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Wachstum zwischen Potsdam und Berlin: Wie das Umland von Potsdams Boom profitieren soll

Potsdam baut mehr als irgendeine andere Kommune in Brandenburg, dennoch steigen die Mieten und der Leerstand schrumpft wieder.

Potsdam - So viel gebaut wie in Potsdam wird nirgendwo sonst in Brandenburg: 1581 Wohnungen sind 2017 fertiggestellt worden, darunter 1452 Neubauwohnungen. Gleichzeitig sind die Nettokaltmieten im Vergleich zu 2016 von 5,62 Euro auf 5,74 Euro pro Quadratmeter gestiegen, wie der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) am Dienstag in seinem Jahresbericht feststellte. Damit liegen sie aber noch immer unter dem, was Mieter durchschnittlich in Berlin bezahlen müssen, nämlich 5,94 Euro.

Insgesamt zog die BBU-Vorsitzende Maren Kern eine positive Bilanz der Entwicklung der Wohnungswirtschaft in Potsdam: „Im Vergleich zu Berlin ist die Schlagzahl des Neubaus wesentlich höher.“ Beide Städte erfreuen sich großer Beliebtheit und haben dementsprechend viel Zuzug, Potsdam reagiere jedoch wesentlich schneller auf diese Nachfrage.

Der Hype um Potsdam könne sogar auf andere Landkreise ausstrahlen, so Kern: Die Landeshauptstadt sei ein wesentlicher Motor für die Belebung der Region, wenn die Landesregierung alles dafür tue, auch die anderen brandenburgischen Städte als „Ankerpunkte“ attraktiver zu machen: „Das ist die wesentliche Voraussetzung dafür, damit sie vom Wachstum von Berlin und Potsdam profitieren können“, sagte Kern. „Auf diese Weise können auch Wachstumsspannungen, beispielsweise in Potsdam, reduziert werden.“

Diese Spannungen zeigen sich nicht nur in den nach wie vor steigenden Mieten in der Landeshauptstadt, auch bei Eigentumswohnungen zählt die Landeshauptstadt mittlerweile zu den zehn teuersten Städten Deutschlands (PNN berichteten). Und trotz des Baubooms: Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen liegt mit 1581 etwas unter dem Wert von 2016, als insgesamt 1613 Wohnungen bezugsfertig wurden. Möglicherweise ist das ein Grund dafür, warum die Leerstandsquote, die sich zuletzt positiv entwickelt hatte, nun wieder geschrumpft ist: 2016 lag der Leerstand in Potsdam noch bei 2,9 Prozent, 2017 ist er auf 2,7 Prozent gesunken. Noch geringer war der Leerstand nur in Berlin (1,7 Prozent) und Potsdam-Mittelmark (2,0 Prozent).

2018 könnte der Wohnungsbau in Potsdam einen Schub bekommen

Das könnte sich allerdings bald ändern: Allein für 2018 investiert das städtische Wohnungsunternehmen Pro Potsdam 86 Millionen Euro, davon 45 Millionen in den Neubau. Über 300 Wohnungen sollen bis Ende des Jahres fertiggestellt werden. Neue Wohnungen entstehen derzeit sowohl im Bornstedter Feld, als auch in der Waldstadt, zudem wird ab 2019 in Krampnitz ein neuer Stadtteil für bis zu 10 000 Menschen entstehen. Eine gänzlich andere Entwicklung zeigt sich im Rest des Landes: Mit einer Durchschnittsmiete von 4,99 Euro pro Quadratmeter wohnt man in Brandenburg verhältnismäßig günstig, auch wenn der Wert im Vergleich zu 2016 um 1,6 Prozent gestiegen ist. Dies liegt an der ungleichen Entwicklung zwischen dem Berliner Speckgürtel und dem ländlichen Raum, sagte Kern: „Es gilt nach wie vor: Ein Land, zwei Regionen.“ Die geringste Miete zahlten 2017 die Bewohner der Landkreise Prignitz (4,43 Euro) und Elbe-Elster (4,56 Euro).

Besonders deutlich zeigt sich diese Zweiteilung an den Leerstandsquoten: Während diese im Berliner Umland sämtlich unter drei Prozent liegen, stehen etwa in der Prignitz 17,6 Prozent der Wohnungen leer, knapp gefolgt von Spree-Neiße mit 17,4 Prozent. Besonders extrem ist die Situation in Lauchhammer im Landkreis Oberspreewald-Lausitz: 30,6 Prozent der Wohnungen stehen hier leer – und das, obwohl bereits viele alte Häuser abgerissen wurden. Überraschend fand Kern hingegen den hohen Leerstand von 13,3 Prozent in Brandenburg/Havel: Gerade durch die Nähe zu Berlin und Potsdam sehe sie hier großes Wohnpotential. Auch wenn die Leerstände im gesamten Land Brandenburg seit Jahren zurückgehen, wollte Kern nicht von einer Trendwende sprechen: Tatsächlich ist die Quote 2017 mit 7,6 Prozent wieder leicht gestiegen (gegenüber 7,5 Prozent im Vorjahr).

Die Baubranche arbeitet am Limit

Erfreulich hingegen ist die Investitionskurve der rund 350 BBU-Mitgliedsunternehmen: Diese hatten 2017 insgesamt 572 Millionen Euro für Neubau, Modernisierung und Instandsetzung ihrer Wohnungen ausgegeben, eine Steigerung um elf Prozent. Für 2018 seien laut BBU sogar 736 Millionen Euro an Investitionen geplant.

Ein Problem stellen allerdings die schrumpfenden Kapazitäten der Baubranche dar: Die Unternehmen haben volle Auftragsbücher, außerdem fehlt es an Nachwuchs. „Die Bauunternehmen sind gefragt, für die Zukunft vorzusorgen und mehr in Ausbildung zu investieren“, mahnte Kern. Weitere Hemmnisse für den Bauboom sind laut einer Befragung der BBU-Mitgliedsunternehmen steigende Baupreise und das Fehlen von Bauland.

Um die positive Entwicklung der Wohnungswirtschaft fortzusetzen, forderte Kern von der Landespolitik, nicht in den bisherigen Bemühungen nachzulassen und vor allem die ländlichen Regionen attraktiver zu machen. Besonders müsse in den Ausbau des Nahverkehrs, die Digitalisierung und die soziale und kulturelle Infrastruktur investiert werden. Zudem müsse das Land oder der Bund die Kommunen stärker beim Wohnungsneubau unterstützen, gerade in den ländlichen Gebieten: „Mit einem so niedrigen Mieten-Niveau ist Neubau ohne Förderung in vielen Regionen gar nicht mehr möglich“, sagte Kern.

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