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Eine Million Schritte. Gregorij Richters am Freitag in Potsdam.

© Andreas Klaer

Wanderung geht durch Potsdam: Eine Million Schritte für minderjährige Flüchtlinge

Grigorij Richters will auf die Lage von Flüchtlingen aufmerksam machen. In Potsdam blieb er erfolglos.

Von Birte Förster

Grigorij Richters ist erschöpft. Körperlich, aber vor allem im Kopf. Denn der Wille, sein Ziel zu erreichen, ist groß. Am 27. Oktober ist er in Paris gestartet, zu Fuß bis nach Berlin. Eine Million Schritte will er gehen, damit etwa 1000 minderjährige Flüchtlinge, die unter katastrophalen Zuständen im griechischen Flüchtlingslager Camp Moria leben, nach Deutschland kommen können. Zwischen 18 und 35 Kilometer pro Tag läuft er, manchmal bei Minustemperaturen, manchmal entlang einer Bundes- oder Landstraße ohne richtigen Fußweg. „Eigentlich ging es mir schon immer um Flüchtlinge“, sagt Richters. „Dann kam Chemnitz.“ Und er entschied sich, zu handeln.

„Ich bin froh, dass ich jetzt die letzte Etappe vor mir habe“, sagt der 31-jährige Filmemacher, der in Hamburg, Luxemburg und London zu Hause ist. Am Freitag ist er in Potsdam angekommen. Am Samstag ging es weiter nach Berlin. In den Städten, die er durchquerte, versuchte er, die zu erreichen, die über die Aufnahme von Flüchtlingen entscheiden. Er trifft Politiker und Entscheidungsträger, darunter mehrere Oberbürgermeister. Viele hätten ihm Unterstützung zugesichert, ein paar der Kinder aufzunehmen – je nach Stadt zwischen acht und 400. Für seine Ankunft in Berlin hat er bereits 30 Termine mit Bundestagsabgeordneten vereinbart. Das Ganze erfordere viel organisatorischen Aufwand, jeden Tag schreibt er etliche E-Mails. In Potsdam habe sich auf seine Anfragen, die er dem Rathaus schickte, allerdings niemand gemeldet. Aber er sei auch nicht mehr so sehr hinterher gewesen, sagt er. Alle anderen 17 Städte seiner Tour hätten etwas organisiert. Falls doch noch ein Vertreter aus Potsdam reagieren sollte, könne er ja nochmal zurückkommen. „Dann aber vielleicht nicht mehr zu Fuß“, sagt er, und lächelt.

In Puschen kam Helge Schneider raus auf die Straße, um auf dem Bulli zu unterschreiben

Mit auf seiner Reise dabei ist ein VW Bulli, der von französischen Künstlern gestaltet wurde und den Schriftzug „One Million Steps for Refugees“ trägt. Manchmal dient er ihm als Nachtquartier, bei den niedrigen Temperaturen sei der Wagen aber eigentlich zu kalt. „Die Couch-Surfing-App ist ein treuer Begleiter“, sagt Richters. Der VW Bulli hat vor allem symbolischen Charakter. Viele Menschen haben sich mit ihrer Unterschrift auf dem Fahrzeug verewigt. Es gelingt ihm auch, prominente Unterstützer zu gewinnen. Zusammen mit einem seiner Fahrer habe er im Internet die Adresse von Helge Schneider ausfindig gemacht. Spontan fuhren sie bei ihm vorbei, klingelten gegen 23.30 Uhr an dessen Tür. Der Komiker reagierte entspannt. In Puschen sei er heraus auf die Straße gekommen, um auf dem VW Bulli zu unterschreiben, erzählt Richters.

Aber auch negative Erlebnisse gab es auf Richters’ Tour. In Hannover stellte er den VW Bus in einem Parkhaus am Bahnhof ab. Am nächsten Morgen waren Hakenkreuze auf das Auto geschmiert. Meist würden die Menschen auf seine Aktion aber positiv reagieren.

Er kenne viele, die in Griechenland in den Flüchtlingslagern arbeiten und ihm von den dort herrschenden Bedingungen berichten. Kinder von acht oder neun Jahren seien allein, manche würden misshandelt, es gebe Suizide. „Diese Kinder sind schutzlos, vor allem ohne Eltern“, sagt Richters. Eine von ihm gestartete Online-Petition hat mehr als 3500 Unterschriften erreicht. Nach Ende der Reise soll der VW Bulli mit den Unterschriften versteigert werden. Das Geld will er für die minderjährigen Geflüchteten in Griechenland spenden.

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