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Vor dem nächsten Pogida-Protest in Potsdam: Angespannte Stimmung in Potsdam

Update: Pogida-Anhänger, darunter zahlreiche Neonazi-Hooligans, wollen am Abend durch Potsdam ziehen. Gegenproteste sind angemeldet. Die Polizei will hart durchgreifen, der Landtag unterbricht seine Sitzung. Und die Fraktion Die Andere warnt vor vereisten Demo-Strecken.

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Potsdam - Die Stimmung in Brandenburgs Landeshauptstadt ist angespannt. Für den Mittwochabend ist erneut ein sogenannter Abendspaziergang der rechten Pegida-Bewegung angemeldet – in Potsdam „Pogida“ genannt. Bis zu tausend Teilnehmer sind angemeldet. Nach den Ausschreitungen, Blockaden und Angriffen Linksradikaler auf Polizisten und Pogida-Teilnehmer fährt die Polizei diesmal einen Großeinsatz und will Härte zeigen. Neben den vier Hundertschaften der Brandenburger Polizei sind weitere Einsatzkräfte aus anderen Bundesländern, darunter Berlin, angefordert worden. Selbst Wasserwerfer aus Hamburg werden für den Notfall nach Potsdam gebracht.

Polizei will Pogida-Blockade nicht dulden 

In Potsdams Zentrum, um den Bassinplatz, wird es dann eng. Neben Pogida sind mehrere Gegendemonstrationen angemeldet. Beide Seiten sollen strikt getrennt werden. Eine erneute Blockade des rechten Abendspaziergangs will die Polizei nicht dulden, das Versammlungsrecht soll unbedingt durchgesetzt werden. Zudem soll die Beweis- und Festnahmeeinheit diesmal früher gegen Randalierer vorgehen und diese festsetzen. Um den Bassinplatz hat die Stadt zudem eine Bannmeile verhängt. Glasflaschen sind innerhalb des Gebiets von 17 bis 24 Uhr strikt untersagt. Die Polizei will Kontrollstellen einrichten. In der Innenstadt ist mit großräumigen Einschränkungen des Verkehrs zu rechnen, ganze Straßenzüge werden gesperrt, wie bereits vor einer Woche könnten Bus- und Tramlinien unterbrochen werden.

Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) rief am Dienstag erneut zu friedlichen Protesten auf. „Es ist wichtig, dass wir jetzt zum Ausdruck bringen, dass Potsdam eine weltoffene Stadt ist und wir in der Lage sind, einen friedlichen Protest zu organisieren“, sagte er. „Auch wer, wie ich selbst, anderer Ansicht ist, muss die Meinungsäußerung der Pogida-Anhänger respektieren“, sagte Jakobs. An den Gegenprotesten beteiligt sich auch die Landesregierung: Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und weitere Minister werden laut Staatskanzlei kommen.

Der Landtag unterbricht seine Sitzung

Der Landtag wird eigens seiner Plenarsitzung um 18 Uhr unterbrechen. Mehrere Fraktionen - SPD, CDU, Linke und Grüne - wollen ebenfalls an den Gegenprotesten teilnehmen. Weil im Landtag ab 19 Uhr der Neujahrsempfang der Landesregierung stattfindet und die Polizei Ausschreitungen und jedes Sicherheitsrisiko im Umfeld des Landtags unbedingt vermeiden will, wird Pogida weiterräumig umgeleitet. Das teilte die Landtagsverwaltung den Parlament am Mittwochmorgen mit. Pogida führe nicht am Landtagsschloss vorbei. Vielmehr könnte der Abendspaziergang von Pogida von der Polizei über die Humboldtbrücke und das Zentrum Ost zum Hauptbahnhof geleitet werden, hieß es aus Sicherheitskreisen.

Die Fraktion Die Andere warnt davor, dass die geplante Strecke ein Nadelöhr sei, das schnell vereist - und dass Wasser nicht auf Straße und Gehwege gegossen werden sollte. Sie könnten schnell überfrieren, die Demonstration könnte laut Die Andere dann nicht stattfinden. Fraglich ist, ob dies als Aufforderung verstanden werden soll.

Vorab machten auch Flyer die Runde, die dazu aufrufen, Pogida-Anhänger mit Obst zu bewerfen. Sie wurden unter anderem am Humboldt-Gymnasium verteilt.

Der Ton wird rauer

Besonders Sorge bereitet den Sicherheitsbehörden, dass von beiden Seiten – Linken und Rechten – der Ton rauer wird. Der brandenburgische Verfassungsschutz hatte bereits vor erneuten Ausschreitungen linksextremer Gruppen gewarnt. Im Internet wird schon breit mobilisiert. Linksradikale haben angekündigt, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mittel der „rassistischen Hetzte“ entgegenzutreten. Rechtsextreme werben landesweit und in Berlin für den Pogida-Aufmarsch, darunter auch die NPD, aber auch die rechtsextreme Hooligans-Szene, die beim Berliner Pegida-Ableger „Bärgida“ mitmacht. Rechte Hooligans aus dem Umfeld der Berliner Vereine Hertha BSC und des BFC Dynamo werden erwartet. 

Bereits am Dienstag kam es zu ersten Vorfällen. Im Karl-Liebknecht-Stadion des SV Babelsberg 03 sind antirassistische Graffiti mit den Worten "Das Pack erhebt sich" übersprüht worden. Die linke Anhängerschaft des Vereins verstand das als bewusste Provokation im Vorfeld des heutigen Pogida-Aufzugs. In der Nacht zu Mittwoch wurde das Graffiti wieder übersprüht, nun steht "Null Drei" über den Wörtern "Das Pack".

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Mit Ausschreitungen rechnet die Polizei vor allem zum Ende des Abendspaziergangs, wenn die Pogida-Teilnehmer zum Hauptbahnhof müssen. Dann wird polizeiintern mit dem Einsatz der Wasserwerfer gerechnet. Vertreter der Linken und des Potsdamer Stadtjugendrings sprachen von einer von der Polizei beförderten Eskalation, die Gewalttouristen anziehe. Das die meisten Pogida-Teilnehmer zum Bahnhof müssen, hat einen Grund: Nach PNN-Informationen hat sich – nachdem ein von Pogida gemieteter Bus vergangene Woche von Linken beschädigt worden war – diesmal kein Busunternehmen gefunden. 

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Zum zeitlichen Ablauf:

- ab 18 Uhr Pogida-Gegenkundgebung am südlichen Bassinplatz vom Bündnis "Potsdam bekennt Farbe" für Weltoffenheit und Toleranz. Mehr Infos >>

- ab 18.30 Uhr Bassinplatz "Pogida"-Kundgebung

Hinweis in eigener Sache: Auch heute Abend sind unsere Reporter vor Ort. Was am Abend passiert, lesen Sie hier >>

Sie können das Geschehen auch zeitnah auf dem Twitteraccount der PNN verfolgen.

Update: Der Fernsehsender Phoenix will am Donnerstag mehrfach live vom Bassinplatz um 9, 12 und 14 Uhr berichten. Das Thema lautet "Wie tickt Deutschland? - Die Flüchtlingskrise", Gesprächspartner werden unter anderem Frank Thomann (Fachbereichsleiter Soziales und Gesundheit der Stadt Potsdam), Rosie Ellies (Soziale Stadt Potsdam e.V.) und Theodora Zeidler und Frank Brandt von der Friedrich-Wilhelm-von-Steuben-Gesamtschule sein.

Lesen Sie weiter: Auch Nazis dürfen sich versammeln und demonstrieren. Die Polizei muss sich bei der Durchsetzung eines Grundrechts – hier der Versammlungsfreiheit – neutral verhalten. Demokratie muss das aushalten. Ein Kommentar >>

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