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Kristóf Bálint stellte sich in der Nikolaikirche vor.

© Sebastian Gabsch PNN

Wahl des Generalsuperintendenten: Kandidat Kristóf Bálint stellt sich vor

Mit Kristóf Bálint präsentierte sich der erste Kandidat für die Nachfolge der Potsdamer Generalsuperintendentin Heilgard Asmus der Öffentlichkeit. Er sprach die drängendsten Themen der Kirche an. 

Potsdam - „Hier bin ich genau richtig“ steht auf den orangefarbenen Kärtchen, mit denen die Gemeinde der Potsdamer St. Nikolai-Kirche die zugelassenen Sitzplätze in ihrem Gotteshaus markiert. Am Sonntag allerdings hätte der Satz auf den Karten auch ein Fragesatz sein können: „Bin ich hier genau richtig?“ Denn mit dem in Budapest geborenen Thüringer Superintendenten Kristóf Bálint stellte sich der erste der beiden Kandidaten für die Nachfolge der Potsdamer Generalsuperintendentin Heilgard Asmus mit Gottesdienst und Vortrag in der Nikolaikirche vor. 

Der zweite Bewerber, Christoph Vogel, ist dann in 14 Tagen an der Reihe. Dazwischen, am kommenden Sonntag, wird die langjährige Amtsinhaberin, deren zehnjährige Amtszeit ausgelaufen ist, aus ihrer Stelle verabschiedet.

Verhältnis zwischen Christen und Juden

Das Thema des Vorstellungsgottesdienstes war Bálint vom Kalender vorgegeben: Denn in der evangelischen Kirche war gestern der so genannte „Israelsonntag“, an dem sich die Gottesdienste traditionell mit dem besonderen Verhältnis zwischen Christen und Juden beschäftigen. Auch Bálint ging in seiner Predigt darauf ein: „Entsetzlich“ und „bis heute beschämend“ sei es, wie „unguter Eifer und Zorn“ von Theologen den Blick auf die Bibel verstellt habe, wie es immer wieder zu von Christen begangenen Pogromen kam. 

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Um so wichtiger sei die Erkenntnis, dass Juden und Christen in ein enges Verhältnis miteinander gestellt und „unlöslich miteinander verbunden“ seien. Christen hätten den „Beistandsauftrag“, stets auch für die Juden einzustehen. „Was ihnen passiert, darf uns nicht egal sein“, sagte der 55-jährige Bálint. Wozu auch gehöre, in der Öffentlichkeit sensibel zu sein - und dem Hass, der etwa in den sozialen Netzwerken den Jüdinnen und Juden entgegen tritt, Stellung zu beziehen. Was in der Predigt des Kandidaten indes nicht vorkam, war ein Bezug zum jüdischen Potsdam - also der Debatte um die Synagoge oder dem Institut für jüdische Theologie. 

Eine Rede wird zum Feuerwerk

Wie es in der evangelischen Kirche bei der Besetzung von Leitungsämtern üblich ist, folgte auf den Gottesdienst ein Vortrag. In 20 Minuten sollte sich Bálint zu einem vorgegebenen Thema äußern: „(Kein) Land in Sicht. Theologische Perspektiven auf die Kirche und die Krise.“ Was sperrig klingt, wurde in der Nikolaikirche zu einem Feuerwerk. Bálint sprach die dringendsten Fragen an, vor denen die Kirche derzeit steht: Die Kirche erlebe derzeit eine Glaubwürdigkeitskrise, eine Krise der Gemeindeentwicklung, eine Finanzkrise und eine Wahrhaftigkeitskrise. Über allem aber stehe „selbstverschuldete Sprachlosigkeit“. 

„Wir haben vielfach die Auskunftsfähigkeit in Glaubensdingen verloren“, sagte Bálint. Es falle den Menschen schwer, zum Ausdruck zu bringen, was sie in ihrem Leben trage und woran sie glaubten. Die Kirche müsste diese Sprachlosigkeit überwinden. „Wir müssen wieder öffentlich als Christen erkennbar sein“, sagte Bálint. 

Überlebenstraining und Eheseminare

Wie das praktisch gehen solle? In der anschließenden Diskussion schilderte er, wie ein junges Pfarrerehepaar in Thüringen mit Kindern und Jugendlichen Überlebenstrainings im Stadtwald anbiete. Und für ihre Eltern Eheseminare anbiete - „weil sie nicht wissen, wie Ehe geht.“ Er betonte die Rolle von Ehrenamtlichen, etwa von Lektoren, die selbständig Gottesdienste halten. „Wir müssen deutlich machen, dass diese Gottesdienste gleichwertig mit denen des Pfarrers sind.“ 

Platzkarten in der Nikolaikirche.
Platzkarten in der Nikolaikirche.

© Sebastian Gabsch PNN

„Bin ich hier genau richtig?“ Von den 22 anwesenden Mitgliedern des 36-köpfigen Wahlkonvents, der am 6. September über die Nachfolge von Heilgard Asmus abstimmen wird, wollte nach Gottesdienst und Vortrag niemand öffentlich über seine Eindrücke sprechen. Erst sollte auch der zweite Kandidat, Christoph Vogel, in 14 Tagen eine faire Chance erhalten. Doch wer sich am Sonntag in der Nikolaikirche umsah, konnte sich zumindest eines Eindrucks nicht erwehren: Völlig falsch schien der Kandidat Kristóf Bálint in Potsdam nicht zu sein.

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