zum Hauptinhalt
Kommt in Potsdam der gläserne Abgeordnete? Der Beitritt zu Transparency International könnte dafür sorgen.

© dpa

Von Henri Kramer: Alles über meinen Stadtverordneten

Verhaltenskodex für Stadtverordnete geplant / Verwaltung weitet den Kampf gegen Korruption aus

Peter Kaminski von der Potsdamer Linken-Fraktion, SPD-Mann Claus Wartenberg und CDU-Stadtparlamentarier Michael Schröder haben eines gemeinsam: Womit sie nebenbei ihr Geld verdienen, darüber können die meisten Potsdamer nur rätseln. Das könnte sich bald ändern.

Denn wenn Potsdam dem Anti-Korruptionsverein Transparency International (TI) beitreten würde, müssten die Stadtverordneten künftig über ihren Beruf, ihre Nebeneinkünfte, ihre Beraterverträge und ihre Mitgliedschaften in Vereinen, Aufsichtsräten und Institutionen öffentlich informieren. Das hat gestern Christian Erdmann gesagt, der als Leiter des Potsdamer Rechnungsprüfungsamtes seit 1. August die Korruptionsbekämpfung in der Stadtverwaltung organisiert. „Transparenz ist nötig, damit die Bürger sehen, welche Interessen ihre Stadtverordneten im Parlament vertreten“, sagte Erdmann auf Anfrage. Zu den Regeln werde gerade ein Verhaltenskodex für die Stadtverordneten erarbeitet. Über diese Selbstverpflichtung müsse dann abgestimmt werden.

Gegen diese Pläne regten sich gestern aber auch Bedenken: Vom Stadtpräsidenten Peter Schüler (Grüne) selbst, der als Rechtsanwalt praktiziert. „Für meine Berufsgruppe gilt eine gesetzliche Schweigepflicht, wenn wir über Mandanten reden sollen“, so Schüler auf Anfrage. Dies sei ein Konflikt zur geforderten Transparenz – für solche Fälle müsse eine Lösung gefunden werden. Zugleich bestätigte Schüler ein für Ende September geplantes Gespräch mit ihm, Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Vertretern von Transparency, bei dem es um letzte Modalitäten der Potsdamer TI-Mitgliedschaft gehen soll. Den Beitrittswunsch hatten die Stadtparlamentarier im Frühjahr beschlossen.

Gleichwohl ist die Arbeit an dem Kodex für die Stadtverordneten nur eine von mehreren Maßnahmen, die Potsdam umsetzen will, damit der Transparency-Verein die Stadt auch aufnimmt. Inzwischen hat die Verwaltung von TI eine Checkliste erhalten, in der rund 50 Fragen an die Kommune gestellt werden, wie die Stadt und ihre handelnden Akteure gegen Korruption gewappnet sind. Rechnungsamts-Chef Erdmann räumte gestern dabei durchaus noch Handlungsbedarf ein. So werde im Zuge des TI-Beitritts beispielsweise eine bestehende Dienstanweisung für Verwaltungsmitarbeiter überarbeitet.

Auch kommunale Unternehmen würden befragt, welche Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung sie ergreifen. Ebenso würden noch in diesem Jahr Anti-Korruptionsseminare angeboten, die speziell Führungskräfte und Mitarbeiter aus von Bestechlichkeit bedrohten Ämtern besuchen sollen, so Erdmann weiter. Geplanter Ausrichter sei dabei die Staatsanwaltschaft Neuruppin, die eine Schwerpunktabteilung für Korruption hat – und die Potsdamer Verhältnisse kennt.

Denn bei der Justizbehörde wird jener Fall ermittelt, der Korruption zu einem wichtigen Thema in Potsdam gemacht hat: Der schwere Verdacht gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Ausländeramtes, der sich bis Ende 2007 offenbar in mehreren Fällen bestechen ließ und dafür Aufenthaltsgenehmigungen ausstellte. Der Fall hatte eine Diskussion über Transparenz ausgelöst, weil die Verwaltung erst nach Medienrecherchen die Öffentlichkeit darüber informierte. Seitdem hat die Stadtverwaltung die Stelle eines unabhängigen Ombudsmanns ausgeschrieben, bei dem sich künftig Bürger und Angestellte melden sollen, wenn sie den Verdacht der Bestechlichkeit hegen. Und um Interessenskonflikte zu vermeiden, koordiniert die Korruptionsbekämpfung seit August auch nicht mehr der Personal-Bereichsleiter Jürgen Schneider, sondern das Rechnungsprüfungsamt selbst unter Erdmann: „Stellen wir Korruption fest, müssen wir einschreiten.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false