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Ausnahme. Echte Kundenmagneten wie Karstadt in der Brandenburger Straße gibt es zu wenige im Zentrum, so die Experten.

© dpa

Von Matthias Matern: Große Nachfrage, aber kaum Angebot

Immobilien-Experten kritisieren „restriktive Denkmalschutzauflagen“ und Fehler bei Gewerbeansiedlungen

Von Matthias Matern

Der Mangel an großen Gewerbeflächen in der Innenstadt wird zunehmend zum Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung Potsdams. Das geht aus der jüngsten Standortanalyse der Comfort-Gruppe, eines bundesweit tätigen Vermittlers für Gewerbeflächen, hervor. Demnach habe die brandenburgische Landeshauptstadt zwar an Attraktivität für den Einzelhandel gewonnen, loben die Experten. Doch Fehler bei der Ansiedlungspolitik und „restriktive Denkmalschutzauflagen“ im barocken Stadtzentrum seien für die weitere Entwicklung der gewerblichen Struktur „hinderlich“, berichtet Ronald Steinhagen, Geschäftsführer der Comfort Berlin-Leipzig GmbH. Vor allem die Ansiedlung des Porta Möbelhauses am Stern-Center mit seinem teils innenstadtrelevanten Sortiment, wie Geschirr und andere Haushaltswaren, habe die von der Stadt angestrebte Stärkung des Zentrums „ad absurdum“ geführt, kritisiert Steinhagen.

Insgesamt hat die Comfort-Gruppe 60 der wichtigsten Einkaufsstädte in Deutschland untersucht, dabei unter anderem Faktoren wie Kaufkraft, Bevölkerungsentwicklung und Mietpreise analysiert. Generell bescheinigen die Standort-Vermittler, die vor allem für große internationale Handelsketten wie den schwedischen Modekonzern Hennes & Mauritz (H&M) tätig sind, Potsdam ein hervorragendes Potenzial. Mit knapp elf Prozent liege die Arbeitslosenquote nicht nur deutlich unter anderen Werten im Land, sondern auch unter denen anderer ostdeutscher Regionen. Zusammen mit dem thüringischen Jena zähle Potsdam außerdem zu den am stärksten prosperierenden Städten in den neuen Ländern, meint Steinhagen. „Die Einwohner haben ein vergleichsweise hohes Pro-Kopf-Einkommen und die höchste Kaufkraft in Ostdeutschland.“ Doch was Angebote zum Geldausgeben betreffe, bestehe noch Wachstumspotenzial, so der Comfort-Geschäftsführer. Neben dem Karstadt-Haus würden allenfalls noch H&M und Strauss-Innovation als Kundenmagnet funktionieren. Für weitere Ansiedlungen seien die vorhandenen Flächen aufgrund der kleinen, barocken Gebäude aber meist zu klein.

Auch beim renommierten Maklerunternehmen Engel & Völkers kennt man das Problem. „Wir verzeichnen eine steigende Nachfrage von großen Handelsunternehmen, die den Standort Potsdam als attraktiv erachten. Diese können wir häufig nicht bedienen, weil die erforderlichen Flächengrößen nicht zur Verfügung stehen“, bestätigt Sebastian Fischer von der Potsdamer Engel & Völkers-Filiale.

In der Stadt ist man sich durchaus des Engpasses bewusst. Ein 2008 von den Stadtverordneten verabschiedetes Einzelhandelskonzept soll Besserung bringen. „Es gibt einzelne Standorte rund um die Brandenburger und die Friedrich-Ebert-Straße, die wir zurzeit mit dem Denkmalschutz untersuchen“, berichtet Jutta Moll von der städtischen Wirtschaftsförderung. Dabei hätten sich bereits einige Lösungsansätze ergeben. Denkbar wären zum Beispiel Erweiterungen in den Hofbereichen der denkmalgeschützten Häuser, sagt Moll.

Für größere Modehandelsbetriebe jedoch seien Flächen von mindestens 400 Quadratmetern erforderlich, gibt Comfort-Sprecher Ralf Bettges zu bedenken. Zudem würden naturgemäß Immobilen bevorzugt, deren Ladenfront direkt an der Straße liegt und nicht zum Hinterhof.

Das Potenzial in Potsdams Zentrum ist nun mal begrenzt, räumt Wirtschaftsförderin Moll ein – und: „Die Kaufkraft aber auch.“ Dass die Ansiedlung von Porta fern des Zentrums der Innenstadt zusätzlich geschadet hat, glaubt sie nicht. „Dafür gibt es keine belastbaren Erkenntnisse.“ Vielmehr habe das Möbelhaus einen Bedarf abgedeckt, der vorher nicht ausreichend befriedigt werden konnte, meint Moll.

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