patronat über den Wiederaufbau des Kölner Doms übernommen hatten. Früher sprudelte das Wasser aus einer Fiale – eine Ziersäule – in der Mitte des Brunnens in die Schale. Diese Fiale, die aus Sandstein, Marmor und Kalkstein besteht, wird derzeit restauriert.

Alte Pracht bis zum Herbst wiederhergestellt

Bereits fast fertig restauriert ist der Jubiläumsbrunnen an der Rückseite des Schlosses. Das 1851 errichtete kleine Marmorbauwerk bekam seinen Namen anlässlich der Silberhochzeit von Wilhelm I. und Augusta. Nur ein paar Meter weiter sind die Restauratoren mit der Wiederherstellung der drei Brunnen im Pleasureground beschäftigt, einem nach englischem Vorbild besonders üppig angelegten Landschaftspark nahe dem Schloss. Einst mit prächtigen Skulpturen geschmückt, bekommen die Besucher dort seit Jahrzehnten nur leere Brunnenschalen zu Gesicht, in denen das Unkraut wucherte. Bis zum Herbst sollen sie alle in alter Pracht wiederhergestellt sein, kündigt Daiber an.

Der Adlerbrunnen beispielsweise erhält seine vier wasserspeienden Bronzelöwen zurück. Die Originale seien zwar vor Jahren verschwunden, aber anhand alter Fotos konnten Kopien hergestellt werden, sagt Geisler. Die krönende – und namensgebende – Adlerfigur an der Spitze werde indes nicht ersetzt, weil es keine brauchbaren Vorbilder mehr gebe.

In die Havel ergießen

Auch die bronzene Skulptur eines balzenden Königsreihers ist verschollen, die der Reiherfontäne in der Goldenen Rosenlaube ihren Namen gab. Allerdings fand sich im Depot der Stiftung ein beschädigtes Duplikat, sodass der Metallvogel künftig wieder Wasser gen Himmel speien kann. Die prächtige Gotische Fontäne wird ebenfalls wiederhergestellt. Die Anlage mit dem Blumenrondell stammt von Lenné, der ebenfalls an der Parkgestaltung beteiligt war. Das Wasser im Brunnen sprudelte einst aus einer Fiale aus Kunststein. Diese sei kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von Vandalen zerstört worden, erzählt Geisler. Glücklicherweise konnten die Bruchstücke gerettet werden – derzeit werden sie von Restauratoren wieder zusammengesetzt.

Das Wasser der Gotischen Fontäne speist auch den nahe gelegenen Wasserfall, der sich neben der Rosentreppe wie früher in die Havel ergießen soll. Wie alle Wasserfälle im Park bestehe das Bett aus Klinkerschmolz, also aus fehlerhaft gebrannten Ziegelsteinen, erklärt Geisler. Form und Porosität der Steine erinnere an Lava. Die vulkanische Wirkung war von Pückler beabsichtigt. Das Bett des 30 Meter langen Falls wurde bereits freigelegt und sei noch in sehr gutem Zustand gewesen. Fehlstellen seien mit echter Lava aus der Vulkaneifel ergänzt worden, die die Stiftung eigens dafür angekauft habe, berichtet Geisler.

Schwarzes Meer in Potsdam

Etwas weniger Aufwand muss die Stiftung mit dem sogenannten Wasserfall an der Schlossserpentine treiben. Denn der bekommt keinen eigenen Zulauf, sondern speist sich – wie schon historisch – nur aus Regenwasser. Eine besondere Augenweide für die Besucher dürften die Anlagen rund um den Wilhelmwasserfall werden: Aus einer künstlichen Quelle in der Nähe des Maschinenhauses soll wieder ein rund 200 Meter langes Bächlein entspringen, das sich talwärts windet und in ein kleines Staubecken ergießt, von wo es als Wasserfall zur Havel fließt.

Ein paar Hundert Meter vom Schloss entfernt wühlen sich derzeit Bagger durchs Erdreich. Dort befand sich früher das Schwarze Meer, ein rund 2500 Quadratmeter großer und 60 Zentimeter tiefer Teich mit insgesamt vier Inseln. Woher der Name stammt ist unklar. Geisler vermutet, dass die abgeschiedene, von Bäumen beschattete Lage etwas damit zu tun haben könnte. Erstmals seit mehr als 120 Jahren wird das Gewässer im kommenden Jahr wieder zu sehen sein.

Noch etwas länger müssen sich die Parkbesucher beim Großen See gedulden. Dieser mehr als 10 000 Quadratmeter große Teich nebst seinem Wasserfall ist ein Fall für den nächsten Masterplan. Gleiches gilt für das Becken am Flatowturm, Bach und Wasserfall des Schwarzen Meers und den Brunnen am Michaelsdenkmal auf der Rückseite des Schlosses.

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