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Von Jan Brunzlow: Wenn das Kleinod leidet

Potsdamer Wagenburgler kämpfen um ihr Heim sowie gegen Vorbehalte und Beschuldigungen

Hermannswerder - Es ist kein weißer Rauch, der auf Hermannswerder derzeit aufsteigt. Schwarz soll er sein und damit wäre er ein Zeichen für Unfrieden und Unstimmigkeiten. In einem Brief an die PNN beschwert sich Sabine Hahnau über „beißenden Qualm der Lagerfeuer und Kanonenöfen“, der über die Insel in ihr Haus zieht. Sie wohnt im Baugebiet Fährwiese, unweit davon ist das Wohnprojekt Tornow 38, in dem 21 Potsdamer in einem Haus und acht Bauwagen in Gemeinschaft zusammenleben. Hahnau empfindet dies als störend und auch die Stadtverwaltung hat die Bewohner bereits zur Beseitigung der Wagenburg aufgefordert. Doch die wehren sich, haben Anfechtungsklage gegen eingereicht, versuchen Mediationsverfahren mit den Nachbarn und bekommen nun selbst von der Polizei Hilfe.

Schriftlich haben sie es inzwischen vom Schutzbereich Potsdam, dass es bei Kontrollen der Polizei „weder eine Geruchsbelästigung durch Feuer/Qualm, noch eine Belästigung durch ruhestörenden Lärm gab“, heißt es in einem Polizei-Schreiben. Es seien lediglich Feuer mit einer Größe von 50 mal 50 Zentimetern beziehungsweise Grillfeuer festgestellt worden. Mindestens sechs Mal musste die Polizei in den vergangenen 20 Monaten zu dem Areal ausrücken, weil es Beschwerden gab „die alle von der gleichen Anruferin ausgelöst wurden“, so die Polizei. In diesem Jahr habe es noch keinen Einsatz gegeben, hieß es gestern von einem Polizeisprecher. Jedoch sei ein Mediationsverfahren mit der zuständigen Revier-Polizistin und den sich belästigt fühlenden Anwohnerinnen angestrebt worden. Zu diesem ist es nicht gekommen.

Die Bewohner der „HausWagenBurg“, wie sie sich bezeichnen, fühlen sich durch das öffentliche Schreiben der Anwohnerin ungerecht dargestellt. „Wir zeigen seit über einem Jahr intensive Gesprächsbereitschaft, um das Immissionsproblem, das nur für diese beiden Parteien besteht, zu lösen“, erklärte Frank Döderlein im Namen der Bewohner. „Leider erfahren wir kein Entgegenkommen. Eher das Gegenteil ist der Fall“, so Döderlein. Er wolle klarstellen, „dass wir fast ohne Ausnahme mit allen Anwohnern ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis haben“. Hahnau hatte geschrieben, die Wagenburg sei „nicht nur eine Minderung von Wohn- und Lebensqualität sondern eine gesundheitliche Zumutung“. Sie würde es mit Befremden zur Kenntnis nehmen, sollte die Stadtverwaltung die Wagenburg als eine Bereicherung erkennen. Sie selbst ziehe in Erwägung wegen der empfundenen Belästigung und des „rücksichtslosen Verhaltens“ ihr Haus zu verkaufen.

Bis Ende 2012 sollen auch die Wagenburgler weichen, wenn es nach dem Willen der Bauverwaltung geht. In einem Schreiben haben sie Anfang 2009 die Beseitigung der Wagen gefordert und ein Zwangsgeld angedroht, sollte dies nicht innerhalb eines Monats nach Bestandskraft des Schreibens geschehen. Doch Verhandlungen haben den Bewohnern zu mehr Zeit verholfen. Oberbürgermeister Jann Jakobs sicherte nun zu, dass bis 2012 keiner von dem Grundstück weg müsste. Er hatte vor zehn Jahren als damaliger Sozialdezernent an der heutigen Lösung für das alternative Wohnprojekt mitgebastelt. Hermannswerder war als Alternative für ein Areal im Lerchensteig gefunden worden, das geräumt werden musste. Eine Baugenehmigung für die Bauwagen, die laut Gesetz nur auf Bauland stehen dürfen, hat die Stadtverwaltung im Jahr 2005 allerdings nicht erteilt.

Baudezernent Matthias Klipp sagte daher unlängst, in Potsdam gebe es viele mögliche Orte für eine Wagenburg, aber nicht auf Hermannswerder. Ein Grundstück in Fahrland, das die Stadt angeboten hat, wollen die Bewohner jedoch nicht annehmen. Sie finden eher die Argumentation der Verwaltung in Zusammenhang mit der Aufgabe der Wagenburg befremdlich. Denn die hatte in einem offiziellen Schreiben mitgeteilt, die Wagenburg sei ein negatives Vorbild für Touristen – die Ordnung uns Sauberkeit des märkischen Kleinods leide darunter.

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