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Von Nicola Klusemann: Denkmal in Zwangsverwaltung

Eigentümerin der Hiller-Brandtschen Häuser hat Bankschulden / Hüneke: Stadt soll Objekt zurücknehmen

Die Hiller-Brandtschen Häuser sind in Zwangsverwaltung. Die verbliebenen acht Mietparteien in dem zweigeteilten Ensemble in der Breite Straße 8-12 wurden vor wenigen Tagen aufgefordert, Miete und Nebenkostenvorauszahlung auf das Konto des vom Amtsgericht bestellten Zwangsverwalters zu überweisen. Die 24-jährige Eigentümerin der Bürgerhäuser konnte nach PNN-Informationen ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Bank nicht mehr nachkommen.

Seit Monaten wohnen die Mieter auf einer Baustelle. Im vergangenen Sommer wurden die Gebäude eingerüstet und das Dach abgetragen. Die Schutzfolie über den Dachbalken wurde von Stürmen zerrissen, Regenwasser bahnte sich seinen Weg. Die leer gezogenen Wohnungen im oberen Stockwerk sind nicht mehr bewohnbar. Feuchtigkeit durchdrang das Mauerwerk, schwarzer Schimmel machte unansehnliche Muster auf der vergilbten Tapete.

Seit dem Eigentümerwechsel – die Stadt veräußerte das unter Denkmalschutz stehende Bauwerk 2004 – wurden die Mieter mit immer neuen Plänen überrascht. Aus dem 1769 von Georg Christian Unger erbauten Doppelhaus sollten Studentenwohnungen, ein Nobelhotel oder eine Herberge für Busreisende werden. Wie berichtet wurden die Mieter aufgefordert auszuziehen, um Baufreiheit für die ehrgeizigen Pläne zu schaffen. Drei Anwälte, eben so viele Architekten und Hausverwaltungen hat die junge Eigentümerin aus Leipzig inzwischen verschlissen. Auch hier blieb sie Geld schuldig.

Beauftragte Handwerker, wie die Glaserfirma, behielten bis jetzt die ausgehängten Innenflächen der Doppelfenster zur eigenen Sicherheit ein. Nur in den noch vermieteten Wohnungen seien noch vor dem Winter die Fenster wieder eingesetzt worden. „Wir sollten unter der Säumigkeit der Hauseigentümerin nicht leiden“, sagt Werner Schreiber, der mit seiner Frau Gisela im dritten Stock im Haus Nummer 12 wohnt.

Die neuen Innenfenster sind ein Segen, sagt auch Wolfgang Liebert. Der Kunstmaler zog bereits 1985 mit seiner Familie in die Breite Straße Nummer 8. Die Fenster würden den „Straßenlärm absorbieren“, so Liebert, der darauf hofft, dass auch alle weiteren begonnenen Bauarbeiten fertiggestellt werden. So funktioniere zurzeit die Haustürklingel nicht, weil die zum Teil verlegten Stromleitungen noch nicht angeklemmt seien. Für ihn seien die Hiller-Brandtschen Häuser ein „echtes Zuhause“, aus dem er auch nicht ausziehen wolle. Die Arbeiten würden fortgesetzt, ist sich Liebert sicher. Zur Übernahme der bestehenden Mietverträge hatte sich die Eigentümerin mit Unterzeichnung des Kaufvertrags ebenso verpflichtet wie zur umfassenden Sanierung der denkmalgeschützten Baulichkeit. „Vielleicht wird die Zwangsverwaltung ja auch wieder rückgängig gemacht“, sagt Maler Liebert.

Am besten wäre es, die Stadt nehme die Hiller-Brandtschen Häuser zurück, meint hingegen Saskia Hüneke, die als Vorstandsmitglied des Stadtgestaltungsvereins Argus und als Stadtverordnete für Bündnis 90/Die Grünen von den Schreibers bereits um Hilfe gebeten wurde. Für die Stadtverordnetenversammlung am 1. April hatte Hüneke schon eine entsprechende Anfrage an die Verwaltung vorbereitet. Durch die jetzt eingesetzte Zwangsverwaltung bestehe allerdings „größerer Handlungsbedarf“, erklärte die Stadtverordnete gegenüber den PNN. Es gebe eine öffentliche Verpflichtung, das Denkmal zu sichern, besonders dann, wenn es ernstlich in Gefahr gerate, argumentierte Saskia Hüneke. „Und das ist jetzt der Fall.“

Nicola Klusemann

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