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Von Henri Kramer: Einen Euro für’s Archiv

Trägerverein arbeitet an Zukunftsplan für alternatives Jugendzentrum – und steht offenbar vor Umbruch

Templiner Vorstadt - Der Trägerverein des Archiv-Jugendzentrums würde das marode Kulturhaus in der Leipziger Straße kaufen – für einen symbolischen Euro von der Landeshauptstadt. Noch lieber aber hätte der Archiv e.V. einen langfristigen Mietvertrag für das Gebäude, einen Vorschuss zu dessen Sanierung sowie erstmalig finanzielle Unterstützung von der Verwaltung für laufende Nebenkosten. Diese zwei Vorschläge sind Teil eines Konzepts, dessen Feinheiten die Vereinsmitglieder und Stammbesucher des Hauses gerade in basisdemokratischen Plenumsrunden ausarbeiten. Das Papier ist für die Verwaltung bestimmt. Ein Entwurf davon liegt den PNN vor.

Das mehr als 30 Seiten starke Dokument wirkt dabei wie eine Zustandsbeschreibung mit inhaltlichen Wunschvorstellungen, ein detaillierter Finanzplan ist es nicht. Wie berichtet, ist die Zeit für das Archiv-Zentrum knapp. Noch rund fünf Monate bleiben, dann endet die letzte Gnadenfrist der Bauaufsicht für das alternative Kulturzentrum – bis dahin muss klar sein, wie zumindest die Brandschutzauflagen für das Haus erfüllt werden können. 400 000 Euro sind laut einem Gutachten allein dafür nötig. Insgesamt wird der Sanierungsbedarf auf zwei Millionen Euro geschätzt. Allerdings bietet der Verein an, zur Minimierung der Kosten viele Arbeiten „in Eigenleistung“ zu übernehmen.

Woher das restliche Geld aber genau kommen soll – das bleibt in dem Papier bisher offen. Zuerst müsse der Vertrag zum „Gebäudebesitz und -trägerschaft“ neu formuliert werden, heißt es. Danach „können wir gemeinsam mit den zuständigen Stellen die Realisierung der Finanzierung planen“ – denn auch erst dann sei das Beantragen von „Drittgeldern“ möglich, etwaige Kredite also. Gleichzeitig macht der Verein klar, dass er die anstehenden Sanierungsarbeiten nicht alleine schultern kann und die Stadt Potsdam als Hauseigentümerin in der Pflicht zur Hilfe sieht – wobei die Verwaltung solche Wünsche ablehnend als „schwierig“ bezeichnet. Doch bliebe die Finanzierung allein in der Verantwortung des Archiv e.V., „würde die Nutzung, wie sie bis heute erfolgreich möglich ist, unmöglich gemacht“, heißt es in dem Papier. Denn die selber zu erwirtschaftenden Millionen für eine Sanierung würden „zwangsläufig“ zu steigenden Preisen und zur Gewinnorientierung führen, „was eine inhaltliche Arbeit am Massenpublikum diktiert“ – „inakzeptabel“ sei dies.

Mehr Platz in seinem Konzept widmet der Archiv e.V. denn auch den Angeboten, die er erhalten oder ausbauen will: Unter anderem finden in dem Haus jedes Jahr dutzende Konzerte regionaler und internationaler Bands statt, vor allem Fans alternativer Musikstile werden bedient. Laut dem Konzept werden so pro Jahr rund 59 000 Besucher erreicht, die meisten zwischen 19 und 30 Jahren alt. Das Haus sei „eine nicht wegzudenkende Größe in Potsdam“, so der Verein.

Doch wie es weiter geht, ist offen. Neben den ungeklärten Finanzfragen vor der drängenden Sanierung steht der Trägerverein dazu vor einem Umbruch: Intern wird selbst eine neue Rechtsform statt des Vereins diskutiert. Dazu stehen demnächst noch Vorstandswahlen an. Einer aus der Vereinsspitze sagt: „Wir sind gerade in einer Art Selbstfindung“.

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