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Das Stadthaus an der Friedrich-Ebert-Straße.

© Sebastian Gabsch

Von wegen digitale Zukunft: Analoges Rathaus Potsdam

Das Internet soll viele Behördengänge in Potsdam überflüssig machen – doch das versprochene Portal ist nicht in Sicht.

Potsdam - Für Behördengänge werden die Potsdamer noch unbestimmte Zeit auf ein virtuelles Rathaus warten und weiter selbst in der Stadtverwaltung vorstellig werden müssen. Das zeigen die Antworten des Rathauses auf aktuelle Kleine Anfragen von Linken und FDP im Kommunalparlament.

So hatte die Stadtverwaltung schon 2016 ein fortschrittlicheres Online-Bürgerportal für umfangreiche Dienstleistungen im Internet in Aussicht gestellt, selbst eine Ausschreibung dafür gestartet und externe Programmierer gefunden. Doch notwendig für die Realisierung dieses Portals ist auch der Einsatz von sogenannten IT-Basiskomponenten des Landes Brandenburg zur elektronischen Identitätsfeststellung. Doch diese Programme kann die Stadt nicht einfach so nutzen, wie es das Rathaus jetzt wortreich auf Anfrage des Linke-Stadtverordneten Sascha Krämer erklärt und in Richtung Land verweist: „Da noch nicht absehbar ist, wann die Vertragsgrundlage für die Nutzung der Basiskomponenten durch das Land Brandenburg bereitgestellt wird, und sich daran, zumindest in Teilen, die weitere Projekt- und Zeitplanung ausrichtet, kann derzeit kein konkreter Zeitplan für die Bereitstellung weiterer digitaler Verwaltungsdienstleistungen benannt werden.“

Veränderte Rahmenbedingungen

Ob es noch andere Gründe gibt, warum das Bürgerportal nicht längst schon online ist, fragten die PNN nach. Dazu sagte Rathaussprecher Markus Klier, in der Zwischenzeit hätten sich „wesentliche technische und rechtliche Rahmenbedingungen verändert“, etwa im Bereich der sogenannten IT-Architekturanforderungen und im Zuge der EU-Datenschutzgrundverordnung. Dazu verwies er auf die „sehr angespannte Personalsituation“ im IT-Bereich, gerade in den Jahren 2017 und 2018 habe man schlicht keine ausreichenden Kapazitäten für das Bürgerportal besessen. Im vergangenen Jahr habe das Rathaus nun aber neun Stellen in dem Bereich besetzt. Nun wolle man noch in diesem Quartal über weitere Schritte zur Umsetzung des Bürgerportals berichten, so Klier.

Hohe Hürden

Die Stadt hatte bei der Vorstellung des Projekts Bürgerportal angekündigt, man könne dann zum Beispiel per Mausklick Autos problemlos ab- oder wieder anmelden oder Personenstandsurkunden beantragen. In seiner Anfrage hatte Krämer zudem noch gefragt, wann man den Anwohnerparkausweis oder die Nachbestellung von Geburtsurkunden online bezahlen oder nach Hause bestellen können wird – doch auch das ist noch ungewiss.

Denn für solche Dienstleistungen gibt es noch andere hohe Hürden, wie die Stadtverwaltung auf Anfrage der FDP-Fraktionschefin Sabine Becker zum Thema Anwohnerparkausweise ausführte. So sei die Erteilung einer solchen Karte nur möglich, „wenn vorab alle benötigten Unterlagen im Original zur Überprüfung vorgelegt worden sind“, so die Stadt. Doch das Versenden von solchen Originalunterlagen – also Personal- und Kraftfahrzeugdokumenten – per Post bedeute für den Bürger sowie für die Behörde „einen hohen Zeit- und Kostenaufwand“, so das Rathaus. Denn einerseits stünden die Dokumente in der Zeit, in der sie unterwegs sind, dem Bürger nicht zur Verfügung. Andererseits müsste der Versand derzeit über einen „für den Bürger und die Behörde sehr kostenaufwendigen Weg“ erfolgen, so das Rathaus – nämlich per versichertem Versand mit Sendungsnachverfolgung. Zudem bestünde die Gefahr, dass trotz sicherem Versand „die Dokumente verspätet oder gar nicht bei der Behörde beziehungsweise dem Bürger ankommen“, begründet die Stadtverwaltung ihre Skepsis. Und auch der „rechtssichere Ausdruck von Bewohnerparkausweisen“ durch den Bürger selbst sei „ohne Verwendung des derzeit vorgeschriebenen Spezialpapiers nicht möglich“. Doch zumindest könne man einen solchen Anwohnerparkausweis online beantragen – und ihn auch ohne Termin abholen, so die Stadtverwaltung (siehe unten).

Empfehlung des Rathauses

Denn gerade auch das vor Jahren eingeführte Termin-Prinzip beim Bürgerservice und auch bei der Autozulassung hatte immer wieder für Kritik gesorgt – weil eben keine oder zu wenig freie Termine online verfügbar sind, wie Leser mehrfach berichteten. In solchen Fällen – und wenn es dringend ist – empfiehlt das Rathaus gleich früh am Tage zu kommen und zu hoffen, dass andere Bürger noch vereinbarte Termine kurzfristig absagen.

Daran wird sich bis zu dem Start des Bürgerportals wohl nicht schnell etwas ändern. FDP-Frau Becker fragte auch: „Welche Services werden zusätzlich zeitnah für den Bürger online digital zur Verfügung stehen?“ Die Antwort darauf fiel knapp aus: „Die zeitnahe digitale Online-Bereitstellung weiterer Dienstleistungen ist derzeit nicht vorgesehen.“

Für Linken-Fraktionsgeschäftsführer Sascha Krämer zeigt das alles vor allem eins: „Die digitale Zukunft ist in der Potsdamer Verwaltung noch weit entfernt.“ Wirklich positiv sei einzig die Ankündigung des Rathauses zu werten, dass die Internetseite www.potsdam.de künftig auch in sogenannter Leichter Sprache verfügbar sein soll – doch zu einem wirklich barrierefreien Internetauftritt gehöre noch einiges mehr, kritisierte Krämer.

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