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Rocker-Reste: Der MC Gremium, der erste Rocker-Club in Potsdam, hat sich aufgelöst. Das Signum des MC über dem Tor zu seinem Clubgelände ist abmontiert.

© M. Thomas

Von Henri Kramer: MC Gremium aufgelöst

Hells Angels übernehmen Vormachtstellung unter Potsdams Rockern / LKA bilanziert Ermittlungen 2010

In der mutmaßlich kriminellen Rocker- Szene in der Landeshauptstadt beobachten Ermittler neue Entwicklungen: Der Potsdamer Ableger des berüchtigten Rocker-Clubs „MC Gremium“ hat sich aufgelöst. Das bestätigte gestern Karina Schulter, Sprecherin des brandenburgischen Landeskriminalamts (LKA), den PNN auf Anfrage. Damit übernehmen nun die konkurrierenden „Hells Angels“, die in der Charlottenstraße eine Kneipe betreiben, die Vormachtstellung unter Potsdams Rockern.

Der „MC Gremium“ war bis Anfang 2009 der einzige Rocker-Club in Potsdam. Im Spätsommer 2007 hatte er am Rande der Waldstadt I am Ufer der Nuthe ein Clubgelände eröffnet. Seit September dieses Jahres ist das Areal nach LKA-Angaben geräumt. Über dem metallenen Eingangstor ist das Signum „Gremium Potsdam“ seitdem abmontiert „Die meisten ehemaligen Mitglieder organisieren sich nun als sogenannte Freebiker, also als lockerer Zusammenschluss von Motorradfahrern“, sagte LKA-Sprecherin Schulter. Andere Rocker seien auch zum Ableger von „MC Gremium“ in Frankfurt (Oder) gewechselt. „Keine Erkenntnisse“ hätten die Ermittler, ob es auch direkte Überläufer zu den Potsdamer „Hells Angels“ gebe, so Schulter. Ermittler hatten im September berichtet, in Berlin seien mehr als 30 Anhänger des „MC Gremium“ zu den „Hells Angels“ übergelaufen.

Neben den Hells Angels hatte sich in Potsdam 2009 auch noch ein Ableger der „Red Devils“ gegründet, die als Unterstützer der Höllenengel-Rocker gelten. Allerdings ist die Internetseite der Potsdamer „Red Devils“ zuletzt gelöscht worden.

Zugleich bilanzierte das LKA für das ablaufende Jahr die Ermittlungen in Bezug auf Rocker-Kriminalität in Potsdam. Im Bereich des Polizeipräsidiums Potsdam – also West-Brandenburg – habe es 2010 im Rocker-Milieu rund 120 Ermittlungsverfahren gegeben, so Behördensprecherin Schulter. Die Beteiligung von Potsdamer Rockern an Straftaten habe sich etwa im April gezeigt, als der ehemalige „Road Captain“ der Potsdamer „Hells Angels“ am Landgericht Cottbus zu zweieinhalb Jahren Gefängnis wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilt worden ist. Auch bei einem Prozess, bei dem am Landgericht Potsdam gerade gegen drei Rocker verhandelt wird, weil sie vom Chef eines Beelitzer Tattoo-Studios Schutzgeld gefordert haben sollen, sei einer der Angeklagten den Potsdamer „Hells Angels“ zuzurechnen, so LKA-Sprecherin Schulter. Und: „Im Übrigen sind rund 50 Prozent der Mitglieder der Potsdamer Hells Angels vorbestraft.“ Zugleich verwies Karina Schulter auf mehrere Razzien und Polizeikontrollen in Potsdam und Frankfurt (Oder), bei denen seit 2009 bei Rockern „vielfach“ Waffen gefunden worden – in Einzelfällen auch Schusswaffen.

Immer wieder werden Rocker-Clubs wie der MC Gremium oder die Hells Angels von Strafverfolgungsbehörden mit organisierter Kriminalität in Verbindung gebracht und damit als Gruppen eingestuft, die kriminelle Ziele systematisch verfolgen. „Es muss davon ausgegangen werden, dass Erpressungen sowie der Drogenhandel häufig genutzte illegale Erwerbsquellen für Mitglieder von Rockergruppierungen darstellen“, so Schulter. Da Drogengeschäfte aber „im Regelfall“ nur durch aktives polizeiliches Handeln bekannt würden und Erpressungen „häufig im Milieu stattfinden und so ebenfalls nur selten zur Anzeige gelangen“, müsse bei beiden Kriminalitätsbereichen auch „ein hohes Dunkelfeld“ vermutet werden, so Schulter. So lägen dem LKA auch keine „gesicherten Erkenntnisse“ vor, ob Potsdamer Nachtklubs oder Diskotheken Schutzgelder an Rocker zahlen würden. Allerdings sei Schulter zufolge bekannt, dass „nicht wenige Mitglieder von Rockergruppierungen“ auch Tätigkeiten in der Security-Branche nachgingen. So würden „Funktionsmitglieder“ der Rocker-Clubs auch Sicherheitsunternehmen betreiben und wiederum andere Mitglieder ihrer Clubs mit Sicherheits- und Ordnungsaufgaben betrauen. LKA-Sprecherin Schulter: „Polizei und Sicherheitsbehörden sind hinsichtlich dieser Problematik zwischenzeitlich sensibilisiert.“

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