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Spannend, den DDR-Bau zu integrieren: Der Architekt Reiner Becker.

© A. Klaer

Von Guido Berg: Ein Bücherregal aus Glas

Der Architekt Reiner Becker hat seinen Fassaden-Entwurf für die Stadt- und Landesbibliothek vorgelegt

Innenstadt - Als „Schlusspunkt einer jahrelangen Diskussion“, wie die Kulturbeigeordnete Iris Jana Magdowski (CDU) erklärte, hat der Architekt Reiner Becker gestern vor Journalisten seinen Entwurf der künftigen Fassade der Stadt- und Landesbibliothek präsentiert. Ausgehend von dem Sartre-Zitat „Die Jugend hat Heimweh nach der Zukunft“ sollte das künftige Haus des Wissens „eine Architektursprache sprechen, die in die Zukunft weist“, erklärte Becker. „Bücher im Regal“ solle die Erstassoziation beim Anblick der Fassade sein, erreicht durch verschieden farbige Glasfelder. Die Trägerstruktur erhält eine Putzoberfläche, „wie man es auch vom Barock her kennt“, sagte Becker.

Der Architekt, der auch den so genannten Verbinder am Alten Markt plant, erinnerte daran, dass die Einbindung der Bibliothek in die künftige Stadtstruktur beim Masterplan-Workshop für die Potsdamer Mitte 2006 festgelegt wurde. Die Festlegung, die Bibliothek zu sanieren, obwohl sie über den historischen Stadtgrundriss hinausragt, „war nicht meine, aber eine großartige Idee“, so Becker. Der Architekt erklärte, er finde es „spannend, den DDR-Bau zu integrieren“. Becker: „Auch die Zeit nach 1945 gehört zur Geschichte.“ Der monolithische Baukörper der am 5. Oktober 1974 eröffneten wissenschaftlichen Allgemeinbibliothek, seine Kubatur, werde Becker zufolge von den Bibliotheksnutzern wiedererkannt. Die Bürgerinitiative Mitteschön hatte heftige Diskussionen in Potsdam ausgelöst, als sie vor wenigen Monaten die Sanierung des DDR-Baus infrage stellte und einen Neubau an gleicher Stelle oder an der künftigen Humboldtstraße vorschlug. Grund ist das Vorspringen der Fassade aus dem historischen Stadtgrundriss. Als der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Bündnisgrüne) die städtebauliche Problematik anerkannte, wurde er von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gerügt. Klipp hat sich seither nicht mehr zur Bibliothek äußern dürfen. Auch gestern, bei der Fassaden-Präsentation war er nicht anwesend. Bei der heutigen öffentlichen Diskussion über die Fassade im Rahmen der Reihe „Potsdamer Mitte im Dialog“ wird Klipp voraussichtlich ebenfalls nicht dabei sein.

Indes wurde gestern bekannt, dass es ernsthafte Überlegungen gab, die Bibliothek künftig in den Bahnhofspassagen unterzubringen. Offenbar vor diesem Hintergrund erklärte die Kulturbeigeordnete, es habe „große Begehrlichkeiten bezüglich des Bibliotheksstandortes“ gegeben. Es habe um den Erhalt des Standortes „einen großen Kampf“ gegeben. Sie freue sich sehr, dass es gelungen sei, das Kulturzentrum „mitten in der Stadt“ zu sichern. Das Haus werde künftig „Schwerpunkt der öffentlichen Kulturarbeit sein, nicht nur Ausleihstation für Bücher“. Architekt Becker sagte, er freue sich auf einen „öffentlichen Ort“, der nicht durch private Investoren, sondern durch öffentliche Mittel geprägt wird. Es handele sich nicht um eine kommerzielle Nutzung dieses zentralen Ortes. Es sei kein Kaufhaus, kein Center: „Da kaufen Sie keine Klamotten, da gehen Sie nicht ins Kino.“ Die Bibliothek sei für alle zugänglich, „ohne Eintritt“.

Als „sehr gelungen“, empfindet Bibliotheksleiterin Marion Mattekat den Entwurf Beckers. Die Offenheit und Transparenz der Fassade sei ein „bildungspolitisches Signal“. Der 23. April 2010 werde der letzte Ausleihtag im alten Haus sein, der mit einer Auszugsparty beendet wird. In der Zeit der Sanierung wird der Bibliotheksbetrieb in Räumen der Fachhochschule am Alten Markt aufrecht erhalten. Als offizieller Baustart ist der September 2010 genannt. Wie Bernd Richter, Werkleiter des Kommunalen Immobilien Service (KIS) sagte, ist der Wiedereinzug in das Haus, das mit Hauptstadtmittel des Landes saniert werden soll, für Ende 2012 vorgesehen. Die Kosten der Sanierung gibt Richter mit gut sechs Millionen Euro an.

Der Entwurf der Bibliotheksfassade von Reiner Becker wird auf der Veranstaltung „Potsdamer Mitte im Dialog“ heute ab 18 Uhr im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte öffentlich gezeigt und diskutiert.

Das Video wurde uns freundlicherweise von PotsdamTV zur Verfügung gestellt.

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