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Von Guido Berg: Mitteschön kämpft für die Alte Post

Was folgt dem „Haus des Reisens“? Nobelpreisträger Blobel finanzierte Grafik einer Unger-Rekonstruktion

Innenstadt - Die Bürgerinitiative „Mitteschön“ kämpft wieder. Nachdem sie erfolgreich die Rekonstruktion der Knobelsdorff-Fassade für das künftige Landtagsschloss durchsetzte, bringt sie sich nun in die gegenwärtige Debatte um die architektonische Qualität des Nachfolgebaus des „Haus des Reisens“ ein. Dabei überrascht sie jetzt mit einer Visualisierung einer möglichen Rekonstruktion der Alten Post, wie sie 1783/84 nach Entwürfen des Architekten Georg Christian Unger an der Yorckstraße Ecke Friedrich-Ebert-Straße entstand.

Die Grafik der Dresdener Firma arte-4D wurde finanziert durch die New Yorker Stiftung „Friends of Dresden“ des Medizin-Nobelpreisträgers Günter Blobel. Der US-Forscher deutscher Herkunft hatte sich bereits für den Wiederaufbau der Dresdener Frauenkirche eingesetzt. Weitere von Blobel ermöglichte Visualisierungen von insgesamt zehn Leitbauten der Potsdamer Mitte will die Bürgerinitiative in Kürze der Öffentlichkeit vorstellen.

Mitteschön-Sprecherin Barbara Kuster erklärte sich gestern zufrieden mit den Ankündigungen des Baubeigeordneten Matthias Klipp (Bündnisgrüne) hinsichtlich der weiteren Bebauung des Alten Marktes. Hierfür hat Klipp, erst seit 1. September im Amt, ein Leitbauten-Konzept angeschoben als Basis von möglichen Rekonstruktionen kunsthistorisch wertvoller Gebäude oder Fassaden. Anderer Meinung sei Mitteschön jedoch hinsichtlich der Pläne für den Standort des „Haus des Reisens“. Der Bauherr, die städtische Pro Potsdam GmbH, hatte für einen Neubau einen Architekten-Entwurf vorgelegt, der nach allgemeiner Kritik nun in hochkarätig besetzten Workshop-Sitzungen mit den Worten Klipps lediglich „qualifiziert“, also verbessert werden soll. Mit einer Präsentation der Ergebnisse ist dem Vernehmen nach Mitte Oktober zu rechnen.

Mitteschön dagegen plädiert für eine Wiedererrichtung, eine Rekonstruktion der Alten Post. Es handele sich um einen Leitbau par Excellence. Das erste Potsdamer Postgebäude war bei dem Bombenangriff auf die Stadt am 14. April 1945 beschädigt und 1958 abgerissen worden. Anstelle dessen wurde 1968 als neungeschossiger Plattenbau das „Haus des Reisens“ errichtet. Einer Untersuchung des Kunsthistorikers Joachim Kuke zufolge kreuzen sich an dieser Ecke der Potsdamer Stadtgestalt gleich mehrere Sichtachsen und Bezüge. Sowohl von Norden als auch von Süden kommend war die Alte Post ein ganz gewusst gesetzter „point de vue“, ein städtebaulicher Kulminationspunkt, so Kuke. Die von arte-4D erarbeiteten Computeranimationen würden auf einer Fülle von historischen Fotografien beruhen, die auf der Höhe der heutigen Computertechnik analysiert, entzerrt und modelliert worden seien.

Eine Rekonstruktion der Unger-Post gilt zwar bei Potsdamer Sachverständigen als wünschenswert und – bei Vorliegen der historischen Bauakten – auch als möglich. Die Finanzierung durch Pro Potsdam erscheint Eingeweihten jedoch als äußerst schwierig – „die königliche Schatulle“ sei nicht mehr vorhanden. Mitteschön-Sprecherin Kuster hofft dagegen auf einen Sponsor oder einen solventen Käufer des stadtbildprägenden Grundstücks. Sie persönlich kenne Interessenten, die gern einen Leitbau errichten wollten. Immerhin wäre ein Wiederaufbau der Alten Post sehr prestigeträchtig.

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