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Das Stadthaus in der Friedrich-Ebert-Straße in Potsdam.

© Sebastian Gabsch

Wachsende Sorgen: Weitreichende Folgen der Corona-Krise in Potsdam befürchtet

Angesichts der Corona-Krise rechnet die Kämmerei im Rathaus mit sinkenden Steuereinnahmen, Potsdams Wirtschaft reagiert alarmiert.

Die Corona-Krise trifft Potsdam in vielfacher Hinsicht, die meisten Folgen lassen sich noch nicht genau abschätzen. Die PNN geben einen Überblick, wo schon jetzt mit den Folgen der Epidemie gekämpft werden muss.

Haushaltssorgen in der Stadtverwaltung

Folgen werden für den Haushalt der Stadtverwaltung erwartet. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sagte am Mittwoch bereits im Hauptausschuss, es sei auch die Frage, ob man für den kommenden Doppelhaushalt noch Vorsorge treffen müsse. Denn nach PNN-Informationen rechnet das Finanzdezernat mit deutlich weniger Steuereinnahmen durch die Krise. Wenn die Entwicklung so weitergehe, werde das „ein großer Einschnitt“ für die kommenden Monate, sagte Schubert im Ausschuss. Dabei plant die Stadt angesichts ihres Wachstums erhebliche Investitionen – sei es für Schulen oder im öffentlichen Nahverkehr. In der Verwaltung selbst gilt aktuell gerade das Gesundheitsamt als besonders belastet. So eine Situation hätten selbst altgediente Kollegen noch nie erlebt, hieß es im Ausschuss.

Stadtwerke mit Notfallplan

Die Potsdamer Stadtwerke sind auf einen möglichen Krisenbetrieb „standardmäßig vorbereitet“ – diesen Notfallplan „passen wir noch einmal auf die spezielle Situation an“, sagte ein Stadtwerkesprecher auf PNN-Anfrage. Der Unternehmensverbund soll die Sicherheit für die Wasser- und Stromversorgung gewährleisten, ebenso die Müllabfuhr und den Öffentlichen Nahverkehr. Der Sprecher sagte, man arbeite eng mit dem städtischen Corona-Krisenstab zusammen. „Im Moment sehen wir bei aller Vorsicht weder Anlass noch Notwendigkeit, unseren Service einzuschränken.“ Intern würden die Mitarbeiter regelmäßig zur Lage informiert, auch zu Hygienemaßnahmen sei sensibilisiert worden. „Es wurden auch noch einmal Merkblätter zur Verfügung gestellt.“ Rathauschef Schubert sagte im Hauptausschuss aber auch, es könne zu einer Situation kommen, dass zum Beispiel der öffentliche Nahverkehr eingeschränkt werden müsse – wenn der Krankenstand bei den Fahrern nach oben gehe. Ebenso sei es beim Bürgerservice im Rathaus. Das passiert inzwischen schon: So liegen weite Teile des Kulturlebens in der Stadt bereits lahm. Auch das Bad blu hat geschlossen.

Weniger Fahrten mit Taxi und Reisebussen

Auch Taxi- und Busunternehmen haben in Zeiten von Corona zu kämpfen: „Wir merken im Tagesbetrieb, wie sich das Verhalten der Menschen verändert; die Leute sind zurückhaltender“, sagte Detlef Baatz, Geschäftsführer der Taxi-Zentrale Potsdam „Am Sterncenter“, die zur Taxi-Genossenschaft Potsdam e.G. gehört. „Wenn ein Fußballspiel oder andere Großveranstaltungen abgesagt werden, brauchen die Leute natürlich kein Taxi mehr“, so Baatz. Ähnlich äußert sich Andreas Seidel von Hallo Taxi Potsdam: „Vor allem in den Nachtschichten merkt man das, aber auch tagsüber sieht man, dass weniger Geschäftsleute zum Bahnhof oder zum Flughafen fahren.“ Die konkreten Umsatzeinbußen könne man jetzt zwar noch nicht absehen, aber besser werde es auf kurze Sicht vermutlich nicht, sagt Seidel: „Im April sind ja noch die Frühlingsferien, wo sicher auch viele Fahrten wegfallen werden.“ Baatz hofft inständig, dass sich die Lage nicht weiter dramatisiert, denn die drohenden Umsatzeinbußen seien für kleine mittelständische Unternehmen wie die Taxi Genossenschaft definitiv ein Problem. Vorerst könnte es jedoch Ausgleichseffekte geben, die den Rückgang der Fahrten möglicherweise abfedern: „Ich könnte mir vorstellen, dass sich manche Leute sagen: Bevor ich mit vielen Menschen im Bus oder in der Bahn fahre, wo ich mich anstecken kann, fahre ich lieber mit dem Taxi.“

Auch ein Potsdamer Reisebusunternehmen, das nicht namentlich genannt werden will, sieht seit rund drei Wochen einen Rückgang der Aufträge: „Im Moment hält es sich noch im Rahmen, aber es gibt auf jeden Fall Auftragsrücknahmen explizit wegen Corona, weil nun mal große Veranstaltungen wie Messen oder Kongresse abgesagt wurden“, so der Geschäftsführer. Wenn die Entwicklung so weiter gehe, würden vermutlich auch Kurzfahrten betroffen sein. „Es schaukelt sich nun mal gerade hoch, da muss man mit allem rechnen“, so der Geschäftsführer. Auch die Reisebürobranche rechnet mit großen Problemen, heißt es in vielen Medienberichten.

IHK: „Unsicherheit in allen Branchen“

Von einer „Unsicherheit in allen Branchen“ berichtete der Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam, Detlef Gottschling. Zunehmend würden sich Unternehmen aus der Region bei der IHK melden, zum Beispiel wegen der Auslandsgeschäfte sowie im Zusammenhang mit vom Bund in Aussicht gestellten Hilfen. Zusätzliche Verunsicherung verursache der verhängte Einreisestopp in die USA, gerade mit Blick auf den Geschäftsverkehr. Auch die Arbeitsagentur bemerkt die Krise. „Wir haben seit zwei Wochen mehr Anfragen zum Kurzarbeitergeld“, sagte eine Sprecherin auf PNN-Anfrage. Auswirkungen im Betrieb gäbe es aber noch nicht. Besonders Kollegen im Kundenkontakt habe man beispielsweise zum Thema Hygiene noch einmal informiert. „Gesundheitsgefährdeten Kollegen, zum Beispiel mit einer Vorerkrankung, ermöglichen wir mobiles Arbeiten“, hieß es. Den Kunden biete man auch telefonische Beratung an. „Selbstverständlich wird niemand weggeschickt – jeder sollte aber überlegen, ob ein persönlicher Kontakt tatsächlich erforderlich ist.“ Bei der IHK wiederum sind zunächst bis zum 19. April alle Dienstreisen gestrichen, auch mehrere Veranstaltungen sind laut Sprecher Gottschling abgesagt. „Und die Abstimmungen passieren vermehrt telefonisch oder digital.“

Bereits diese Woche hatten auch Potsdamer Vertreter der Hotel- und Gaststättenbranche über einbrechende Buchungs- und Umsatzzahlen geklagt.

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