zum Hauptinhalt

Von Matthias Matern: Aufbauhilfe für das Radio

Für die US-Regierung soll die Potsdamer Firma Antensan in Afghanistan Rundfunkstationen errichten

Von Matthias Matern

Wieder einmal muss Selahattin Erdem seine Mitarbeiter in die Wüste schicken. Und wie so oft, müssen die Ingenieure der Antensan CES International GmbH ihre Arbeit unter schwierigsten Bedingungen erledigen. Der neue Großauftrag der Potsdamer Experten für Kommunikationsanlagen führt sie direkt in ein Krisengebiet. Für den staatlichen Auslandssender der USA, Voice of America, soll Antensan im vom Krieg zerstörten Land mehrere Rundfunkstationen aufbauen. Musik, Bildungsprogramme, Gesundheits- und Hygieneinformationen will die US-Regierung über den Äther zur afghanischen Bevölkerung schicken. Erst vor wenigen Tagen hat Antensan-Chef Erdem den Vertrag in den USA unterschrieben.

„Die erste Station soll im kommenden Mai auf Sendung gehen“, berichtet Selahattin Erdem. Der weitere Aufbau erfolge Schritt für Schritt. Mit Aufträgen in heiklen Regionen hat das Unternehmen Erfahrung. Für deutsche Industriekonzerne, wie Siemens, baut Antensan weltweit Mobilfunknetze auf, darunter in Nigeria, Kasachstan oder im Irak. Geplant werden die Projekte in der Firmenzentrale in Potsdam-Babelsberg. Montiert werden die Antennen und Funkmasten durch Ingenieure aus Erdems türkischer Tochterfirma in Ankara. Insgesamt beschäftigt Antensan rund 70 Mitarbeiter. Die meisten in der Türkei, sieben feste und rund fünf freie Mitarbeiter in Potsdam.

Bei den Projekten, die die Spezialisten für Rundfunk- und Fernsehtechnik, Telekommunikation, Verkehrstechnik sowie Luft- und Schifffahrtskommunikation bearbeiten, handelt es sich in der Regel um Millionenaufträge. Genaue Umsatzzahlen will Erdem aber nicht nennen. „Ich bin mit der Entwicklung sehr zufrieden“, sagt der in der Türkei geborene Geschäftsmann. Neben der Industrie sind vor allem Regierungen wichtige Auftraggeber. Auch für die Nato hat die Antensan CES International GmbH bereits Aufträge realisiert, ebenfalls in Afghanistan. „Die Bedingungen vor Ort sind sehr schwierig“, berichtet Milan Popovic, Leiter Verkauf und Projekt bei Antensan. Am Arbeitsplatz gebe es häufig so gut wie keine Infrastruktur, ohne militärische Absicherung gehe gar nichts. Erst vor rund zwei Jahren wurden drei türkische Mitarbeiter des Unternehmens aus Ankara entführt.

Deutschland spielt für Antensan fast gar keine Rolle. „Unsere Geschäfte machen wir zu fast 100 Prozent im Ausland“, sagt Selahattin Erdem. Gerade deshalb sei der Standort der Firmenzentrale in Potsdam so gut geeignet. „Die Nähe zu den rund 70 Botschaften in Berlin ist für uns wichtig. Genauso wie der kurze Draht zum Bundesverteidigungsministerium und zum Einsatzführungskommando der Bundeswehr für Auslandseinsätze in Geltow“, meint der Firmenchef. 2003 ist Erdem mit seinem Unternehmen aus Berlin nach Babelsberg in eine repräsentative Villa am Griebnitzsee gezogen. Ausdrücklich lobt er die „sehr große Unterstützung“ der Industrie- und Handelskammer Potsdam, die auch bereits bei einem etwas schwierigen Nato-Auftrag in Brüssel vermittelt habe. Privat fühlt sich der türkischstämmige Unternehmer in Potsdam ebenfalls gut aufgehoben. Seit Jahren hat er hier seinen Wohnsitz. Gerne führt er Geschäftspartner aus den USA, Saudi Arabien oder Katar zu den vielen Schlössern. „Ich fühle mich als Potsdamer.“

Sein Unternehmen sieht Selahattin Erdem als Musterbeispiel für eine gelungene deutsch-türkische Zusammenarbeit. Viel zu selten würden in der aktuellen Integrationsdebatte in Deutschland auch positive Beispiele gezeigt. Die meisten seiner Mitarbeiter in Potsdam seien deutschstämmig, die meisten in Ankara dagegen türkisch. „An meinen deutschen Mitarbeitern schätze ich sehr die Disziplin und die exakte Planung von Projekten“, erklärt Erdem, der in Berlin studiert hat. Die türkischen Beschäftigten dagegen würden durch ihr Improvisationstalent auch dann zurechtkommen, wenn mal etwas unerwartet in die Quere komme. Vor allem in Einsatzgebieten, wie dem Irak oder Afghanistan sei dies eine wichtige Tugend. „Wir haben das Beste beider Seiten zusammengefasst und das Konzept funktioniert sehr gut“, findet der Unternehmer.

Aus ihrer Villa am Griebnitzsee müssen sich Erdems Potsdamer Mitarbeiter bald verabschieden. Das Unternehmen verlässt die Stadt – zumindest teilweise. „Wir haben gerade eine Immobilie in Teltow erworben, werden dort rund 2,5 Millionen Euro investieren“, sagt Selahattin Erdem. Der Bereich Forschung und Entwicklung soll deutlich ausgebaut werden. Der Umzug ist für Mitte 2011 geplant. An der Villa hält Erdem trotzdem fest: „Für repräsentative Zwecke, etwa wieder Geschäftspartner zu Besuch kommen.“

Zur Startseite