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Königliches Blech: Die Uhr des Soldatenkönigs hat eine wechselvolle Geschichte. Nun ist sie eines der Exponate zur Stadtschloss-Geschichte im HBPG.

© A. Klaer

Von Peer Straube: Orpheus, Minerva und die Wohnungsnot

Neue Dauerausstellung über das Stadtschloss im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte

Von Peer Straube

Innenstadt - Kein Gold, nein. Nicht mal Silber. Die Uhr Friedrich Wilhelms I. war aus simplem Blech. Ein verbogenes und verrostetes Zeugnis der Sparsamkeit des Soldatenkönigs. Zwei Jahrhunderte hatte es im Stadtschloss gestanden, im ersten Obergeschoss des Lustgartenflügels. Dann, noch vor der Sprengung der Schlossruine, ereilte den royalen Chronometer ein jämmerliches Schicksal. Als der Lustgarten mit dem Ernst-Thälmann- Stadion bebaut wurde, diente die Uhr, gemeinsam mit anderem Schutt aus dem Stadtschloss, als Baumaterial für die Stadionwälle. Beim Abriss der Sportarena im Jahr 2000 wurde sie wiederentdeckt.

Der Zeitmesser des Soldatenkönigs ist eines der Artefakte, die nun in einer neuen Dauerausstellung im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) zu sehen sind. Die Schau, als Ergänzung zur Info-Box an der Landtagsbaustelle gedacht, widmet sich der Geschichte des Stadtschlosses. Wer nun eine lückenlose Chronik des Knobelsdorffschen Architektur-Meisterwerks erwartet, gespickt mit zahllosen prächtigen Exponaten, wird sicher enttäuscht. Nur eine kleine Nische nimmt die Präsentation im HBPG ein. „Es ist schwierig, Ausstellungsstücke zu finden“, räumt Thomas Wernicke, wissenschaftlicher Leiter der Ausstellung, ein. Schließlich wurde beim Abriss der Schlossruine 1960 vieles zerstört. Dennoch – Schloss-Fans und interessierte Laien kommen auf ihre Kosten. Wer sich etwa die Zeit nimmt, die Originaldokumente zu studieren, wird mit einer Fülle von interessanten Fakten belohnt. Beispiel gefällig?

Da wäre etwa der mit sozialistischem Schaum vor dem Mund geschriebene offene Brief von Peter Scheib, veröffentlicht im SED-Blatt „Märkische Volksstimme“ am 11. Januar 1949. Der Parteisekretär der Polizeiabteilung im brandenburgischen Innenministerium hetzt darin eifrig gegen den damals noch geplanten Wiederaufbau des Schlosses, der ihm „gerüchtehalber“ zu Ohren gekommen war. Das Schreiben gipfelt in der geschichtsklitternden These, die „Hitlermeute“ habe „nicht umsonst ihre verbrecherische Tätigkeit damit aufgebaut, dass sie die Methoden eines F zwo fortsetzten“.

Anderes wiederum erscheint von fast unheimlicher Aktualität, wie etwa der „Antrag einer Fraktion auf Steuerung der Wohnungsnot“. Der stammt allerdings nicht von der Stadtverordnetenversammlung in der vergangenen Woche, sondern vom 10. September 1920. Damals tagte das Kommunalparlament nämlich im Sitzungssaal des Stadtschlosses. Die Tagesordnung ist eines der schriftlichen Exponate. Aus der gleichen Zeit stammt ein Schreiben des damaligen Oberbürgermeisters Kurt Vosberg an seinen Stadtbaurat Hans Dreves. Darin bittet der Rathauschef um die Regelung einiger organisatorischer Dinge vor einem Konzert des Pianisten Wilhelm Kempff im Marmorsaal des Schlosses. Selbst das städische Arbeitsamt hat seine Spuren hinterlassen, wie ein Bestellzettel der Behörde an einen Schlossermeister zeigt. Der Handwerker wird darin mit der Reparatur einer Schlossverzierung an einer Tür im Vorraum des Amtes beauftragt.

Den größten Schauwert in der Ausstellung bieten sicherlich die Sandsteinfigur der Minerva und ein Bronzerelief, das einst das zentrale Treppenhaus des Schlosses zierte. Die von Johann Gottlieb Heymüller geschaffene Göttin Minerva hatte Glück. Die Originalplastik wurde bereits 1932 vom östlichen Kopfbau des Schlosses entfernt und durch eine Kopie ersetzt. Letztere überlebte den Krieg nicht, das Original dagegen schon. Das Bronzerelief zeigt eine Szene aus der griechischen Mythologie: Orpheus schläfert mit seiner Musik den Höllenhund Zerberus mit seinem Gesang ein, um Eurydike aus der Unterwelt zu befreien. Das Kunstwerk ist zum ersten Mal seit 1945 wieder öffentlich zu sehen. Einige Stadtschloss-Gemälde sowie ein zeitgenössischer Film, der vor dem Abriss der Schlossruine warnt, vervollständigen die kleine Präsentation.

Der Film hatte bekanntlich keinen Erfolg, wie auch die Proteste der Potsdamer ins Leere liefen. Der offizielle Beleg ist Bestandteil der Schau. Es ist eine Aktennotiz vom 19. Juli 1961. Sie lautet: „Das Stadtschloss ist restlos abgerissen.“

Öffnungszeiten: di-fr von 10 bis 17 Uhr und sa/so 10 bis 18 Uhr, Eintritt 4,50 Euro.

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