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Wagenhausburg auf Hermannswerder: Verdrängt Potsdam den Fairwiese-Verein?

Von ihrem Standort in der Tornowstraße 38 sollen die Wagenhausburgler auf das nahe Grundstück mit der Hausnummer 35 umziehen. Doch ein Gebäude dort ist mit einem verbotenen Insektizid belastet. Jetzt wirft der Fairwiese-Verein der Stadt Verdrängungspolitik vor.

Potsdam - Die Ansage war mehr als deutlich. Bis Mitte des Jahres will Kämmerer Burkhard Exner (SPD) die Verhandlungen über einen neuen Platz für die Wagenhausburg auf Hermannswerder beendet wissen – um die Zukunft des linksalternativen Projekts nicht zu gefährden. Das machte der Dezernent jüngst im Hauptausschuss auf Anfrage der Linken unmissverständlich klar. Daher müssten die Bewohner ihre Wünsche „dringend konkretisieren“.

Doch so einfach ist es nach PNN-Recherchen nicht. Die Verhandlungen erschwert, dass ein Gebäude auf dem geplanten Grundstück für die Wagenhausburg stark sanierungsbedürftig und offensichtlich mit giftigen Schadstoffen belastet ist. Hier liegt auch der Streitpunkt zwischen Stadtverwaltung und dem Trägerverein der Wagenhausburg, dem Fairwiese e.V.: Es geht um die Frage, wer die nötigen Arbeiten mit wie viel Geld finanzieren soll. Zugleich will die Stadt das jetzige Wagenhaus-Grundstück verkaufen, um Geld in den Haushalt zu spülen.

Verein: "Wir mieten ja nur"

Konkret sollen die Wagenhausburgler innerhalb der Tornowstraße von der Nummer 38 auf ein nahes Grundstück beim Jugendhaus Oase in der Nummer 35 ziehen. Zu dem neuen Areal teilte der Fairwiese-Verein jetzt den PNN auf Anfrage mit, bei einem von zwei dort stehenden Gebäuden handele es sich um „ein noch unbewohnbares Objekt, das mit großem finanziellen Aufwand ausgebaut werden muss“. Zu diesem Innenausbau habe man sich als potenzielle Mieter-Partei bereit erklärt – und zugleich aber eine „Vorfinanzierung durch die Stadt“ samt der dadurch entstehenden Umlage auf die Miete angeboten. Allerdings lehne es der Verein ab, eventuell notwendige Sanierungskosten – die unabhängig von der Nutzung für Fassade und Dach entstünden – zu übernehmen. „Wir kaufen ja nicht, sondern mieten nur.“ Gerade die Sanierung des Dachstuhls sei wahrscheinlich notwendig, bei diesem bestehe eine Belastung mit dem in der Bundesrepublik inzwischen verbotenen Insektizid Dichlordiphenyltrichlorethan, kurz DDT. „Diese Altlastenbeseitigung muss von der Eigentümerin – also der Landeshauptstadt – übernommen werden. Und das unabhängig davon, an wen sie das Objekt vermieten will“, so der Verein.

Doch eine eigene Kostenbeteiligung hatte Kämmerer Exner im Hauptausschuss faktisch ausgeschlossen: „Es stehen keine investiven Mittel zur Verfügung.“ Allerdings liege dem Verein inzwischen ein Angebot vor, wonach sie für das neue Gelände auf der Halbinsel mit 3800 Quadratmetern rund 23.000 Euro Pacht pro Jahr zahlen könnten – also etwa 1900 Euro pro Monat. Am bisherigen Standort bezahlt der Verein nach zwei Jahre alte Angaben der Stadt rund 15.000 Euro Pacht pro Jahr.

Streit um Insektizid-Beseitigung

Doch um die Pachtsumme geht es nicht – sondern um die nötigen Investitionskosten, etwa zur DDT-Beseitigung. Stadtsprecherin Christine Weber räumte auf PNN-Anfrage ein, dass das besagte Gebäude am neuen Standort derzeit auf Schadstoffe untersucht würde – ob die Stadt im Fall des Falles die Beseitigung zahlen würde, blieb unklar. Exner hatte im Ausschuss vor allem betont, man benötige vom Fairwiese-Verein dringend genauere Angaben über die konkreten Pläne, das sei bisher trotz mehrerer Erinnerungen unterblieben. Der basisdemokratisch organisierte Verein teilte seinerseits mit, die Forderung an die Stadt zur Übernahme von Kosten für Umbau und DDT-Beseitigung sei erst zweieinhalb Monate alt. „Auch wir mahnen zügige Verhandlungen an“, erklärte der Fairwiese-Verein.

Insgesamt gehören der Stadt wie berichtet an der Inselspitze 17.000 Quadratmeter an bebaubaren Flächen, knapp 5000 davon werden derzeit von der Wagenhausburg genutzt. Bei einem Verkauf aller Grundstücke hatte der Kämmerer vor zweieinhalb Jahren einen möglichen Erlös von fünf bis sechs Millionen Euro genannt – Geld, das laut Exner in der Stadtkasse angesichts sinkender Zuschüsse für Investitionen in die wachsende Stadt nötig wäre. Der Verkehrswert für das Areal an sich belaufe sich auf rund 1,9 Millionen Euro, wie es damals hieß. Ob solche Details noch aktuell sind, dazu wollte sich Stadtsprecherin Weber unter Verweis auf die laufenden Verhandlungen nicht weiter äußern. Die Wagenhausburgler gehen dagegen von nach „aktuellen Grundstücksgutachten und Einschätzungen von Fachleuten“ nur etwa von 950.000 Euro Wert für Areal aus. Der Fairwiese-Verein befürchtet, mit denen von der Stadt verbreiteten, aus eigener Sicht zu hohen Zahlen für den Grundstückswert werde „Politik gemacht und Sozialneid geschürt“. Wie andere alternative Hausprojekte in der Stadt fühle man sich durch sogenannte Sachzwänge ins Aus gedrängt – „als Teil eines großen Verdrängungsprozesses, der bei Mieten anfängt und bei Kultur aufhört“. Auch an der Wagenhausburg finden Kulturveranstaltungen statt.

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