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Vor der Oberbürgermeisterwahl in Potsdam: Generationswechsel an der SPD-Spitze

Der Babelsberger SPD-Chef David Kolesnyk soll den Potsdamer Kreisverband der Sozialdemokraten führen - er setzte sich am Samstag bei einer Kampfabstimmung durch.

Potsdam - Nach seinem Sieg fand David Kolesnyk klare Worte. „Wir müssen als Partei wieder stärker sichtbar werden“, sagte der neue gewählte Potsdamer SPD-Vorsitzende den PNN. Der Potsdamer Verband als mitgliederstärkster SPD-Unterbezirk müsse sehr viel mehr als bisher beispielsweise für mehr sozialen Wohnungsbau und bessere Nahverkehrsverbindungen eintreten – in der Landespartei, aber vor allem in Potsdam, wo die SPD wieder die Oberbürgermeister- und Kommunalwahlen gewinnen wolle.

Diese Ziele hatte Kolesnyk am Samstag beim Kreisparteitag auch in seiner Bewerbungsrede um den SPD-Parteivorsitz in Potsdam betont und damit bei den knapp 80 Delegierten gepunktet. In der Aula des Humboldt-Gymnasiums stand er kurz nach 14 Uhr als Sieger fest – auf den 28-Jährigen entfielen 46 Stimmen, auf die bisherige und 22 Jahre ältere Parteichefin Ulrike Häfner nur 30. Sie hatte in ihrer Bewerbungsrede erklärt, dass sie weiter für mehr Präsenz, mehr Dialog und mehr Beteiligung innerhalb der Partei stehe. Außerdem hatte sie auf Erfolge verwiesen. So habe die Potsdamer SPD bei der Bundestagswahl das einzige Direktmandat in Brandenburg gewonnen. Parteiinterne Kritiker hatten ihr jedoch vorgeworfen, öffentlich kaum in Erscheinung zu treten.

Kolesnyk sagte, die Partei müsse wieder mehr Profil zeigen, gerade vor den anstehenden Wahlkämpfen. So habe die Linke nicht einmal eine OB-Kandidatin aus den eigenen Reihen aufstellen können – und die CDU meine, sie könne besser regieren, obwohl sie jahrelang der Partner der SPD in der Stadtpolitik gewesen sei. Und wenn es brenzlig werde, „dann duckt man sich bei der CDU weg“, so Kolesnyk. „Ich will liefern“, beendete der Babelsberger seine Bewerbungsrede.

"Doch diese Marktgläubigkeit verkraftet diese Stadt nicht.“

Der Parteitag sollte auch den Oberbürgermeisterwahlkampf der Potsdamer SPD und ihrer 960 Mitglieder einleiten. Potsdams Sozialdezernent und OB-Kandidat Mike Schubert präzisierte in einer am Ende mit stehenden Ovationen der Genossen gefeierten Rede unter anderem seine Position einer behutsameren Stadtentwicklung. Es gehe dabei nicht ums Ausgrenzen oder darum, den Schlagbaum zu senken für Zuzug nach Potsdam, sagte er. Allerdings dürften eben nicht Bauinvestoren das Tempo des Wachstums bestimmen, sondern Bürger und Politik. Wenn man sich nur auf privaten Wohnungsbau verlasse, müsste jedes Stück Grün in Potsdam bebaut werden: „Doch diese Marktgläubigkeit verkraftet diese Stadt nicht.“

Besser sei es, etwa bei Neubaugebieten die verbindliche Sozialraumquote auf 30 Prozent zu erhöhen – wie es auch in anderen Kommunen praktiziert werde. Zudem wolle er, dass die SPD noch im September einen Antrag für eine erweiterte Mietpreisbremse für die städtische Wohnungsbauholding Pro Potsdam stelle. Auch seien mehr Konzeptvergaben von kommunalen Grundstücken wie in der Potsdamer Mitte nötig statt weiterer Ausschreibungen zum Höchstgebot. Auch Kolesnyk sagte, er wolle sich für mehr bezahlbaren Wohnraum einsetzen. Er verwies darauf, dass er aus einer Familie mit sechs Geschwistern komme und wisse, wie es ist, wenn man nicht genügend Geld habe.

In diesem Sinne positionierte sich die Partei auf Antrag von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), Schubert und anderen führenden Sozialdemokraten auch zum umstrittenen Verkauf der Stadtwerke- Grundstücke auf dem Brauhausberg, die für 27 Millionen Euro an einen bisher öffentlich nicht bekannten Investor gehen sollen. Allerdings soll dort nun die Voraussetzung gelten, dass ein fester Anteil von 20 Prozent der Wohnfläche für Sozial- oder Studentenwohnungen reserviert wird. Dadurch könnten 50 Wohnungen mit je 60 Quadratmetern mit Wohnbaufördermitteln errichtet werden, hofft die SPD. Zugleich warb Oberbürgermeister Jakobs erneut für den Verkauf: Auf Millioneneinnahmen für die Stadtwerke zu verzichten zugunsten einer seit Jahren nicht mehr genutzten Betonimmobilie, erscheine ihm „reichlich schräg“.

Dämpfer für Stadtfraktionschef Pete Heuer

Bei dem Parteitag wählte die SPD auch drei stellvertretende Vorsitzende. Dabei bekam die Bundestagsreferentin Grit Schkölziger 67 Ja-Stimmen, Ex-Chefin Häfner 64. Einen Dämpfer erhielt Stadtfraktionschef Pete Heuer, der nur 40 von 77 Genossen überzeugen konnte – und fast gegen den Fachbereichsleiter Kommunikation im Rathaus, Dieter Jetschmanegg, verlor. Er kam auf 34 Stimmen.

Heuer gilt als Gegner von OB-Kandidat Schubert, zudem sind interne Kritiker mit seinem Führungsstil und seiner politischen Strategie unzufrieden. Auch bei aktuellen Debatten gibt es Streit. So hatte Heuer bei der Frage nach der Rückzahlung der vom Rathaus über Jahre hinweg zu hoch angesetzten Kita-Elternbeiträge zuletzt erklärt, ihm sei noch unklar, was falsch gelaufen sei. Nur wenn es einen Fehler gegeben habe, bestehe auch eine Rechtspflicht zur Rückzahlung. Intern hatte Schubert deswegen getobt, Heuer kenne durch seine Mitarbeit in der AG Kitabeiträge die rechtlichen Hintergründe der Fehler bestens. Beim Parteitag wiederholte Schubert, man müsse die Fehler der Vergangenheit eingestehen. Denn auch die Familien, die zu hohe Beiträge zahlten, hätten dieses Geld gebraucht. Es gehe um die Frage, ob die Bürger der öffentlichen Hand noch vertrauen könnten: „Wer jetzt noch zögert, riskiert einen massiven politischen Vertrauensverlust.“

Ähnlich äußerte sich die Potsdamer Bundestagsabgeordnete Manja Schüle. Man dürfe sich nicht auf Rechtspositionen zurückziehen, sagte sie. Es sei auch kein Zeichen von Schwäche, sich für den Fehler der zu hoch kalkulierten Gebühren zu entschuldigen: „Und ich möchte mich entschuldigen.“ Auch Kolesnyk sagte den PNN: „Was rechtswidrig erhoben wurde, ist zurückzuzahlen.“ Heuer sprach das Thema vor der Partei nicht an.

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Lesen Sie weiter: PNN-Redakteur Henri Kramer über Gewinner und Verlierer bei der Potsdamer SPD

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