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Stadt klar und durchsichtig kommt das Wasser teils braun wie Cola aus dem Hahn.

© picture alliance / dpa

Vorwürfe gegen Potsdams Gesundheitsamt: Braunes Wasser aus der Leitung

Anwohner beschweren sich weiter über verunreinigtes Leitungswasser in der Speicherstadt. Das Gesundheitsamt reagiere nicht angemessen, sagen sie.

Potsdam - Die Klagen über verunreinigtes Trinkwasser in der Speicherstadt reißen nicht ab. Anwohner und Eigentümer werfen nun dem Gesundheitsamt vor, das Problem zu verharmlosen.

Der Anblick ist abscheulich. Fotos zeigen Wasser, das braun ist wie Cola. So komme es aus dem Wasserhahn, sagt Patricia von der Ohe, Eigentümerin einer Wohnung in der Straße Am Speicher. Üblicherweise würden die Trübungen sporadisch auftreten und dann einige Stunden andauern, Warm- und Kaltwasser seien gleichermaßen betroffen. 

"An Pfingsten war es besonders schlimm", erinnert sie sich. Da habe ihre Mieterin für etwa zwei Wochen nur braunes Wasser aus der Leitung bekommen.  Die Eigentümerin fühlt sich von der Stadtverwaltung allein gelassen. "Das Gesundheitsamt schiebt alle Verantwortung von sich", sagt von der Ohe.  

Laut Trinkwasserverordnung ist das Gesundheitsamt für die Überwachung aller "Wasserversorgungsanlagen" verantwortlich, zu denen auch das Leitungsnetz gehört, das von den Stadtwerken betrieben wird. Von der Ohe sagt, das Amt würde zwar behaupten, dass die Wasserqualität den gesetzlichen Bestimmungen entspräche. Es würde aber keine systematischen Proben durchführen.  

In einem Schreiben des Gesundheitsamts an Patricia von der Ohe vom 25. Juni 2020, das den PNN vorliegt, beruft sich das Amt auf mehrere Trinkwasseruntersuchungen, die im Dezember, Januar und Juni durchgeführt worden seien. Diese Tests hätten "weder mikrobiologische Grenzüberschreitungen noch Überschreitungen bei ausgewählten chemischen Parametern" ergeben, heißt es dort. Doch von der Ohe sagt: "Diese Proben repräsentieren lediglich eine Momentaufnahme." Das Amt hätte gemessen, als das Wasser gerade einmal sauber war.

Zu viel Blei im Wasser

Als Anfang Juni wieder braune Brühe aus dem Hahn kam, nahmen einige Bewohner selbst Wasserproben und ließen sie beim Potsdamer Labor Agrolab untersuchen. Dem Prüfbericht des Labors zufolge lag der Messwert für Blei bei mindestens einer Probe über dem Grenzwert der Trinkwasserverordnung. Doch das Gesundheitsamt akzeptiert diese Ergebnisse nicht. Per E-Mail teilte eine Mitarbeiterin der betroffenen Mieterin mit, Proben müssten von "zertifizierten Probennehmern" entnommen werden, um aussagekräftig zu sein. Doch das Amt schlug keine Lösung vor.

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Patricia von der Lohe vermutet, das Gesundheitsamt und die Stadtwerke würden hinter den Kulissen versuchen, das Problem zu beheben, ohne öffentlich zugeben zu müssen, dass es überhaupt ein Problem gibt. Seit Montag (20.6.2020) ist die Leipziger Straße wegen Baumaßnahmen zwischen Wasserwerk und Leipziger Dreieck gesperrt. Die Baumaßnahmen, die etwa ein Jahr andauern sollen, dienen laut Stadtverwaltung dem “Straßen- und Leitungsbau”.  

Zusammenhang mit Baustelle?

Stehen diese Maßnahmen im Zusammenhang mit den Verunreinigungen? Auf PNN-Anfrage äußerten sich am Freitag weder das Gesundheitsamt noch die Stadtwerke dazu. Bereits im August 2018 waren Bauarbeiten an den Rohrleitungen in der Leipziger Straße durchgeführt worden. Zuvor waren Verunreinigungen festgestellt worden. 

Den PNN liegt eine E-Mail vom 20. Juli 2018 vor, die zu belegen scheint, dass sowohl die Stadtwerke als auch das Gesundheitsamt zu diesem Zeitpunkt davon ausgingen, dass die Ursache in den Rohrleitungen läge. In der E-Mail teilt eine Stadtwerke-Mitarbeiterin dem Gesundheitsamt mit, dass “in den vergangenen Tagen” im Bereich der nördlichen Speicherstadt sowie im Anschlussbereich des Schwimmbades Blu “kontinuierliche Trübungsmessungen” durchgeführt worden seien. “Dabei wurde festgestellt, dass die Trübung an mehreren Tagen ab Mittag deutlich angestiegen ist und erst gegen Abend wieder abfällt.” Kurz darauf wurden die Rohre getauscht, doch auch danach gab es weiter Verunreinigungen. 

Unklar ist außerdem, seit wann genau das Gesundheitsamt von den Missständen weiß. Nach offizieller Darstellung seit 2018. Doch eine E-Mail scheint zu belegen, dass bereits im August 2016 ein Mieter braun verfärbtes Wasser meldete. Das Gesundheitsamt war auf Anfrage am Freitag nicht in der Lage zu beantworten, ob es diese E-Mail bekommen hat oder nicht. 

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