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Von Peer Straube: Kaufen, erschließen, vermarkten

Gewerbekonzept der Stadt empfiehlt „aktive Liegenschaftspolitik“ / 40 Hektar Bedarf bis 2020

Von Peer Straube

40 Hektar an zusätzlichen Gewerbeflächen benötigt Potsdam in den nächsten zehn Jahren – doch wo sie ausgewiesen werden können, bleibt noch nebulös. Das ist, sehr salopp gesagt, das Kernfazit des Stadtentwicklungskonzeptes Gewerbe, das Potsdams Chefwirtschaftsförderer Stefan Frerichs gestern vorstellte.

Ein Jahr haben das Deutsche Institut für Urbanistik und das Berliner Büro Spath + Nagel an dem Papier gearbeitet, sämtliche Gewerbeflächen der Stadt unter die Lupe genommen und ihre Prüfergebnisse in Handlungsempfehlungen für die Stadtverwaltung gegossen. Sie sind recht allgemein formuliert: Infrastruktur für Wirtschafts- und Wissenschaftsansiedlungen sichern und verbessern; bereits ansässiges Handwerk und Gewerbe stärker unterstützen; die viel zitierten Stärken stärken – also vor allem Wissenschafts- und Medienfirmen locken; eher Innenverdichtung fördern als Außenbereiche entwickeln; Kooperation und Abstimmung innerhalb des Rathauses verbessern und die Verbindlichkeit politischer Leitlinien erhöhen.

Eine der „deutlichsten Empfehlungen“ der Fachleute war laut Frerichs, dass Potsdam eine „aktive Liegenschaftspolitik“ betreiben müsse. Konkret heißt es in dem Konzept: „Zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Potsdam sollten strategisch wichtige Grundstücke gekauft, erschlossen, entwickelt und vermarktet werden.“ Allerdings zuckte der Wirtschaftsförderer angesichts der Kassenlage die Achseln: „Aus dem Kernhaushalt ist das nicht zu bezahlen.“

Insgesamt haben die Gutachter 273 Hektar an potenziellen Gewerbeflächen im Stadtgebiet ausgemacht und alle haben einen Haken, der im Fachjargon „Aktivierungshemmnis“ genannt wird. Das heißt, die Flächen sind nicht für eine sofortige Ansiedlung verfügbar. Die Gründe sind vielfältig. Von den wenigsten Flächen ist die Stadt selbst Eigentümerin. Private Besitzer hätten jedoch oft „andere Nutzungs- oder Erlösvorstellungen“, sagte Frerichs. Prominente Beispiele sind der Friedrichspark in Uetz- Paaren, Satzkorn und Marquardt, dessen kurzfristige Entwicklungsperspektiven sich nach den zerplatzten Fernostträumen einer „Chinese World“ nun im Bau einer Solaranlage erschöpfen, und die Brache im Kirchsteigfeld, die Projektentwickler Henrik Aldinger mit einem großen Fachmarkt-Center bebauen will, dessen Verwirklichung in den Sternen steht. Weitere Störfaktoren bei der Entwicklung von Gewerbeflächen seien nicht vorhandenes Planungsrecht, fehlende Erschließung sowie Nachbarschaftsstreitigkeiten, so Frerichs.

Als weiteren Rat haben die Gutachter Potsdam ins Stammbuch geschrieben, weiterhin vor allem auf die Zugpferd-Branchen Wissenschaft/Forschung sowie Medien zu setzen. Allein für diese Bereiche wird bis 2020 ein zusätzlicher Flächenbedarf von 15 Hektar veranschlagt. „An den Standorten Golm, Telegrafenberg und Medienstadt sind Flächendefizite bereits heute spürbar oder zeichnen sich in naher Zukunft ab“, heißt es in dem Papier. Für den Bereich Biotechnologie/Life Science allein würden binnen fünf Jahren 7000 Quadratmeter Mietfläche benötigt, in der Medienstadt seien es gar 13 000 Quadratmeter, sagte Frerichs.

Die Babelsberger Filmstudios bräuchten weitere 30 000 Quadratmeter, um die Außenkulisse „Berliner Straße“ und ihre Funden unterzubringen, die bis Ende 2012 weichen müssen, weil der Filmpark ebenfalls expandieren will. An der Lösung dieser Probleme wird gearbeitet.

Laut Frerichs haben die Stadt und das Land eine Untersuchung durchführen lassen, welche Flächenpotenziale im Umkreis der Medienstadt verfügbar sind. Im Wesentlichen läuft es auf das Gebiet auf der anderen Seite der Großbeerenstraße hinaus, wo sich die Studios bereits eingemietet haben. Eigentümer ist der Maschinenbauer Maximum. Dieses Areal soll zur „Medienstadt II“ entwickelt werden. Jetzt gehe es darum, Finanzierungs- und Betriebsmodelle auszuloten. Option sei etwa eine öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP). Auch über eine Beteiligung der Stadt als Gesellschafter müsse nachgedacht werden.

Neben Wissenschaft und Medien empfiehlt das Stadtentwicklungskonzept Gewerbe eine verstärkte Förderung von höherwertigen Gewerbegebieten, etwa für Gewerbeparks. Auf gut 35 Hektar wird der Bedarf bis 2020 geschätzt. 38 Hektar Potenzialflächen gebe es, die jedoch derzeit nicht nutzbar sind. Maßnahmen zur „zeitnahen Aktivierung“ dieser Areale seien „dringend geboten“, raten die Experten. Geringe Nachfrage prognostiziert das Papier für Logistikstandorte und produzierendes Gewerbe.

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